Ich wute, was mir bevorstand. Glcklicherweise war der Boy bei mir, der brave Bursche, der mir jeden Wink von den Augen las - auch dieses gelbe dumpfe Tier verstand, da hier noch ein Kampf ausgetragen werden msse. Ich hatte ihm nur gesagt:Die Frau will, da niemand erfhrt, was geschehen ist. Er sah mir in die Augen mit seinem hndisch feuchten und doch entschlossenen Blick:Yes, Sir, mehr sagte er nicht. Aber er wusch die Blutspuren vom Boden, richtete alles in beste Ordnung - und gerade seine Entschlossenheit gab mir die meine wieder. Nie im Leben, das wei ich, habe ich eine hnlich zusammengeballte Energie gehabt, nie werde ich sie wieder haben. Wenn man alles verloren hat, dann kmpft man um das Letzte wie ein Verzweifelter -und das Letzte war ihr Vermchtnis, das Geheimnis. Ich empfing voll Ruhe die Leute, erzhlte ihnen allen die gleiche erdichtete Geschichte, wie der Boy, den sie um den Arzt gesandt hatte, mich zufllig auf dem Wege traf. Aber whrend ich scheinbar ruhig redete, wartete wartete ich immer auf das Entscheidende auf den Totenbeschauer, der erst kommen mute, ehe wir sie in den Sarg verschlieen konnten und das Geheimnis mit ihr Es war, vergessen Sie nicht, Donnerstag, und Samstag kam ihr Gatte Um neun Uhr hrte ich endlich, wie man den Amtsarzt anmeldete. Ich hatte ihn rufen lassen - er war mein Vorgesetzter im Rang und gleichzeitig mein Konkurrent, derselbe Arzt, von dem sie seinerzeit so verchtlich gesprochen und der offenbar meinen Wunsch nach Versetzung bereits erfahren hatte. Bei seinem ersten Blick sprte ichs schon: er war mir Feind. Aber gerade das straffte meine Kraft. Im Vorzimmer fragte er schon:Wann ist Frau - er nannte ihren Namen - gestorben?Um sechs Uhr morgens. Wann sandte sie zu Ihnen?Um elf Uhr abends. Wuten Sie, da ich ihr Arzt war?Ja, aber es tat Eile not und dann die Verstorbene hatte ausdrcklich mich verlangt. Sie hatte verboten, einen ndern Arzt rufen zu lassen. Er starrte mich an: in seinem bleichen, etwas verfetteten Gesicht flog eine Rte hoch, ich sprte, da er erbittert war. Aber gerade das brauchte ich - alle meine Energien drngten sich zu rascher Entscheidung, denn ich sprte, lange hielten es meine Nerven nicht mehr aus. Er wollte etwas Feindliches erwidern, dann sagte er lssig:Wenn Sie schon meinen, mich entbehren zu knnen, so ist es doch meine amtliche Pflicht, den Tod zu konstatieren und wie er eingetreten ist.
Ich antwortete nicht und lie ihn vorangehen. Dann trat ich zurck, schlo die Tr und legte den Schlssel auf den Tisch. berrascht zog er die Augenbrauen hoch:Was bedeutet das?Ich stellte mich ruhig ihm gegenber:Es handelt sich hier nicht darum, die Todesursache festzustellen, sondern - eine andere zu finden. Diese Frau hat mich gerufen, um sie nach nach den Folgen eines verunglckten Eingriffes zu behandeln ich konnte sie nicht mehr retten, aber ich habe ihr versprochen, ihre Ehre zu retten, und das werde ich tun. Und ich bitte Sie darum, mir zu helfen!Seine Augen waren ganz weit geworden vor Erstaunen.Sie wollen doch nicht etwa sagen, stammelte er dann,da ich, der Amtsarzt, hier ein Verbrechen decken soll?
