Die Stimme im Dunkeln hielt inne. Auch die Pfeife glimmte nicht mehr. So still war es, da ich mit einem Male wieder das Wasser hrte, das sich schumend am Kiel brach, und den fernen, dumpfen Herzsto der Maschine. Ich htte mir gern eine Zigarette angezndet, aber ich hatte Furcht vor dem grellen Aufschlag des Zndholzes und dem Reflex in seinem Gesicht. Er schwieg und schwieg. Ich wute nicht, ob er zu Ende sei, ob er duselte, ob er schlief, so tot war sein Schweigen.
Da schlug die Schiffsglocke einen geraden, krftigen Schlag: ein Uhr. Er fuhr auf; ich hrte wieder das Glas klingen. Offenbar tastete die Hand suchend zum Whisky hinab. Ein Schluck gluckste leise - dann pltzlich begann die Stimme wieder, aber jetzt gleichsam gespannter, leidenschaftlicher.Ja also warten Sie ja also, das war so. Ich sitze da droben in meinem verfluchten Nest, sitze wie die Spinne im Netz regungslos seit Monaten schon. Es war gerade nach der Regenzeit, Wochen und Wochen hatte es auf das Dach gepltschert, kein Mensch war gekommen, kein Europer, tglich, tglich hatte ich dagesessen mit meinen gelben Weibern im Haus und meinem guten Whisky. Ich war damals gerade ganzdown, ganz europakrank; wenn ich irgendeinen Roman las von hellen Straen und weien Frauen, begannen mir die Finger zu zittern. Ich kann Ihnen den Zustand nicht ganz schildern, es ist eine Art Tropenkrankheit, eine wtige, fiebrige und doch kraftlose Nostalgie, die einen manchmal packt. So sa ich damals, ich glaube ber einem Atlas, und trumte mir Reisen aus. Da klopft es aufgeregt an die Tr, der Boy steht drauen und eines von den Weibern, beide haben die Augen ganz aufgerissen vor Erstaunen. Sie machen groe Gebrden: eine Dame sei hier, eine Lady, eine weie Frau.
Ich fahre auf. Ich habe keinen Wagen kommen gehrt, kein Automobil. Eine weie Frau hier in dieser Wildnis?
Ich will die Treppe hinab, reie mich aber noch zurck. Ein Blick in den Spiegel, hastig richte ich mich ein wenig zurecht. Ich bin nervs, unruhig, irgendwie geqult von unangenehmem Vorgefhl, denn ich wei niemanden auf der Welt, der aus Freundschaft zu mir kme. Endlich gehe ich hinunter. Im Vorraum wartet die Dame und kommt mir hastig entgegen. Ein dicker Automobilschleier verhllt ihr Gesicht. Ich will sie begren, aber sie fngt mir rasch das Wort ab.Guten Tag, Doktor, sagt sie auf englisch in einer flieenden (etwas zu leicht flieenden und wie im voraus eingelernten) Art.Verzeihen Sie, da ich sie berfalle. Aber wir waren gerade in der Station, unser Auto hlt drben- warum fhrt sie nicht bis vors Haus, schiet es mir blitzschnell durch den Kopf-da erinnerte ich mich, da Sie hier wohnen. Ich habe schon so viel von Ihnen gehrt, Sie haben ja eine wirkliche Zauberei mit dem Vizeresidenten gemacht, sein Bein ist wieder tadellos allright, er spielt Golf wie frher. Ah, ja, alles spricht noch davon drunten bei uns, und wir wollten alle unseren brummigen Surgeon und noch die zwei ndern hergeben, wenn Sie zu uns kmen. berhaupt, warum sieht man Sie nie drunten, Sie leben ja wie ein Joghi
Und so plappert sie weiter, hastig und immer hastiger, ohne mich zu Worte kommen zu lassen. Etwas Nervses und Fahriges ist in diesem talkigen Geschwtz, und ich werde selbst unruhig davon. Warum spricht sie so viel, frage ich mich innerlich, warum stellt sie sich nicht vor, warum nimmt sie den Schleier nicht ab? Hat sie Fieber? Ist sie krank? Ist sie toll? Ich werde immer nervser, weil ich die Lcherlichkeit empfinde, so stumm vor ihr zu stehen, bergssen von ihrer prasselnden Geschwtzigkeit. Endlich stoppt sie ein wenig, und ich kann sie hinaufbitten. Sie macht dem Boy eine Bewegung, zurckzubleiben, und geht vor mir die Treppe empor.Nett haben Sie es hier, sagt sie, in meinem Zimmer sich umsehend.Ah, die schnen Bcher! die mchte ich alle lesen! Sie tritt an das Regal und mustert die Bchertitel. Zum erstenmal, seit ich ihr entgegengetreten, schweigt sie fr eine Minute.Darf ich Ihnen einen Tee anbieten?frage ich. Sie wendet sich nicht um und sieht nur auf die Bchertitel.Nein, danke, Doktor wir mssen gleich wieder weiter ich habe nicht viel Zeit war ja nur ein kleiner Ausflug Ach, da haben Sie auch den Flaubert, den liebe ich so sehr wundervoll, ganz wundervoll, die Education sentimentale, ich sehe, Sie lesen auch franzsisch Was Sie alles knnen! ja, die Deutschen, die lernen alles auf der Schule Wirklich groartig, so viel Sprachen zu knnen! Der Vizeresident schwrt auf Sie, sagt immer, Sie seien der einzige, dem er unter das Messer ginge unser guter Surgeon drben taugt gerade zum Bridgespiel brigens wissen Sie - (sie wendete sich noch immer nicht um) heute kams mir selbst in den Sinn, ich sollte Sie einmal konsultieren und weil wir eben vorberfuhren, dachte ich nun, Sie haben jetzt wohl zu tun ich komme lieber ein andermal.
Deckst du endlich die Karten auf!dachte ich mir sofort. Aber ich lie nichts merken, sondern versicherte ihr, es wrde mir nur eine Ehre sein, jetzt und wann immer sie wolle, ihr zu dienen.Es ist nichts Ernstes, sagte sie, sich halb umwendend und gleichzeitig in einem Buch bltternd, das sie vom Regal genommen hatte,nichts Ernstes Kleinigkeiten Weibersachen Schwindel, Ohnmchten. Heute frh schlug ich, als wir eine Kurve machten, pltzlich hin, raide morte der Boy mute mich aufrichten im Auto und Wasser holen nun, vielleicht ist der Chauffeur zu rasch gefahren meinen Sie nicht, Doktor?
Ich kann das so nicht beurteilen. Haben Sie fter derlei Ohnmachten?
Nein, das heit ja in der letzten Zeit gerade in der allerletzten Zeit ja solche Ohnmchten und belkeiten.
Sie steht schon wieder vor dem Bcherschrank, tut das Buch hinein, nimmt ein anderes heraus und blttert darin. Merkwrdig, warum blttert sie immer so so nervs, warum schaut sie unter dem Schleier nicht auf? Ich sage mit Absicht nichts. Es reizt mich, sie warten zu lassen. Endlich fngt sie wieder an in ihrer nonchalanten, plapperigen Art.Nicht wahr, Doktor, nichts Bedenkliches das? Keine Tropensache nichts Gefhrliches Ich mte erst sehen, ob Sie Fieber haben. Darf ich um Ihren Puls bitten