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»Mein guter Kerl!« sagte Mrs. Shelby. »Ich kann dich mit keiner Gabe trösten. Geld würde man dir nur abnehmen. Aber ich versichere dir feierlich, Gott ist mein Zeuge, daß ich dir auf der Spur bleiben und dich zurückkaufen werde, sobald ich über das Geld verfüge — und bis dahin, vertraue auf Gott.«

Jetzt kündeten die Knaben Mr. Haleys Besuch an; alsbald wurde die Haustür ohne alle Umstände mit einem Fußtritt aufgestoßen. Haley trat ein, er war sehr schlechter Laune, der Ritt am Vorabend hatte ihn angestrengt und sein Mißerfolg seine Stimmung nicht verbessert.

»Los«, rief er, »bist du fertig, Nigger? Tag, Madam«, sagte er und lüftete den Hut, als er Mrs. Shelbys ansichtig wurde.

Tante Chloe schloß und verschnürte die Kiste, stand dann auf und blickte finster auf den Händler, ihre Tränen schienen sich auf einmal in feurige Funken zu verwandeln.

Tom stand folgsam auf und lud sich die schwere Kiste auf die Schulter. Sein Weib nahm das Jüngste auf den Arm, um ihm bis zum Wagen das Geleit zu geben, und die Kinder kamen weinend hinterdrein.

Mrs. Shelby trat auf den Händler zu und hielt ihn noch einige Minuten auf, indem sie eindringlich mit ihm sprach. Währenddessen begab sich die ganze Familie zu dem Wagen, der angespannt vor der Tür stand, wo sich bereits alle Sklaven des Gutes, jung und alt, eingefunden hatten, um ihrem alten Gefährten Lebewohl zu sagen. Tom war allgemein als erster Diener und christlicher Lehrer sehr angesehen auf dem Hof, allenthalben, besonders bei den Frauen, herrschte ehrliche Trauer.

»Hör, Chloe, du trägst es aber standhaft, besser als wir!« sagte eine der Frauen, deren Tränen reichlich flossen und der Tante Chloes steinerne Miene auffiel.

»Meine Tränen sind geweint«, entgegnete sie, grimmige Blicke auf den Händler werfend, der jetzt herantrat. »Und ich heule nicht vor so einem Schandkerl.«

»Einsteigen«, befahl Haley, als er sich durch die Sklaven Bahn brach, die ihn mit gesenkter Stirn betrachteten. Tom stieg ein, und Haley zog unter dem Wagensitz ein paar schwere Fesseln hervor, die er an Toms Knöcheln befestigte.

Ein unterdrückter Schrei der Empörung lief durch den Kreis, und Mrs. Shelby rief von der Veranda:

»Mr. Haley, seien Sie versichert, diese Maßnahme ist absolut überflüssig.«

»Man kann nie wissen, Madam. Ich habe hier bereits fünfhundert Dollar eingebüßt, auf ein neues Risiko kann ich mich nicht einlassen.«

»Was kann man von dem auch schon erwarten?« sagte Tante Chloe verächtlich, während die beiden Jungens, denen jetzt ihres Vaters Schicksal aufging, sich an ihren Rock klammerten und laut heulten und schluchzten.

»Es tut mir leid«, sprach Tom, »daß der junge Herr nicht da ist.« Georg besuchte für einige Tage einen Freund auf einem Nachbargut. Er war am Morgen frühzeitig aufgebrochen, als die Nachricht von Onkel Toms Unglück noch nicht allgemein bekannt war. So hatte er von nichts gewußt.

»Ich lasse den jungen Herrn herzlich grüßen«, sagte er ausdrücklich.

Haley gab dem Pferd die Peitsche, und Tom blickte traurig und gefaßt in die Runde, über den vertrauten Hof. Dann trug ihn der Wagen hinweg.

Mr. Shelby war nicht zu Hause geblieben. Er hatte Tom unter dem Zwang dringender Notwendigkeit verkauft, um der Gewalt eines Mannes zu entgehen, den er verabscheute. Er hatte eine große Erleichterung verspürt, als der Handel abgeschlossen war. Aber die Vorhaltungen seiner Frau hatten seine schlummernde Reue geweckt und Toms männliche Ergebung sein inneres Unbehagen gesteigert.

Vergeblich versuchte er sich einzureden, daß er im Recht war, daß jeder das tat, daß einige es ohne unbedingte Notwendigkeit taten. Sein Gewissen ließ sich nicht beruhigen. Daher hatte er, um den Kaufvollzug nicht mitanzusehen, eine Geschäftsreise nach Norden vorgeschützt, in der Hoffnung, daß bei seiner Rückkehr alles vorüber sein würde.

