Выбрать главу

Verzweifelt sah Miß Ophelia zu, wie ihr Vetter ihr alle Sachen wieder abnahm, und war überglücklich, als sie alles wohlbehalten in der Kutsche vorfand.

»Wo ist Tom?« fragte Eva.

»Oh, der sitzt draußen auf dem Bock, Mäuschen. Ich werde ihn Mutter als Versöhnungsgeschenk mitbringen für den betrunkenen Kerl, der neulich den Wagen umwarf.«

»Tom wird sich glänzend als Kutscher machen, das weiß ich«, sagte Eva. »Er wird sich nie betrinken.«

Der Wagen hielt jetzt vor einem alten Gebäude, erbaut in jenem gemischten, halb spanischen, halb französischen Stil, den man noch in manchen Stadtteilen von New Orleans findet. Es war nach maurischer Art gebaut — und umschloß mit seinen Seitenflügeln einen Hof, in den die Kutsche durch einen gewölbten Torweg einfuhr. Dieser Innenhof entsprach einer malerischen und üppigen Vorstellung. Breite Galerien umliefen ihn auf allen vier Seiten, deren maurische Bogen, schlanke Pfeiler und Arabeskenornamente die Phantasie wie in einem Traum zurück unter die Herrschaft orientalischer Romantik in Spanien versetzten. In der Mitte des Hofes warf ein Springbrunnen seinen Silberstrahl hoch empor, der in ein Marmorbecken zurückfiel, dessen Rand mit einem Kranz zartblühender Veilchen umgeben war. Um den Brunnen führte ein Weg, der mit einem Mosaik von Kieselsteinen zierlich geschmückt war, dieser wiederum war von Rasen eingefaßt, weich wie grüner Samt, während der Fahrweg das Ganze umschloß. Zwei große Orangenbäume, jetzt von Blüten duftend, spendeten köstlichen Schatten; den Rasen in einem Kreis umgebend, standen Marmorvasen in maurischem Stil, angefüllt mit den herrlichsten tropischen Blumen. Riesige Blumen. Riesige Granatbäume mit ihrem glänzenden Laub und geflammten Blumen, dunkelblättriger arabischer Jasmin mit seinen silbrigen Sternen, Geranien, üppige Rosensträucher, deren Zweige sich unter der Fülle der Blüten bogen, Goldjasmin, zitronenduftendes Verbenum vereinigten ihren Duft und ihre Blütenpracht, während hier und da eine geheimnisvolle alte Aloe mit ihren seltsamen, massigen Blättern wie ein alter Hexenmeister hervorsah.

Die Galerien, die den Hof umgaben, waren mit Vorhängen aus arabischem Stoff versehen, die sich nach Belieben zuziehen ließen, um die Sonnenstrahlen auszuschließen. Das Ganze machte einen überwältigenden Eindruck von Luxus und Romantik.

Als die Kutsche einbog, schien Eva vor grenzenloser Freude wie ein Vogel aus einem Käfig ausbrechen zu wollen.

»Ach, ist es nicht ein herrliches Zuhause, schön und wunderbar«, sagte sie zu Miß Ophelia.

»Es ist ganz hübsch«, antwortete Miß Ophelia beim Aussteigen, »es kommt mir allerdings etwas alt und heidnisch vor.«

Tom stieg herab und sah sich mit einem Ausdruck ruhiger, stiller Freude um. Man darf nicht vergessen, der Neger ist exotischen Ursprungs und stammt aus den prächtigsten und üppigsten Ländern der Welt; im tiefsten Herzen hegt er eine Leidenschaft für alles Glänzende, Reiche und Phantastische; eine Leidenschaft, die sich bei einem ungeschulten Geschmack nur unbeholfen äußert und daher der kühlen und korrekten weißen Rasse lächerlich erscheinen muß.

St. Clare, der in seinem Herzen ein praktischer Genußmensch war, lächelte zu Miß Ophelias Bemerkung und, sich an Tom wendend, der sich mit strahlendem Gesicht, leuchtend vor Bewunderung umsah, sagte er:

»Na, Tom, mein Junge, hier scheint's dir zu gefallen?«

»Ja, Herr, das scheint mir das Richtige zu sein.«

Dies alles geschah in einem Augenblick, während man die Koffer ins Haus schleppte, den Kutscher entlohnte und eine Schar von Menschen jeden Alters, jeden Geschlechts — Männer, Frauen und Kinder — die Galerien entlang gestürzt kam, von oben, von unten, um die Ankunft des Herrn mitzuerleben. Voran kam ein junger Mulatte, auffallend nach der letzten Mode gekleidet, ein parfümiertes Taschentuch feierlich in der Hand schwenkend, anscheinend eine besondere Persönlichkeit.

Dieser junge Mensch hatte mit großer Behendigkeit die ganze Dienerschaft an das andere Ende der Veranda gedrängt.

