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Sobald sie erkannten, was am Ufer vor sich ging, ließen sie von den Gefangenen ab und stürzten vorwärts. Natürlich bemerkten die Männer Jakis und Konauros die wütend heranstürmenden Krieger. Ihre Büchsen hatten sie zum größten Teil leergeschossen und konnten mit ihren Pistolen keinen großen Schaden anrichten. Also griffen sie zu den Bogen, verwundeten einige Angreifer und streckten auch hier und dort einen der Akawois nieder. Sie konnten aber nicht verhindern, daß die übrigen Angreifer wie Raubtiere über sie herfielen. Es entspann sich ein erbitterter Kampf Mann gegen Mann, ein Kampf mit Keulen und Spießen, mit Messern und Fäusten. In einem solchen Ringen waren die Akawois unerreichte Meister.

Die Sicht wurde immer klarer.

Von rechts her, wo Wagura und Kuranaj den Sieg davongetragen hatten, kam ein Akawoi herbeigerannt. Er lief nicht wie die anderen der Mitte des Dorfes zu, sondern wandte sich seitwärts, so daß er unweit unseres Standortes vorüber mußte. Offensichtlich wollte er seine Gefährten an der zweiten, links von uns gelegenen Landestelle erreichen. Wie alle Krieger seines Stammes trug er weiße Faserbinden um die Arme. Die Sträucher, hinter denen wir standen, verbargen uns seinem Blick. Sein blutverschmierter Spieß ließ erkennen, daß er einen der Unseren niedergestochen hatte. Mit mächtigen Sprüngen eilte der Bursche an uns vorbei.

„Der hat es gar zu eilig!” zischte der Neger Miguel mit zusammengebissenen Zähnen und stürzte aus dem Versteck, um dem Akawoi den Weg abzuschneiden.

Der gewahrte ihn sofort, wich aber keinen Schritt von seiner Richtung ab, sondern rannte nur noch schneller. Als Miguel ihm bis auf ungefähr fünfzig Schritt nahe gekommen war, schoß der Akawoi, ohne im Lauf innezuhalten, einen Pfeil auf ihn ab. Er war ein ausgezeichneter Schütze und hätte den Neger genau in die Brust getroffen, wenn sich dieser nicht blitzschnell wie eine Katze geduckt hätte.

Miguel richtete sich wieder auf und stieß einen herausfordernden Schrei aus. Er stemmte die gespreizten Beine fest gegen den Boden und neigte den Oberkörper weit zurück, die rechte Hand mit dem Speer nach hinten gestreckt, während die Linke auf den Feind zielte. Einen Augenblick ähnelte er mehr der erhabenen Statue eines römischen Legionärs als einem lebenden Menschen, dann aber sauste der Speer mit Wucht durch die Luft.

Der Wurf war kräftig, und der Gegner lief sehr schnell. Aber Miguel besaß ein unfehlbares Auge. Seine mit dem notwendigen Vorhalt geschleuderte Waffe hätte sich unweigerlich in den Körper des Akawois gebohrt, wenn der nicht genauso gewandt und umsichtig gewesen wäre wie kurz zuvor der Neger. Er blieb unvermittelt stehen und entging so dem Speer. Als dieser dicht neben ihm ins Leere flog, quittierte er den Fehlwurf mit höhnischem Gebrüll.

Sein Widersacher Miguel war aber doch noch gewitzter als er: er schien die Haltung des Gegners vorausgesehen zu haben. Eine halbe Sekunde nach dem ersten Speer hatte er den zweiten geschleudert. All das war so schnell gegangen, daß sich das erste Geschoß noch nicht in die Erde gebohrt hatte, als das zweite bereits durch die Luft schwirrte. Und dieser zweite Speer fand sein Ziel, er senkte sich tief in die Brust des Feindes. Der stand noch eine Weile mit entsetzten, aus den Höhlen tretenden Augen aufrecht, dann versagten ihm die Beine den Dienst, und er sank kraftlos zu Boden. Miguel sprang herbei, stemmte seinen Fuß gegen den Körper des Gestürzten und zog ihm den Speer aus der Brust. Dann nahm er dem Toten die Waffen ab, holte den zweiten Speer und kam zu uns zurück.

„Nun hat er keine Eile mehr”, knurrte er erbittert.

Da wir sahen, daß die Männer Jakis und Konauros in Bedrängnis gerieten, eilten wir ihnen zu Hilfe. Durch die befreiten War-raulen, die nach allen Richtungen auseinanderstoben, wurden wir etwas aufgehalten. Nur die Neger, die der siegreiche Zweikampf Miguels entflammt hatte, stürmten unaufhaltsam wie ein Orkan vorwärts und erreichten als erste den Schauplatz des Ringens. Voller Entsetzen gewahrten die Akawois die kräftigen Gestalten und wutentbrannten Gesichter der plötzlich auftauchenden Angreifer. Sie versuchten sich zurückzuziehen, doch dazu war es bereits zu spät. Sie befanden sich in der Zange, und es blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich zu verteidigen. Sie taten es verbissen und rasend, wie ein in seinem Schlupfwinkel aufgestöbertes Raubtier. Diese fürchterlichen Totschläger beherrschten ihr Mörderhandwerk so vollkommen, daß sie manchen der Unsern niederstreckten, bevor sie selbst der Übermacht erlagen. Diesmal entkam keiner von ihnen, alle wurden überwältigt.