Ja, das will ich, das mu ich wollen. Fr Ihr Verbrechen soll ich Ich habe Ihnen gesagt, da ich diese Frau nicht berhrt habe, sonst sonst stnde ich nicht vor Ihnen, sonst htte ich lngst mit mir Schlu gemacht. Sie hat ihr Vergehen - wenn Sie es so nennen wollen -gebt, die Welt braucht davon nichts zu wissen. Und ich werde es nicht dulden, da die Ehre dieser Frau jetzt noch unntig beschmutzt wird. Mein entschlossener Ton reizte ihn nur noch mehr auf.Sie werden nicht dulden so nun, Sie sind ja mein Vorgesetzter oder glauben es wenigstens schon zu sein Versuchen Sie nur, mir zu befehlen ich habe mirs gleich gedacht, da ist Schmutziges im Spiel, wenn man Sie aus Ihrem Winkel herruft eine saubere Praxis, die Sie da anfangen, ein sauberes Probestck Aber jetzt werde ich untersuchen, ich, und Sie knnen sich darauf verlassen, da ein Protokoll, unter dem mein Name steht, richtig sein wird. Ich werde keine Lge unterschreiben. Ich war ganz ruhig.
Ja - das mssen Sie diesmal doch. Denn frher werden Sie das Zimmer nicht verlassen. Ich griff dabei in die Tasche - meinen Revolver hatte ich nicht bei mir. Aber er zuckte zusammen. Ich trat einen Schritt auf ihn zu und sah ihn an.Hren Sie, ich werde Ihnen etwas sagen damit es nicht zum uersten kommt. Mir liegt an meinem Leben nichts nichts an dem eines ndern - ich bin nun schon einmal soweit mir liegt einzig daran, mein Versprechen einzulsen, da die Art dieses Todes geheim bleibt Hren Sie: ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, da, wenn Sie das Zertifikat unterfertigen, diese Frau sei an nun an einer Zuflligkeit gestorben, da ich dann noch im Laufe dieser Woche die Stadt und Indien verlasse da ich, wenn Sie es verlangen, meinen Revolver nehme und mich niederschiee, sobald der Sarg in der Erde ist und ich sicher sein kann, da niemand Sie verstehen: niemand -mehr nachforschen kann. Das wird Ihnen wohl gengen - das mu Ihnen gengen.
Es mu etwas Drohendes, etwas Gefhrliches in meiner Stimme gewesen sein, denn wie ich unwillkrlich nhertrat, wich er zurck mit jenem aufgerissenen Entsetzen, wie wie eben Menschen vor dem Amoklufer flchten, wenn er rasend hinrennt mit geschwungenem Kris Und mit einemmal war er anders irgendwie geduckt und gelhmt seine harte Haltung brach ein. Er murmelte mit einem letzten ganz weichen Widerstand:Es wre das erstemal in meinem Leben, da ich ein falsches Zertifikat unterzeichnete immerhin, es wird sich schon eine Form finden lassen man wei ja auch, was vorkommt Aber ich durfte doch nicht so ohne weiteres
Gewi durften Sie nicht, half ich ihm, um ihn zu bestrken - (Nur rasch! Nur rasch!tickte es mir in den Schlfen) -aber jetzt, da Sie wissen, da Sie nur einen Lebenden krnken wrden und einer Toten ein Entsetzliches tten, werden Sie doch gewi nicht zgern.
Er nickte. Wir traten zum Tisch. Nach einigen Minuten war das Attest fertig (das dann auch in der Zeitung verffentlicht wurde und glaubhaft eine Herzlhmung schilderte). Dann stand er auf, sah mich an:
Sie reisen noch diese Woche, nicht wahr?Mein Ehrenwort.
Er sah mich wieder an. Ich merkte, er wollte streng, wollte sachlich erscheinen.Ich besorge sofort einen Sarg, sagte er, um seine Verlegenheit zu decken. Aber was war das in mir, das mich so so furchtbar so geqult machte - pltzlich streckte er mir die Hand hin und schttelte sie mit einer aufspringenden Herzlichkeit.berstehen Sie's gut, sagte er - ich wute nicht, was er meinte. War ich krank? War ich wahnsinnig? Ich begleitete ihn zur Tr, schlo auf-aber das war meine letzte Kraft, die hinter ihm die Tr schlo. Dann kam dies Ticken wieder in die Schlfen, alles schwankte und kreiste: und gerade vor ihrem Bett fiel ich zusammen so so wie der Amoklufer am Ende seines Laufs sinnlos niederfllt mit zersprengten Nerven.