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»Was gibt's?« fragte sie.

»Ist hier keine Fähre oder ein Boot, das einen übersetzt nach T.?«

»Gott bewahre, jetzt fährt kein Boot.«

Elizas enttäuschtes und erschrockenes Gesicht machte die Frau stutzig, und sie forschte teilnahmsvolclass="underline" »Wollen Sie durchaus hinüber? Ist jemand krank? Sie scheinen ganz mitgenommen.«

»Ich habe ein Kind drüben, das gefährlich erkrankt ist, ich bekam die Nachricht erst gestern abend und bin weit zu Fuß gelaufen, um die Fähre zu erreichen.«

»Das trifft sich wahrhaftig schlecht«, sagte die Frau, deren mütterlicher Instinkt sofort erwachte, »da tun Sie mir aufrichtig leid. Salo–mon!« rief sie zum Fenster hinaus zu einem Hintergebäude hinüber, unter dessen Tür jetzt ein Mann in einer Lederschürze mit rußigen Händen erschien.

»Höre, Sal, weißt du, ob der Mann heute noch die Fässer hinüberbringt?«

»Er sagte, er wolle es versuchen, wenn er es verantworten könnte.«

»Da will nämlich ein Mann von weiter unten mit Stückgut heute abend versuchen überzusetzen. Er kommt hier vorher zum Abendbrot vorbei. Sie setzen sich am besten hin und warten auf ihn. Was für ein goldiges Kind«, setzte die Frau hinzu und bot ihm einen Kuchen an.

Aber das Kind war völlig erschöpft und begann vor Müdigkeit zu weinen.

»Armer kleiner Kerl. Er kann noch nicht so weit laufen, ich habe ihn überanstrengt«, sagte Eliza.

»Kommen Sie, legen Sie ihn hier nieder«, sagte die Frau, die Tür zu einem kleinen Schlafzimmer öffnend, worin ein bequemes Bett stand. Eliza legte das müde Kind hin und hielt seine Händchen, bis es fest eingeschlummert war. Sie selber fand keine Ruhe. Wie Feuer brannte der Gedanke an die Verfolger in ihr, und mit verlangenden Augen blickte sie auf die trüben, treibenden Fluten, die zwischen ihr und der Freiheit dahinströmten.

Hier müssen wir sie vorläufig verlassen, um uns nach ihren Verfolgern umzusehen.

Obgleich Mrs. Shelby versprochen hatte, das Essen sogleich auftragen zu lassen, stellte sich doch bald heraus, wie das häufig geschieht, daß zu jedem Handel zwei gehören. So wurde zwar der Auftrag in Haleys Gegenwart gegeben und von mindestens einem Halbdutzend jugendlicher Boten Tante Chloe übermittelt, aber alles, was diese würdige Person zur Antwort gab, war ein undeutliches Knurren und energisches Kopfschütteln. Im übrigen hantierte sie weiter, so umständlich und langsam wie nie zuvor.

Aus einem unerklärlichen Grunde schien sich das gesamte Personal darin einig zu sein, daß Mrs. Shelby diesmal über eine Verspätung nicht ungehalten sein würde. Und so geschahen auf wunderbare Weise manche unvorhergesehene Ereignisse, um den gewöhnlichen Lauf der Dinge zu hemmen und zu stören. Ein Pechvogel kippte die Soße um, so daß eine neue Soße mit aller Sorgfalt und Umständlichkeit angerührt werden mußte. Tante Chloe überwachte die Herstellung auf das genaueste, jeden Hinweis auf die Dringlichkeit der Stunde mit der schnöden Erklärung abtuend, sie beabsichtige nicht, nur um einem gewissen Herrn beim Einfangen ehrlicher Christenmenschen behilflich zu sein, eine schlechte Soße auf den Tisch zu bringen. Ein anderer stürzte mit dem Wasser hin und mußte frisches vom Brunnen holen. Ein dritter warf gar die Butter dem Rad der Zeit in die Speichen. Dazu drang dann von Zeit zu Zeit die prustende Kunde in die Küche, daß Mr. Haley furchtbar unruhig sei, daß er nicht mehr stillsitzen könne, sondern immer vom Fenster zur Tür laufe.

»Das geschieht ihm recht«, sagte Tante Chloe voller Entrüstung. »Die Unruhe wird eines Tages noch ganz anders über ihn kommen, wenn er sich nicht bessert. Dann wird sein Herrgott nach ihm schicken, und er wird noch ein ganz anderes Gesicht machen.«

»Er kommt ins Fegefeuer, das steht fest«, meinte der kleine Jack.

»Er hat es weiß Gott verdient«, sagte Tante Chloe ingrimmig. »Er hat viele — viele Herzen gebrochen. Das sage ich euch«, rief sie, die Gabel in der Luft schwenkend: »Es ist, wie der junge Herr aus der Offenbarung vorlas — die Seelen schreien vor dem Altar, sie schreien zum Herrn um Rache. Und einst wird der Herr sie erhören–das ist gewiß.«

Tante Chloe war in der Küche hoch angesehen. Ihre Zuhörer sperrten Mund und Nase auf. Da das Essen inzwischen aufgetragen war, konnte man sich jetzt in Ruhe einer allgemeinen Unterhaltung widmen.

