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„Kommt einmal her”, rief ich. „Hier wartet eine Überraschung auf euch.”

Ich bat Lasana, einen halben Flaschenkürbis zu bringen, das Wasser aus meinem Krug hineinzugießen und es dem fremden Hund, der mit den beiden Gästen in unsere Hütte gekommen war und noch in der Nähe umherlief, zu saufen zu geben.

„Das ist Konesos Hund”, bemerkte Lasanas Mutter.

„Um so besser!”

Ich war nicht ganz sicher, ob sich mein Verdacht bestätigen

werde. Als der Hund von dem Wasser getrunken hatte, tollte er mit andern Kötern vor der Hütte umher. Nach ungefähr einer Viertelstunde kam Lasana gelaufen und berichtete, daß der Hund zusammengebrochen sei und hilflos mit den Pfoten um sich schlage. Bald darauf erlag er der Wirkung des Giftes.

Als ich dies hörte, lächelte ich befriedigt; innerlich aber war ich traurig und erregt. Der grenzenlose Haß des Zauberers übte eine tiefe Wirkung auf mich aus. Mit der drückenden Vorstellung, daß ein Kampf auf Biegen und Brechen unvermeidlich sein werde, fiel ich von neuem in einen bleiernen Schlaf.

Ich erwachte durch lautes Schreien. Diesmal waren es freudige Rufe, die ich zu hören bekam, die Unsern kehrten mit der Jagdbeute zurück. Während sie die vielen Wildschweine vor der Hütte ablegten, stürzten Wagura und Arnak herein und schwenkten mit leuchtenden Augen ein über Bambusstangen hängendes Jaguarfell.

„Hier ist er!” jauchzte Wagura.

„Das Fell ist unversehrt”, lobte Arnak. „Kein einziges Loch. Hast du ihn durch Zauber getötet?”

Der gute Junge wußte genau, auf welche Weise der Jaguar sein Leben gelassen hatte, er scherzte nur; mich aber brachte dieser Scherz auf einen bestimmten Gedanken.

„Vielleicht habe ich ihn durch Zauber getötet, das ist eigentlich kein schlechter Einfall!” Ich lachte. „Lag er weit entfernt vom Ort des Schusses?”

„Hundert Schritt. Die Kugel ist ihm durch das linke Auge ins Gehirn gedrungen.”

Nun erschienen Manauri, der Neger Miguel und einige Indianer in der Hütte. Alle waren froher Laune.

„Zehn und zehn und noch acht Schweine liegen draußen!” rief Manauri freudig erregt. „Rate uns, wie wir sie verteilen sollen, Jan.”

„Zwölf gebt Konesos Leuten, acht sind für Pirokaj, und die restlichen acht bleiben für unsere Sippe.” ,Ist das nicht zuviel für die dort?” Dem Häuptling kamen Bedenken.

„Nein!”

„Und Karapana erhält nichts von der Beute?”

„Natürlich bekommt auch er seinen Teil. Er erhält das Jaguarfell.”

„Das Jaguarfell? Das Fell des Jaguars soll ihm gehören?”

Alle waren der Meinung, sie hätten mich schlecht verstanden oder ich hätte die Frage Manauris nicht richtig aufgefaßt. „Ihr habt schon richtig gehört, Karapana erhält das Jaguarfell”, wiederholte ich noch einmal.

Wagura griff sich an den Kopf, die andern erhoben ein Geschrei: „Jan! Diesem Lumpen ein so schönes Fell? Das ist Wahnsinn! Der Jaguar, dein Symbol, soll ihm gehören?”

„Jawohl, er soll ihm gehören!” bekräftigte ich und amüsierte mich köstlich über ihre verdutzten Mienen.

„Jan, er wird es falsch auslegen. Er wird der Meinung sein, daß du Angst vor ihm hast und ihn besänftigen willst; er darf das Fell nicht bekommen”, wandte Arnak empört ein.

„Er bekommt es!” beharrte ich auf meiner Entscheidung. „Und ihr werdet sehen, daß er mich richtig versteht.”

Jetzt meldeten sich die beiden Frauen zu Wort und erzählten den Freunden, daß der Zauberer einen neuen Anschlag auf mein Leben verübt habe.

