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«Keine Sorge, werte Base, Schwester Fidelma und ich verstehen uns schon. Und wir haben Respekt voreinander, daran zweifele ich nicht. Dennoch muß ich darauf bestehen, daß meine Bedingung erfüllt wird, denn wie ich schon sagte, ist dies auch eine politische Angelegenheit, und die Zukunft unseres Königreichs hängt von ihrer Lösung ab.»

«Ich verstehe nicht ganz ...», begann Fidelma verwirrt.

«Dann laßt es mich erklären», unterbrach sie Oswiu. «In Streoneshalh gehen bereits zwei Gerüchte um. Das erste lautet, daß die römische Seite durch diesen verabscheuungswürdigen Mord die redegewandteste Fürsprecherin Ionas zum Schweigen bringen wollte. Das zweite Gerücht besagt, daß es sich um eine List der Anhänger Ionas handelt, die darauf abzielt, die Synode zu stören und dafür zu sorgen, daß Iona und nicht Rom in Zukunft Einfluß auf Northumbrien nehmen kann.»

«Beide Gerüchte sind verständlich.»

«Meine Tochter Aelflaed, die von den Glaubensschwestern der Insel Iona aufgezogen wurde, plant bereits, Söldner anzuwerben, um all jene anzugreifen, die sie von dort vertreiben wollen. Mein Sohn Alhfrith und seine Frau Cyneburh dagegen wollen mit militärischer Gewalt die Anhänger Ionas besiegen. Und mein jüngerer Sohn Ecgfrith» - er hielt inne und lachte bitter - «ist so machthungrig, daß er nur auf einen Augenblick der Schwäche lauert, um den Thron an sich zu reißen. Versteht Ihr jetzt, warum die Sache so wichtig ist?»

Fidelma hob die Schultern.

«Ja, aber mir ist immer noch nicht klar, welche Bedingung Ihr stellen wollt. Ich bin durchaus in der Lage, ein solches Verbrechen aufzuklären.»

«Um beiden Seiten zu zeigen, daß ich, Oswiu von Northumbrien, in meiner Urteilsfindung unparteiisch und unvoreingenommen bin, kann ich nicht zulassen, daß Äbtissin Etains Tod allein von einer Abgesandten Ionas untersucht wird - ebensowenig, wie ich zustimmen könnte, daß die Aufgabe nur einem Vertreter Roms anvertraut wird.»

Fidelma sah ihn fragend an.

«Was schlagt Ihr also vor?»

«Daß Ihr, Schwester, Eure Kräfte mit jemandem bündelt, der Rom nahesteht. Wenn Ihr gemeinsam ermittelt, wird uns, wenn das Ergebnis bekanntgegeben wird, niemand Parteilichkeit nachsagen können. Wollt Ihr dieser Bedingung zustimmen?»

Schwester Fidelma sah den König nachdenklich an.

«Es ist das erste Mal, daß ich je Zweifel an der Unvoreingenommenheit einer dAlaigh vernommen habe. Der Leitspruch unseres Standes lautet: <Die Wahrheit gegen die Welt.> Ob die Tat von einem Mitglied meiner Kirche oder von einem Anhänger Roms verübt wurde - das Ergebnis meiner Untersuchungen wäre das gleiche. Ich habe geschworen, der Wahrheit zu dienen, sowenig diese Wahrheit manchen auch gefallen mag.» Achselzuckend hielt sie inne. «Und doch ... Ich kann den Wunsch nachvollziehen, der Eurem Vorschlag zugrunde liegt, und werde Eurer Bedingung zustimmen. Aber mit wem soll ich zusammenarbeiten? Ich muß gestehen, daß mein Sächsisch mangelhaft ist, und ich weiß, daß nur wenige Sachsen das Lateinische, Griechische oder Hebräische beherrschen - die Sprachen, in denen ich mich fließend verständigen kann.»

Ein Lächeln erschien auf Oswius Gesicht.

«In dieser Hinsicht werdet Ihr keine Schwierigkeiten haben. Im Gefolge des Erzbischofs von

Canterbury befindet sich ein junger Mann, der sich hervorragend für diese Aufgabe eignet.»

Äbtissin Hilda wandte sich neugierig an ihren Vetter.

«Wer ist dieser junge Mann?»

«Ein Bruder namens Eadulf aus Seaxmund’s Ham im Königreich Ostanglien. Bruder Eadulf hat fünf Jahre in Irland und anschließend zwei Jahre in Rom studiert. Er spricht also nicht nur Sächsisch, sondern auch Irisch, Lateinisch und Griechisch. Und er ist gesetzeskundig. Wäre er nicht in den Stand der Geistlichkeit eingetreten, hätte er den Rang eines gerefa oder Friedensrichters errungen. Erzbischof Deusdedit hat mir versichert, daß er schon so manche undurchsichtige Begebenheit aufgeklärt hat. Also, was sagt Ihr, Schwester Fidelma? Hättet Ihr etwas dagegen, mit einem solchen Mann zusammenzuarbeiten?»