»Zurück mit euch! Ich muß mich ja schämen«, rief er befehlend. »Wollt ihr den Herrn schon in der ersten Stunde seiner Rückkehr belästigen?«

Alles schien von dieser gewandten Rede betroffen zu sein und drängte sich in respektvoller Entfernung zusammen bis auf zwei stämmige Träger, die herbeikamen und das Gepäck ergriffen.

Dank Mr. Adolfs hoheitsvoller Anordnung war also, als St. Clare sich nach der Entlohnung des Kutschers umwandte, niemand sonst zugegen als Mr. Adolf selber, in Atlasweste, mit goldener Uhrkette und weißen Hosen; er verbeugte sich mit höchster Anmut und Liebenswürdigkeit.

»Ach, Adolf, bist du's?« sagte sein Herr und gab ihm die Hand, »wie geht es dir, mein Junge?«, während Adolf mit größter Zungenfertigkeit eine Stegreifrede vom Stapel ließ, die er schon seit vierzehn Tagen auf das sorgfältigste vorbereitet hatte.

»Schon gut, schon gut«, wehrte St. Clare mit seinem üblichen amüsierten und spöttischen Ausdruck ab. »Das geht ja wie am Schnürchen, Adolf. Sieh, daß sie das Gepäck gut hereintragen. Ich werde gleich die Leute begrüßen«, und damit begleitete er Miß Ophelia über die Veranda zu einem großen Wohnzimmer.

Während dies geschah, war Eva wie ein Vogel durch das Tor und das Wohnzimmer in ein kleines Boudoir geflogen, das ebenfalls auf die Veranda führte.

Eine große, dunkeläugige, bleiche Dame richtete sich halb von ihrem Ruhelager auf.

»Mama!« sagte Eva und warf sich ihr leidenschaftlich um den Hals, sie immer aufs neue umarmend.

»Na, na — nimm dich in acht, Kind — damit ich kein Kopfweh bekomme!«, sagte die Mutter, nachdem sie das Kind matt geküßt hatte.

Dann kam St. Clare herein, umarmte seine Frau nach Art eines treuen, altmodischen Ehemannes und stellte ihr hierauf nur Ophelia vor. Marie schlug nicht ohne Neugier ihre großen Augen zu der Kusine auf und begrüßte sie mit müder Höflichkeit. Zahlreiche Diener drängten jetzt zur Tür herein, darunter eine Mulattin in reiferen Jahren, von sehr ehrbarem Äußeren, die vor Freude und Erwartung zitterte.

»Ach, da ist Mammy!« sagte Eva und flog durch das Zimmer, sie warf sich der Mulattin in die Arme und küßte sie wiederholt.

Diese Frau erklärte nicht, daß ihr Kopf schmerze, sondern im Gegenteil, sie herzte das Kind und lachte und weinte, als sei sie rein von Sinnen, bis Eva sich freimachte und nun von einem zum anderen sprang und so viele Hände schüttelte und Küsse austeilte, daß Miß Ophelia hinterher erklärte, ihr sei beinahe schlecht geworden.

»Wahrhaftig«, sagte Miß Ophelia, »ihr Kinder des Südens bringt allerhand fertig.«

»Und das wäre?« fragte St. Clare.

»Nun, ich will gewiß auch zu jedem freundlich sein und niemandem zu nahe treten. Aber was das Küssen angeht — «

»Bei Niggern hört es auf, was?«

»Ja, in der Tat. Wie bringt sie das bloß fertig?«

St. Clare trat lachend auf den Flur. »Hallo, was ist hier los? Ihr alle — Mammy, Jimmy, Polly, Sucky — freut ihr euch, daß euer Herr wieder da ist?« sprach er, als er händeschüttelnd von einem zum anderen ging. »Nehmt die Kleinen in acht«, setzte er hinzu, als er über einen kleinen, schwarzen Bengel stolperte, der auf allen vieren entlangkroch. »Sollte ich versehentlich jemand getreten haben, mag er sich melden.«

Als St. Clare nun gar kleine Münzen unter die Anwesenden verteilte, da wollten das Gelächter und die Segenswünsche kein Ende nehmen.

»So, nun verschwindet alle miteinander«, sagte er, und die ganze Gesellschaft, hell und dunkel, entfernte sich durch die Tür auf die große Veranda, gefolgt von Eva, die eine große Tasche trug, die sie unterwegs auf der Heimfahrt mit Äpfeln und Nüssen, Bonbons und bunten Bändern, mit Spitzen und allerhand Spielsachen gefüllt hatte.

Als St. Clare sich zum Gehen wandte, fiel sein Blick auf Tom, der unten stand und unruhig von einem Fuß auf den anderen trat, während Adolf, nachlässig gegen das Geländer gelehnt, ihn durch ein Opernglas betrachtete; seine herablassende Miene hätte jedem Stutzer zur Ehre gereicht.