Der Kommunismus, so formulierte Marx 1844, ist der Prozeß der positiven Aufhebung des Privateigentums, als solcher kein einmaliger Akt, sondern «eine wirkliche communistische Aktion», die «in der Wirklichkeit einen sehr rauhen und weitläufigen Proceß durchmachen» wird (S. 289 und 425). In diesem Prozeß vollzieht sich die Aneignung des menschlichen Wesens, die erstens vom Privateigentum aus beginnt und zweitens bis zur Vollendung dieser Bewegung durch die Negation oder die Aufhebung des Privateigentums vermittelt ist, «eine ihrer selbst noch nicht sichere, darum mit ihrem Gegensatz behaftete, …nicht durch ihr Dasein sich selbst beweisende… Position» ist (S. 277 und 401).
Positive Aufhebung des Privateigentums war für Marx Negation der Negation als dialektisch-materialistisches Entwicklungsgesetz. Es bedeutete Ausschließung des negativen Wesens des Privateigentums sowie Aufbewahrung der positiven Elemente, deren Aufhebung in einer qualitativ höheren Stufe. In der Bewegung des Privateigentums, in dem vom Privateigentum produzierten materiellen und geistigen Reichtum sowie Elend findet die werdende Gesellschaft alles Material vor. Marx betonte, daß «die Geschichte der Industrie und das gewordne gegenständliche Dasein der Industrie das aufgeschlagne Buch der menschlichen Wesenskräfte» ist (S. 271 und 395). Im Prinzip ging es ihm darum, daß die vom Privateigentum erzeugten Produktivkräfte in die neue Gesellschaft übernommen und dort qualitativ weiterentwickelt werden. Das wollte er mit dem Begriff «positive Aufhebung» zum Ausdruck bringen.
Kommunismus war demzufolge für Marx eine historische Etappe in der menschlichen Entwicklung, in der sich die Aufhebung des Privateigentums als gesellschaftliches Verhältnis vollziehen wird. Die Entwicklung beginnt beim Privateigentum, dessen positive Elemente bewahrt und aufgehoben werden sollen. Gerade deshalb, so schlußfolgerte Marx bereits 1844, wird dieser weitläufige Prozeß der Aufhebung mit Elementen des Privateigentums behaftet und vermittelt sein. Die Vermittlung ist notwendige Voraussetzung, aber erst ohne sie, erst mit Vollendung des Prozesses der Aufhebung des Privateigentums erhält die menschliche Gesellschaft ihre wahre Gestalt, indem sie beginnt, sich von sich aus, auf ihrer eigenen Grundlage zu entwickeln. Mit Abschluß dieses Prozesses hat der Kommunismus seine historische Aufgabe erfüllt, die menschliche Gesellschaft beginnt, sich auf einer eigenen Grundlage, dem «wahrhaft menschlichen und socialen Eigenthum» (S. 245 und 374) zu entwickeln. Diese neue Gestalt der Gesellschaft ist das eigentliche Ziel der menschlichen Entwicklung. Sie ist in bezug auf das wirkliche Leben nicht mehr durch den Prozeß der Aufhebung des Privateigentums und in bezug auf das theoretische Dasein nicht mehr durch den Prozeß der Aufhebung des religiösen Bewußtseins vermittelt. Marx bezeichnete sie als Sozialismus oder positiven Humanismus.
«Das Aufheben» definierte Marx «als gegenständliche, die Entäusserung in sich zurücknehmende Bewegung.» (S. 301 und 413.) Positive Aufhebung des Privateigentums heiße Aufhebung der entfremdeten Arbeit und allseitige Verwirklichung der menschlichen Wesenskräfte, allseitige Aneignung der menschlichen Wirklichkeit, allseitige Realisierung der Gattungstätigkeit und der individuellen Existenz des Menschen. Dies setze voraus, daß das Verhältnis Kapital und Arbeit revolutionär im Interesse des Proletariats aufgehoben wird. Aber Marx verwandte noch nicht die Kategorie Eigentum an Produktionsmitteln, er differenzierte noch nicht zwischen Eigentums- und Produktionsverhältnissen und erfaßte noch nicht die Dialektik von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen als allgemeinstes Entwicklungsgesetz der menschlichen Gesellschaft. Deshalb konnte er über den Weg, wie das Privateigentum positiv aufgehoben werden sollte, keine konkreteren Ausführungen machen.
