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„Wenn überhaupt, dann macht diese neue Erkenntnis das Problem nur noch schwieriger“, merkte Cha Thrat an.

Murchison lachte, aber die Blässe ihres normalerweise rosafarbenen Gesichts verriet, daß sie an der Situation nichts komisch fand. „Bei dem Alien, den ich untersucht habe, konnte ich bis auf die versehentlich zugezogene Kopfverletzung, an der er gestorben ist, nichts entdecken, was nicht in Ordnung gewesen wäre, und auch bei den übrigen Besatzungsmitgliedern kann ich keine medizinischen Makel feststellen. Aber irgend etwas muß die höheren Zentren des Verstands zerstört haben, ohne eine Spur zu hinterlassen, und muß dabei sämtliche Erinnerungen, in der Ausbildung erworbene Kenntnisse und Erfahrungen aus ihrem Gehirn gelöscht haben, so daß nichts anderes als die Instinkte und Verhaltensmuster von Tieren übriggeblieben sind.

Was für ein Organismus oder Organ könnte eine derart selektive Zerstörung hervorrufen?“ schloß sie, und ihr schauderte erneut bei diesem Gedanken.

Cha Thrat spürte plötzlich den Drang, die Pathologin in die Mittelgliedmaßen zu nehmen und zu trösten, und wurde von einem Gefühl ergriffen, mit dem kein Sommaradvaner, ob männlich oder weiblich, einen Terrestrier betrachten sollte. Mit Mühe brachte sie ihre Emotionen unter Kontrolle und entgegnete freundlich: „Vielleicht liefert Ihnen das Betäubungsmittel die Antwort. Im Moment haben wir ja nur Patienten, bei denen die Krankheit oder was auch immer ihren Lauf genommen hat. Wenn die Aliens narkotisiert sind und wir den fehlenden Überlebenden gefunden haben, wäre es dann nicht möglich, daß die Krankheit bei diesem FGHJ nicht fortgeschritten ist oder er eine natürliche Widerstandskraft gegen sie besitzt? Indem Sie die Krankheit und den widerstandsfähigen Patienten genau untersuchen, finden Sie vielleicht die richtige Behandlung für alle heraus.“

„Ach ja, das Betäubungsmittel“, sagte Murchison und lächelte. „Ihre taktvolle Art, eine geistesabwesende Pathologin an ihre eigentlichen Pflichten zu erinnern, würde selbst Prilicla alle Ehre machen. Ich vergeude hier nur meine Zeit.“

Sie wandte sich zum Gehen, hielt dann aber inne. Ihr Gesicht war immer noch sehr blaß.

„Was auch immer diese Aliens befallen hat, liegt außerhalb meiner medizinischen Erfahrung und vielleicht auch der des Hospitals“, sagte sie grimmig. „Aber für uns dürfte keine Gefahr bestehen. Wie Sie aus Ihren medizinischen Vorlesungen bereits wissen, können die Krankheitserreger fremder Spezies nur Lebensformen mit der gleichen planetarischen und evolutionären Entwicklungsgeschichte angreifen, haben aber keinen Einfluß auf außerplanetarische Organismen. Doch es gibt Momente, in denen wir uns trotz all unseres gegenteiligen Wissens fragen müssen, ob wir nicht eines Tages auf die Ausnahme stoßen, die die Regel bestätigt, auf eine Krankheit oder medizinische Beschwerden also, die diese Barriere zwischen den Spezies überwinden können.

Die bloße Möglichkeit, daß wir es hier mit dieser Ausnahme zu tun haben, erschreckt mich zu Tode“, fuhr sie in sehr ernstem Ton fort. „Falls diese Krankheit unser bakteriologisches Schreckgespenst sein sollte, müssen wir uns in Erinnerung rufen, daß sie anscheinend keine Auswirkungen auf den Körper hat. Der Ausbruch und die Symptomatologie des Leidens sind wahrscheinlich eher psychischer als physischer Natur. Darüber werde ich mich mal mit Prilicla unterhalten, und bei Ihnen sollten wir auf deutliche Veränderungen in Ihrem Verhalten achten, so, wie Sie selbst Ihre Denkvorgänge auf untypische Gedanken oder Empfindungen hin beobachten müssen.“

Ganz offensichtlich über sich selbst verärgert, schüttelte die Pathologin den Kopf. „Hier kann Ihnen jedenfalls nichts passieren, dessen bin ich mir so sicher, wie ich es nur sein kann. Aber, Cha Thrat, seien Sie bitte trotzdem ganz vorsichtig.“

18. Kapitel

Cha Thrat hatte keine Ahnung, wie lange sie damit verbracht hatte, den wie irrsinnig auf der Liege zappelnden FGHJ und dessen kräftige Hände mit den Stummelfingern, die das große Schiff auf dem Flug durch den Raum gesteuert hatten, zu betrachten, bevor sie das Kommandodeck deprimiert und verärgert über die eigene Unfähigkeit, einen einzigen, konstruktiven Gedanken zu fassen, verließ, um Nahrungsmittel für die übrigen, immer noch hungrigen Besatzungsmitglieder zusammenzusammeln. Doch als sie ein paar Minuten später den nächstgelegenen Lebensmittelvorratsraum betrat, stellte sie verblüfft fest, daß Prilicla bereits dort war.

