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Und pltzlich schmi es mich hin zu dem Tisch ich ri ein Bndel Briefbltter heraus und begann ihr zu schreiben alles zu schreiben einen hndisch winselnden Brief, in dem ich sie um Vergebung bat, in dem ich mich einen Wahnsinnigen, einen Verbrecher nannte in dem ich sie beschwor, sich mir anzuvertrauen Ich schwor, in der nchsten Stunde zu verschwinden, aus der Stadt, aus der Kolonie, wenn sie wollte: aus der Welt nur verzeihen sollte sie mir und mir vertrauen, sich helfen zu lassen in der letzten, der allerletzten Stunde Zwanzig Seiten fieberte ich so hinunter es mu ein toller, ein unbeschreiblicher Brief wie aus einem Delirium gewesen sein, denn als ich aufstand vom Tisch, war ich in Schwei gebadet das Zimmer schwankte, ich mute ein Glas Wasser trinken Dann erst versuchte ich den Brief noch einmal zu berlesen, aber mir graute nach den ersten Worten zitternd faltete ich ihn zusammen, fate schon ein Kuvert Da pltzlich fuhrs mich durch. Mit einem Male wute ich das wahre, das entscheidende Wort. Und ich ri noch einmal die Feder zwischen die Finger und schrieb auf das letzte Blatt:Ich warte hier im Strandhotel auf ein Wort der Verzeihung. Wenn ich bis sieben Uhr keine Antwort habe, erschiee ich mich. Dann nahm ich den Brief, schellte einem Boy und hie ihn das Schreiben sofort berbringen. Endlich war alles gesagt - alles!

Etwas klirrte und kollerte neben uns. Mit einer heftigen Bewegung hatte er die Whiskyflasche umgestoen; ich hrte, wie seine Hand ihr suchend am Boden nachtastete und sie dann mit einem pltzlichen Schwung fate: in weitem Bogen warf er die geleerte Flasche ber Bord. Einige Minuten schwieg die Stimme, dann fieberte er wieder fort, noch erregter und hastiger als zuvor.

Ich bin kein glubiger Christ mehr fr mich gibt es keinen Himmel und keine Hlle und wenn es eine gibt, so frchte ich sie nicht, denn sie kann nicht rger sein als jene Stunden, die ich von vormittag bis abends erlebte Denken Sie sich ein kleines Zimmer, hei in der Sonne, immer glhender im Mittagsbrand ein kleines Zimmer, nur Tisch und Stuhl und Bett Und auf diesem Tisch nichts als eine Uhr und einen Revolver und vor dem Tisch einen Menschen einen Menschen, der nichts tut als immer auf diesen Tisch, auf den Sekundenzeiger der Uhr starren einen Menschen, der nicht it und nicht trinkt und nicht raucht und sich nicht regt der immer nur hren Sie: immer nur, drei Stunden lang auf den weien Kreis des Zifferblattes starrt und auf den Zeiger, der tickend den Kreis umluft So so habe ich diesen Tag verbracht, nur gewartet, gewartet, gewartet aber gewartet wie wie eben ein Amoklufer etwas tut, sinnlos, tierisch, mit dieser rasenden, geradlinigen Beharrlichkeit. Nun ich werde Ihnen diese Stunden nicht schildern das lt sich nicht schildern ich verstehe ja selbst nicht mehr, wie man das erleben kann ohne ohne wahnsinnig zu werden Also um drei Uhr zwei-undzwanzig Minuten ich wei es genau, ich starrte ja auf die Uhr klopfte es pltzlich an die Tr Ich springe auf springe, wie ein Tiger auf seine Beute springt, mit einem Ruck durch das ganze Zimmer zur Tr, reie sie auf ein ngstlicher kleiner Chinesenjunge steht drauen, einen zusammengefalteten Zettel in der Hand, und whrend ich gierig danach greife, huscht er schon weg und ist verschwunden. Ich reie den Zettel auf, will ihn lesen und kann ihn nicht lesen Mir schwankt es rot vor den Augen denken Sie die Qual, ich habe endlich, endlich das Wort von ihr und nun zittert und tanzt es mir vor den Pupillen Ich tauche den Kopf ins Wasser nun wirds mir klarer Nochmals nehme ich den Zettel und lese:

Zu spt! Aber warten Sie zu Hause. Vielleicht rufe ich Sie noch.