Marx entwickelte jedoch über wesentliche Züge der neuen Gesellschaftsordnung Erkenntnisse von bleibendem Wert. Er charakterisierte die Beziehung des Menschen zum Gegenstand seiner Arbeit, zu seiner produktiven Tätigkeit, das Gattungswesen des Menschen und die Beziehung der Menschen untereinander, befreit von den Bedingungen der entfremdeten Arbeit, befreit von dem Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit. Immer wieder betonte Marx, daß der gesamte vorliegende Reichtum der menschlichen Wirklichkeit voll auszuschöpfen ist und im Sinne der allseitigen Entfaltung des Menschen weiterentwickelt werden muß. So differenzierte er zwischen gemeinschaftlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit. Gemeinschaftliche Tätigkeit und gemeinschaftlicher Genuß sollen überall dort stattfinden, «wo jener unmittelbare Ausdruck der Gesellschaftlichkeit im Wesen ihres Inhalts begründet und seiner Natur angemessen ist» (S. 267 und 391). Darüber hinaus kann jede Tätigkeit und jeder Genuß gesellschaftlich sein, wenn die eigene Tätigkeit zum Nutzen der Individualität und der Gesellschaft, wenn sie mit dem Bewußtsein eines gesellschaftlichen Wesens ausgeführt wird. «Es ist vor allem zu vermeiden die „Gesellschaft“ wieder als Abstraktion dem Individuum gegenüber zu fixiren. Das Individuum ist das gesellschaftliche Wesen. Seine Lebensäusserung – erscheine sie auch nicht in der unmittelbaren Form einer gemeinschaftlichen, mit andern zugleich vollbrachten Lebensäusserung – ist daher eine Aüsserung und Bestätigung des gesellschaftlichen Lebens.» (S. 267 und 391.)
Ebenso gehaltvoll sind Marx’ Gedanken über die Entwicklung der menschlichen Bedürfnisse im Kommunismus und Sozialismus. Sie basieren auf einer neuen Weise der Produktion und auf einem neuen Gegenstand der Produktion. «Neue Bethätigung der menschlichen Wesenskraft und neue Bereicherung des menschlichen Wesens», keinesfalls eine Reduzierung auf die Bedürfnisse des Genusses, des Besitzes und des Habens, so faßte Marx die «Reichheit der menschlichen Bedürfnisse» zusammen (S. 279 und 418).
Im Zusammenhang mit der theoretischen Begründung des Kommunismus setzte sich Marx kritisch mit Hegel und Feuerbach auseinander. Das Studium der bürgerlichen politischen Ökonomie ermöglichte ihm eine neue Wertung. Die im vorliegenden Manuskript begonnene Analyse führte Marx jedoch nicht zu Ende.
In den «Ökonomisch-philosophischen Manuskripten» findet sich die erste umfassendere direkte Stellungnahme von Marx zur Philosophie Feuerbachs. Er habe wahrhafte Entdeckungen gemacht und eine wirkliche theoretische Revolution vollbracht. Marx bekräftigte Feuerbachs materialistische Kritik am Idealismus Hegels und faßte wesentliche Resultate dieser Kritik zusammen. Zugleich deckte er auf, daß Feuerbach das rationelle Element in Hegels mystizierter Dialektik nicht erkannt hatte.
Marx akzeptierte Feuerbachs Kritik, daß Hegel vom abstrakt Allgemeinen, vom abstrakten Denken ausgeht, dieses Allgemeine aufhebt und das Wirkliche, Sinnliche, Reale, Endliche setzt und schließlich dieses Wirkliche in der Entwicklung des Geistes bis zum absoluten Wissen wieder zurücknimmt. Dieser Produktionsgeschichte des abstrakt Allgemeinen, die für Hegel das absolut Positive, das Bestimmende war, stellten Feuerbach und Marx die Wirklichkeit, das Sinnlich-Gewisse oder Sinnlich-Wirkliche als das Primäre entgegen. Feuerbach jedoch faßte diese Entwicklung des abstrakten Denkens, die Hegelsche Negation der Negation nur als die in Gedanken ausgedrückte Religion, nur als Widerspruch innerhalb der Philosophie. Marx dagegen erkannte darin den rationellen Gehalt der Hegelschen Dialektik. Die Negation der Negation ist der Akt der Erzeugung und Entäußerung sowie die Aufhebung oder Zurücknahme der Entäußerung. Hegel habe damit den abstrakten, logischen, spekulativen Ausdruck der Entstehungsgeschichte der Menschheit gefunden. Diese Erklärung von Marx beruht in erster Linie auf der theoretischen Verallgemeinerung der ökonomischen Studien.