Das Auge des Jaguars

Das Volk der Arawaken, dessen nördlicher Teil jetzt am Itamaka lebte, führte ein anderes Dasein als die Mehrzahl der südamerikanischen Indianer; insbesondere unterschied es sich von den Stämmen, die in den Wäldern hausten. Die Arawaken waren im Gegensatz zu den Akawois und den anderen Kariben Ackerbauer, die ihren Unterhalt durch Bearbeitung des Bodens sicherstellten. Das zwang sie nicht nur zu einer seßhaften Lebensweise, sondern hatte auch zur Folge, daß sie sich gewisse handwerkliche Fertigkeiten aneigneten. Vor allem waren ihre Töpf erarbeiten bekannt, und die besonders von den Frauen hergestellten Gewebe hatten geradezu Berühmtheit erlangt. Auf primitiven Geräten entstanden vielfarbige Erzeugnisse der Weberei sowie mannigfach geformte Gefäße von manchmal riesigen Ausmaßen. Sie dienten als Tauschwaren, die bei den übrigen Stämmen sehr begehrt waren. Wenn es nicht regnete, saß Lasanas Mutter jeden Tag vor der Hütte und webte mehrere Stunden kunstvoll gemusterte Matten aus Pflanzenfasern.

An Geistesgewandtheit dagegen überragten die Arawaken die anderen Stämme nur wenig und waren wie diese von einem Netz verworrenen Aberglaubens umgeben. Zauber, Beschwörungen, Geister und Dämonen in vielerlei Gestalt bestimmten ihr Leben. Manchmal hatte ich das Empfinden, daß ihre düsteren abergläubischen Vorstellungen der verwirrenden Schrecklichkeit der uns von allen Seiten umgebenden Wildnis ähnelten; denn sie waren genauso ineinander verhaftet und ließen sich genauso schwer zerreißen oder entwirren wie das marternde Dickicht, das dem Vordringen Einhalt gebot.

Die durchweg bösartigen und stets angriffslustigen Dämonen vermochten angeblich verschiedene Gestalten anzunehmen. Bald erschienen sie als gräßliche Untiere, bald als furchterregende Gespenster, oder sie blieben unsichtbar und waren dann noch schrecklicher. Sie peinigten die Menschen im Schlaf, vergifteten ihnen das Blut, ließen die Pfade im Urwald verschwinden und verwirrten den Jägern den Verstand; anderen brachten sie Krankheiten und Tod. Der Mensch stand ihnen meistens wehrlos gegenüber und versuchte sich durch Amulette zu schützen, so gut er es vermochte. Doch gab es auch Menschen, die mit den unheilbringenden Kräften einen Bund geschlossen hatten, ja, die sich selbst nach Belieben in Dämonen oder blutgierige Bestien verwandeln konnten.

Diese menschlichen Ungeheuer fügten nach dem Glauben der Indianer ihren Nächsten viel Böses zu, und der Zauberer des Stammes mußte seine ganzen Fähigkeiten, aufbieten, um sie zu entlarven und dem Tod zu überantworten. Besonderen Schrecken verbreiteten solche Unheilbringer, die völlig unschuldige, ehrliche und gutmütige Menschen waren, aber die blutdürstige Seele eines grausamen Dämons in sich beherbergten, ohne daß sie es wußten. Wenn sie schliefen, verließ die Seele heimlich ihren Körper und richtete in der Umgebung entsetzliches Unheil an, selbst im engsten Kreis der Familie. Diese unfreiwilligen Feinde des Stammes aufzuspüren war am schwierigsten. Der schurkische Hinweis Karapanas, daß ich eine solche Seele besitze, konnte mich in große Bedrängnis bringen, denn wie sollte ich die Unwahrheit einer derartigen Beschuldigung nachweisen?

Zum Glück wurden die Angehörigen unserer Sippe nicht mehr so stark von diesen Vorstellungen beherrscht, und Arnak hatte erst vor kurzem die letzten Reste des Aberglaubens von sich abgeschüttelt.

Am Tage nach der Verteilung der Jagdbeute berief ich Arnak,

Wagura, Manauri, Arasybo und Lasana an mein Lager, um ihnen darzulegen, was ich gegen den Zauberer zu unternehmen gedachte.

„Endlich ist es soweit.” Manauri knirschte wütend mit den Zähnen. „Endlich hast du es eingesehen. Wann sollen wir ihn töten?’ „0 nein”, erwiderte ich. „Getötet darf er nicht werden.” „Er wird uns immer neuen Schaden zufügen.”

„Wir werden ihn mit der gleichen Waffe bekämpfen, die er gegen mich gebraucht hat: mit einem Zauber!”