Keine Unterschrift auf dem zerknllten Papier, das von irgendeinem alten Prospekt abgefetzt war hastige, verworrene Bleistiftzge einer sonst sicheren Schrift ich wei nicht, warum mich das Blatt so erschtterte Irgend etwas von Grauen, von Geheimnis haftete ihm an, es war wie auf einer Flucht geschrieben, stehend an einer Fensternische oder in einem fahrenden Wagen Etwas Unbeschreibliches von Angst, von Hast, von Entsetzen schlug kalt von diesem heimlichen Zettel mir in die Seele und doch und doch, ich war glcklich: sie hatte mir geschrieben, ich mute noch nicht sterben, ich durfte ihr helfen vielleicht ich durfte oh, ich verlor mich ganz in den wahnwitzigsten Konjekturen und Hoffnungen Hundertemal, tausendemal habe ich den kleinen Zettel gelesen, ihn gekt ihn durchforscht nach irgendeinem vergessenen, bersehenen Wort immer tiefer, immer verworrener wurde meine Trumerei, ein phantastischer Zustand von Schlaf mit offenen Augen eine Art Lhmung, irgend etwas ganz Dumpfes und doch Bewegtes zwischen Schlaf und Wachsein, das vielleicht Viertelstunden dauerte, vielleicht Stunden Pltzlich schreckte ich auf Hatte es nicht geklopft? Ich hielt den Atem an eine Minute, zwei Minuten reglose Stille Und dann wieder ganz leise, so wie eine Maus knabbert, ein leises aber heftiges Pochen Ich sprang auf, noch ganz taumelig, ri die Tr auf- drauen stand der Boy, ihr Boy, derselbe, dem ich den Mund damals mit der Faust zerschlagen sein braunes Gesicht war aschfahl, sein verwirrter Blick sagte Unglck Sofort sprte ich GrauenWas was ist geschehen?konnte ich noch stammeln.Come quickly, sagte er sonst nichts sofort raste ich die Treppe herunter, er mir nach Ein Sado, so ein kleiner Wagen, stand bereit, wir stiegen einWas ist geschehen?fragte ich ihn Er sah mich zitternd an und schwieg mit verbissenen Lippen Ich fragte nochmals - er schwieg und schwieg Ich htte ihm am liebsten wieder ins Gesicht geschlagen mit der Faust, aber gerade seine hndische Treue zu ihr rhrte mich so fragte ich nicht mehr Das Wgelchen trabte so hastig durch das Gewirr, da die Menschen fluchend auseinanderstoben, lief aus dem Europerviertel am Strand in die niedere Stadt und weiter, weiter ins schreiende Gewirr der Chinesenstadt Endlich kamen wir in eine enge Gasse, ganz abseits lag sie vor einem niedern Haus hielt er an Es war schmutzig und wie in sich zusammengekrochen, vorne ein kleiner Laden mit einem Talglicht irgendeine dieser Buden, in die sich die Opiumhuser oder Bordelle verstecken, ein Diebsnest oder ein Hehlerkeller Hastig klopfte der Boy an Hinter dem Trspalt zischelte eine Stimme, fragte und fragte Ich konnte es nicht mehr ertragen, sprang vom Sitz, stie die angelehnte Tr auf ein altes chinesisches Weib flchtete mit einem kleinen Schrei zurck hinter mir kam der Boy, fhrte mich durch den Gang klinkte eine andere Tr auf eine andere Tre in einen dunklen Raum, der bel roch von Branntwein und gestocktem Blut Irgendetwas sthnte darin ich tappte hin

Wieder stockte die Stimme. Und was dann ausbrach, war mehr ein Schluchzen als ein Sprechen.Ich ich tappte hin und dort dort lag auf einer schmutzigen Matte verkrmmt vor Schmerz ein sthnendes Stck Mensch dort lag sie Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen im Dunkel Meine Augen waren noch nicht gewhnt so tastete ich nur hin ihre Hand hei߅ brennend hei߅ Fieber, hohes Fieber und ich schauerte ich wute sofort alles sie war hierher geflchtet vor mir hatte sich verstmmeln lassen von irgendeiner schmutzigen Chinesin, nur weil sie hier mehr Schweigsamkeit erhoffte hatte sich morden lassen von irgendeiner teuflischen Hexe, lieber als mir zu vertrauen nur weil ich Wahnsinniger weil ich ihren Stolz nicht geschont, ihr nicht gleich geholfen hatte weil sie den Tod weniger frchtete als mich