Tom und Haley stolperten über die staubige Straße, vorbei an allen bekannten Stellen, bis die Grenze des Gutes hinter ihnen lag und sie auf offener Landstraße fuhren. Nach einer Meile ungefähr fuhr Haley plötzlich bei einem Hufschmied vor; als er den Laden betrat, zog er ein paar Handschellen hervor, um eine kleine Änderung anbringen zu lassen.

»Sie sind ein bißchen zu klein für sein Format«, sagte Haley, auf Tom deutend.

»Gerechter Strohsack, wenn das nicht Shelbys Tom ist! Er hat ihn doch nicht verkauft?« rief der Schmied.

»Doch, doch«, erwiderte Haley.

»Ist es wohl zu glauben«, sagte der Schmied, »wer hätte das gedacht? Aber den braucht Ihr nicht zu fesseln. Der ist treu wie …«

»Ja, ja«, entgegnete Haley. »Aber die Treuen wollen immer ausrücken. Nur die Dummen, denen es gleichgültig ist, wohin sie kommen, die Liederlichen und Trunkbolde, denen alles gleich ist, die bleiben, die wandern gern von einer Hand in die andere. Aber die Erstklassigen, die hassen es wie die Pest. Die muß man fesseln, wozu haben sie Beine? Die wollen sie brauchen, kein Zweifel.«

»Na«, sagte der Schmied, unter seinem Werkzeug suchend, »da unten die Plantagen, Fremder, sind nicht ganz der Ort, wohin sich die Kentucky–Nigger drängen. Sie sterben da wie die Fliegen, nicht wahr?«

»Ja, beinah wie die Fliegen. Es liegt am Klima, und wenn dann noch das eine oder andere hinzukommt, dann sterben sie, und der Markt bleibt rege«, antwortete Haley.

»Na aber, das denkt jeder, was es für ein Jammer ist, daß so ein netter, stiller und tüchtiger Bursche wie Tom auf solch einer Zuckerplantage elendiglich zugrunde gehen soll.«

»Aber seine Aussichten sind nicht schlecht. Ich habe versprochen, ihn gut zu behandeln. Ich bringe ihn als Hausdiener in einer guten alten Familie unter, wenn er sich dann an das Fieber und das Klima gewöhnt, hat er einen Posten, wie ihn sich kein Nigger besser wünschen kann.«

»Aber Weib und Kinder scheint er hier zurückzulassen.«

»Ja, aber da nimmt er sich eine neue. Herrgott, Weiber gibt es überall.«

Während dieser Unterhaltung saß Tom traurig in seinem Wägelchen vor dem Laden. Plötzlich hörte er den scharfen hellen Hufschlag eines Pferdes hinter sich. Ehe er sich noch von seiner Überraschung erholen konnte, sprang der junge Herr Georg zu ihm in den Wagen, umarmte ihn stürmisch und stieß eine Flut von Beschimpfungen aus.

»Dies ist eine Niedertracht! Sollen sie sagen, was sie wollen. Es ist eine bodenlose Gemeinheit«, rief er aus, die Hände beteuernd erhebend. »Wenn ich ein Mann wäre, dürften sie es nicht wagen«, stieß Georg mit halb unterdrücktem Geheul hervor.

»Ach, junger Herr, das tut mir gut, es war mir so arg, daß ich Euch nicht noch einmal sehen sollte. Wirklich, es tut mir gut!« Dabei bewegten sich Toms Füße, so daß Georgs Auge auf die Fesseln fiel.

»Welche Schande!« rief er aus und ballte die Hände. »Niederschlagen werde ich den Kerl!«

»Ach, nicht doch, junger Herr, Ihr dürft auch nicht so laut reden; es hat keinen Zweck, daß wir ihn erzürnen.«

»Nun gut, deinetwegen will ich es lassen. Aber wenn man es bedenkt, es ist doch eine Schande. Keiner hat mir was gesagt oder Nachricht gegeben. Wenn nicht Tom Lincon gewesen wäre, hätte ich nichts erfahren. Ich kann dir sagen, ich habe alles zu Hause zusammengeschlagen.«

»Das war aber nicht recht, junger Herr.«

»Das kümmert mich nicht. Es bleibt eine Schande. Sieh mal, Onkel Tom«, sagte er und kehrte dem Laden den Rücken zu. Geheimnisvoll fuhr er fort: »Ich habe dir meinen Dollar mitgebracht.«

»Oh, das kann ich nicht annehmen, junger Herr, um keinen Preis der Erde«, erwiderte Tom ganz bewegt.

»Aber du mußt!« bat Georg. »Sieh her, ich erzählte es Tante Chloe, und sie riet mir, ich sollte ein Loch hineinschlagen und eine Schnur durchziehen, dann kannst du ihn um den Hals hängen und vor aller Welt verbergen. Sonst würde dieser Gierschlund ihn dir gleich wegnehmen. Ich kann dir sagen, Onkel Tom, am liebsten tät' ich ihn in die Luft sprengen. Das würde mich erleichtern!«