Es gefiel mir nicht, daß sich auch Lasana in den Kampf stürzen wollte, in dem sie so leicht das Leben lassen konnte. Ich packte daher ihren Arm und zog sie aus dem Getümmel. Wir hielten uns etwas abseits und gaben acht, daß in dem Wirrwarr niemand unbemerkt entweichen konnte. In der Tat versuchten zwei Akawois zu fliehen, doch wurden sie von unseren Geschossen niedergestreckt.

Als das grausame, verbissene Gemetzel vorüber war, begannen unsere wutschäumenden Krieger, die verwundeten Feinde zu erschlagen. Ich schrie ihnen zu, sie sollten davon ablassen, und es gelang mir, einige Akawois vor diesem Schicksal zu bewahren. Zwar war es mir klar, daß ich ihren Tod nur um einige Stunden hinausschob, doch konnte ich bei meinen Freunden rohe Grausamkeit nicht vertragen. Sie gehorchten und fesselten sechs verwundete Akawois.

Kein Wunder, daß die Arawaken so erbittert waren! Von den Kriegern Jakis und Konauros waren sieben gefallen, und zwei hatten so schwere Wunden erhalten, daß sie nicht mehr kämpfen konnten. Es gab überhaupt niemanden, der keine Verletzung davongetragen hatte. Ein Mann meiner Bootsbesatzung war getötet worden. Mit diesen Verlusten hatten wir den Sieg über neunzehn vernichtete Feinde erkauft.

Die befreiten Einwohner Kaiiwas liefen aufgeregt hin und her. Daher gab ich Kuranaj den Auftrag, Ordnung auf der Insel zu schaffen. Die Frauen, Kinder und Greise sollten so schnell wie möglich in Booten auf das gegenüberliegende Festland gebracht werden, die Männer dagegen sich bewaffnen und in Abteilungen aufstellen. Auf dem Festland unweit von Kaiiwa wohnten ebenfalls viele Warraulen, ihre Hütten schimmerten durch das Dickicht auf der anderen Seite des Guapo. Sie waren von den Akawois nicht behelligt worden, und nun kamen sie, ermutigt durch unseren Entsatz, in Scharen auf die Insel. Da sich keine Häuptlinge darunter befanden, unterstellte ich sie alle dem Kommando Kuranajs und ordnete an, daß die Hälfte mit ihren Booten die Ufer der Insel bewachen solle, damit kein einziger Akawoi entkomme. Die kampfgeübteren Männer sollten mit Kuranaj an unserer Seite bleiben. Es waren an die sechzig, eine ganz ansehnliche Streitmacht, und von der anderen Seite ruderten immer neue heran.

Die soeben beschriebenen Ereignisse spielten sich viel schneller ab, als man sie mit Worten schildern kann. Noch hing der Pulverdampf der letzten Schüsse in der Luft, als wir bereits in geschlossener Ordnung auf die größten Hütten Kaiiwas zustürmten. Genau wie zuvor bildete die Besatzung meines Bootes die Mitte, am linken Flügel befanden sich die Gruppen Jakis und Konauros sowie eine Anzahl Warraulen, auf der rechten Seite gingen die Abteilung Waguras und die warraulischen Krieger Kuranajs vor.

Als vor einigen Minuten die letzten Akawois von Jakis und Konauros Leuten niedergerungen worden waren, hatten wir vom unteren Ende Kaiiwas mehrere Büchsenschüsse vernommen. Das bedeutete, daß die Abteilung Arnaks den Kampf aufgenommen hatte. Es war zu befürchten, daß der Feind seine immer noch furchtbare Stärke auf Arnak konzentrieren und ihn vernichten würde. Er tat dies jedoch nicht, denn wie sich bald herausstellte, leisteten an jener Stelle etwa dreißig Warraulen verzweifelten Widerstand. Die Akawois entschlossen sich offensichtlich dazu, Kaiiwa mit der bisher gewonnenen Beute zu verlassen. Hastig gingen sie auf die beiden Landeplätze am oberen Teil der Insel zurück, wo sich ihre Boote und die Wächter befanden, und blieben wie vom Donner gerührt stehen, als sie unsere breite Front erblickten, die ihnen den Weg zu den Booten versperrte. Wenn sie auch durch die Schüsse und den Kampfeslärm über unsere Anwesenheit unterrichtet worden waren, so hatten sie doch nicht vermutet, daß wir so stark seien.