Fidelma war unentschlossen.

«Solange wir beide die Wahrheit als Ziel vor Augen haben ... Wie steht er zu Eurem Vorschlag?»

«Das fragen wir ihn am besten selbst. Ich habe nach ihm rufen lassen und ihn gebeten, draußen zu warten. Ich denke, inzwischen müßte er eingetroffen sein.»

Oswiu ging zur Tür. Schwester Fidelma rang erstaunt nach Luft, als der junge Mönch, den sie am Vorabend im Kreuzgang der Abtei getroffen hatte, ins Zimmer trat und sich vor dem König verneigte. Als er den Kopf hob und sein Blick auf

Fidelma fiel, spiegelte sich in seinem Gesicht ganz kurz das gleiche Erstaunen, ehe es wieder zu einer undurchdringlichen Maske wurde.

«Das ist Bruder Eadulf», stellte Oswiu auf irisch den Neuankömmling vor. «Bruder Eadulf, das ist Schwester Fidelma, die dAlaigh, von der ich bereits gesprochen habe. Seid Ihr bereit, mit ihr zusammenzuarbeiten und dabei zu bedenken, wie wichtig es ist, daß der Fall so bald wie möglich aufgeklärt wird?»

Als Fidelmas Blick auf Bruder Eadulfs braune Augen fiel, verspürte sie dieselbe seltsame Erregung wie am vergangenen Abend.

«Ja, ich bin zur Zusammenarbeit bereit», antwortete er in einem volltönenden Bariton. «Vorausgesetzt, daß Schwester Fidelma ebenfalls einverstanden ist.»

«Schwester?» drängte Oswiu.

«Wir sollten sofort mit den Ermittlungen beginnen», entgegnete Fidelma betont ruhig und versuchte mit aller Macht, ihre Verwirrung zu verbergen.

«Ich bin ganz Eurer Meinung», stimmte Oswiu ein. «Ihr handelt von nun an in meinem Namen und habt die ausdrückliche Erlaubnis, jeden ohne Ansehen seines Ranges ausführlich zu befragen. Meine Krieger stehen bereit, Eure Befehle auszuführen. Ehe ich mich zurückziehe, möchte ich nur noch einmal betonen, wie sehr die Aufklärung des Verbrechens drängt. Jede Stunde, in der Gerüchte und Vermutungen ungehindert die Runde machen, stärkt die Feinde des Friedens und bringt uns dem Bruderkrieg näher.»

Mit einem letzten durchdringenden Blick unterstrich Oswiu die Bedeutung seiner Worte, dann wandte er sich um und verließ das Gemach der Äbtissin.

Schwester Fidelmas Gedanken überschlugen sich. Es gab so viel zu tun, und dabei hatte sie noch nicht einmal begriffen, daß Etain wirklich tot war.

Plötzlich bemerkte sie, daß Äbtissin Hilda, Bischof Colman und Bruder Eadulf sie erwartungsvoll anstarrten.

«Verzeihung?» Offenbar hatte ihr jemand eine Frage gestellt.

«Ich wollte wissen, wie Ihr vorzugehen wünscht», wiederholte Äbtissin Hilda.

«Als erstes sollten wir wohl den Tatort in Augenschein nehmen», sprang Bruder Eadulf in die Bresche.

Verärgert darüber, daß er an ihrer Statt geantwortet hatte, knirschte Fidelma mit den Zähnen.

Der Sachse hatte natürlich recht, aber sie hatte nicht vor, sich von ihm etwas vorschreiben zu lassen. Fieberhaft sann sie auf einen anderen Vorschlag, bloß um ihm zu widersprechen, aber ihr fiel nichts Passendes ein.

«Ja», nickte sie schließlich widerwillig. «Wir werden uns Äbtissin Etains cubiculum ansehen. Ist dort seit dem Fund der Leiche irgend etwas verändert worden?»

Hilda schüttelte den Kopf.

«Nicht daß ich wüßte. Soll ich Euch begleiten?»

«Das ist nicht nötig», antwortete Fidelma rasch, um Bruder Eadulf die Möglichkeit zu nehmen, ein weiteres Mal für sie zu antworten. «Wir lassen es Euch wissen, wenn wir irgend etwas brauchen.»

Ohne Eadulf eines Blickes zu würdigen, wandte sie sich zum Gehen.

Eadulf verneigte sich vor Äbtissin Hilda und Bischof Colman und beeilte sich, ihr zu folgen.

Als sich die Tür hinter den beiden schloß, schürzte Colman die Lippen.

«Es kommt mir so vor, als würden wir einen Wolf und einen Fuchs gemeinsam auf Hasenjagd schicken», sagte er langsam.

Äbtissin Hilda lächelte schwach.