»So einer wird ewig in der Finsternis schmachten, nicht wahr?« sagte Andy.

»Ach, das täte ich mir um mein Leben gern ansehen«, sagte der kleine Jack.

»Kinder«, rief da eine Stimme, so daß sie alle auffuhren. Es war Onkel Tom, der hereingekommen war und sich die Unterhaltung an der Tür mitangehört hatte.

»Kinder«, sprach er. »Ich fürchte, ihr wißt nicht, was ihr redet. Ewig ist ein schreckliches Wort. Daran kann man gar nicht denken. Das dürft ihr keinem menschlichen Geschöpf wünschen.«

»Wir wünschen es ja nur den Seelenverkäufern«, sagte Andy, »das wünschen alle. Die sind doch wirklich gottlos.«

»Empört sich nicht auch die Natur gegen sie?« sagte Tante Chloe. »Sie reißen doch der Mutter den Säugling von der Brust, um ihn zu verkaufen. Und die kleinen Kinder, die sich sträuben und sich weinend an ihre Röcke klammern, ziehen sie die nicht fort, um sie zu verkaufen? Reißen sie nicht Mann und Weib auseinander?« Tante Chloe begann zu weinen, »und brechen ihnen damit das Herz? Wenn sie doch ein wenig Gefühl dabei zeigten; aber trinken sie nicht und rauchen und sind guter Dinge? Gott, wenn der Teufel die nicht holt, wozu ist er dann nütze?« Damit barg Tante Chloe ihr Gesicht in ihrer karierten Schürze und begann bitterlich zu schluchzen.

»Bete für die, so dich mißhandeln, sagt das heilige Buch«, entgeg–nete Tom.

»Für die beten? Lieber Gott, das ist zuviel verlangt. Ich kann für die nicht beten.«

»Das ist die Natur, Chloe, und Natur ist stark«, antwortete Tom. »Aber die Gnade Gottes ist stärker. Außerdem bedenke doch, was haben solche Menschen für eine Seele, die diese Dinge tun? Du solltest Gott danken, daß du nicht bist wie jene, Chloe. Tausendmal lieber lasse ich mich verkaufen, als alles das zu verantworten, was der arme Mensch auf dem Gewissen hat.«

»Das möchte ich auch nicht«, sagte Jack schaudernd. »Gott behüte, würden wir nicht unser Fett abkriegen, Andy?«

Andy zuckte die Achseln und ließ ein zustimmendes Pfeifen ertönen.

»Ich bin nur froh, daß der Herr nicht fortritt heute morgen, wie er es vorhatte, das hätte mich ärger getroffen als alles Verkaufen. Ihm wäre es gewiß lieber gewesen, aber mir wäre es sehr nahe gegangen, wo ich ihn schon kenne von der Wiege her. Jetzt habe ich ihn noch gesprochen, und nun habe ich mich mit Gottes Willen ausgesöhnt. Den Herrn trifft keine Schuld. Er hat recht getan. Aber ich fürchte, hier geht alles aus den Fugen, wenn ich weg bin. Vom Herrn kann man nicht verlangen, daß er sein Auge überall hat wie ich, wenn ich nach dem Rechten sehe. Die Jungen sind nicht schlecht, aber sie sind schrecklich leichtsinnig, und das macht mir den Abschied schwer.«

Jetzt ertönte die Klingel, und Tom wurde gerufen.

»Tom«, sagte freundlich sein Herr, »ich will dir nur Bescheid geben, daß ich mich diesem Herrn mit tausend Dollar verpfändet habe, falls du nicht da sein solltest, wenn er nach dir verlangt. Heute geht er noch andern Geschäften nach, da magst du den Tag für dich haben. Du kannst gehen, wohin du willst, mein Junge.«

»Danke, gnädiger Herr«, erwiderte Tom.

»Nimm dich in acht«, sagte der Händler, »und spiel deinem Herrn nicht einen von euren niederträchtigen Niggerstreichen. Er muß zahlen, bis auf den letzten Cent, wenn du nicht zur Stelle bist. Wenn er auf mich hörte, würde er keinem von euch über den Weg trauen. Ihr seid so glatt wie Aale.«

»Gnädiger Herr«, sprach Tom und richtete sich kerzengerade auf, »ich war gerade acht Jahre alt, als die alte Gnädige Euch in meine Arme legte, und Ihr wart noch nicht ein Jahr. >Da<, sagte sie, >Tom, das ist dein junger Herr, nimm ihn gut in acht<, sagte sie. Und nun frage ich Euch, gnädiger Herr, habe ich je mein Wort gebrochen oder gegen Euer Gebot gehandelt, besonders seitdem ich ein Christ bin?«