„Meine Freundin, wir haben den Plan geändert.“, begrüßte sie der Empath.

Das Betäubungsmittel, das Murchison gerade herstellte, sollte zunächst am FGHJ auf dem Kommandodeck in winzigen, aber allmählich steigenden Dosen getestet werden. Erst nach dem Abschluß dieser Testreihe, die bis zu drei Tage dauern könnte, wäre die Pathologin in der Lage, die Anwendung des Mittels für unbedenklich zu erklären. Jedoch war sich Prilicla sicher, daß der noch nicht gefundene Alien keine drei Tage mehr zu leben habe, und deshalb müsse man eine andere Methode, die Besatzungsmitglieder ruhigzustellen, ausprobieren; eine, die nicht so wirksam wie Narkotika sei. Das eigene Beruhigungsmittel der Besatzung stünde in ausreichender Menge zur Verfügung und würde den Speisen und Getränken der Aliens in hohen Dosen beigemengt werden, da man hoffe, die Intensität der emotionalen Ausstrahlung der stark beruhigten und gesättigten Aliens auf diese Weise auf ein Niveau zu reduzieren, bei dem der Empath den fehlenden und schwerkranken oder verletzten Überlebenden wahrnehmen und lokalisieren könne.

„Ich möchte so schnell wie möglich sämtliche Besatzungsmitglieder mit Essen und Beruhigungsmitteln versorgt haben“, fuhr Prilicla fort. „Die Art der emotionalen Ausstrahlung unseres Freunds deutet im Gegensatz zu den übrigen Besatzungsmitgliedern eher auf einen Verstand mit hoher Intelligenz hin, die im Moment allerdings durch Schmerzen beeinträchtigt wird. Doch die Ausstrahlung wird immer schwächer. Ich fürchte um sein Leben.“

Auf Priliclas Anweisung hin mischte Cha Thrat hohe Dosen Beruhigungsmittel in die flüssige Nahrung und das Wasser und verteilte das Ganze schnell auf die Schlafsäle, während der Cinrussker von Deck zu Deck flog und sich anstrengte, mit seinen empathischen Fähigkeiten auch eine schwache und weit entfernte Ausstrahlung wahrzunehmen. Durch die vollen Mägen und benommenen Köpfe drang die emotionale Ausstrahlung der Besatzungsmitglieder — von denen einige sogar einschliefen — zwar weniger in den Vordergrund, doch ansonsten blieben die Ergebnisse negativ.

„Ich kann den Alien immer noch nicht orten“, berichtete Prilicla, der sowohl wegen seiner eigenen als auch aufgrund Cha Thrats Enttäuschung heftig zitterte. „Es gibt noch zu viele Störungen von den Überlebenden, die bei Bewußtsein sind. Alles, was wir jetzt tun können, ist, auf die Rhabwar zurückzukehren und zu versuchen, Freundin Murchison zu helfen. Ihre Schützlinge werden für eine Weile keinen Hunger haben. Kommen Sie?“

„Nein“, entgegnete Cha Thrat. „Ich würde lieber die normale, physikalische Suche nach dem sterbenden Alien fortsetzen.“

„Meine Freundin“, sagte Prilicla, „muß ich Sie nochmals daran erinnern, daß ich kein Telepath bin und Ihre Geheimnisse, Ihre innersten Gedanken also immer Ihr Eigentum bleiben? Aber Ihre Gefühle nehme ich ganz deutlich wahr. Sie setzen sich gerade aus mäßiger Aufregung, Freude und Vorsicht zusammen, wobei die Aufregung überwiegt und die Vorsicht kaum zu spüren ist. Das beunruhigt mich. Ich vermute, Sie haben eine Idee gehabt oder sind zu irgendeinem Schluß gekommen und müssen erst ein persönliches Risiko eingehen, bevor sie ihn beweisen oder widerlegen können. Wollen Sie ihn mir mitteilen?“

Die Antwort hätte einfach „nein“ lauten müssen, aber sie brachte es nicht über sich, die überaus feinen Gefühle des Empathen mit einer derart unhöflichen Entgegnung zu verletzen. Statt dessen entgegnete sie: „Kann sein, daß mir der Einfall nur gekommen ist, weil ich nichts über Ihre empathischen Fähigkeiten weiß. Daher auch meine Zurückhaltung, ihn zu erwähnen, weil ich mir erst sicher sein wollte, daß er etwas taugt, und ich die Absicht hatte, Verwirrung zu vermeiden.“