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„Genau die gleichen! Woher weißt du das?”

„Ich weiß es.”

Der Fall hatte sich also geklärt, es waren tatsächlich Reparti-mientos. Die Spanier waren nicht gekommen, um zu kämpfen oder zu töten, sondern verlangten Bezahlung, forderten Tribut. Doch was würden sie tun, wenn sie diesen nicht erhielten? Würden sie sich nicht auf die Indianer werfen, da sie gegenüber den „Wilden” immer sehr schnell zur Gewalt griffen? Die gleichen Befürchtungen hegte auch Koneso, deshalb war er so aufgeregt und suchte krampfhaft nach einem Ausweg.

Als seine umherirrenden Augen auf Pedro fielen, schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf. Er ging schnell auf den Jüngling zu und legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter, sein ganzes Gesicht strahlte Wohlwollen aus.

„Du bist doch unser Gefangener, nicht wahr?” sagte er freundlich lächelnd. „Hast du es schlecht gehabt bei uns? Ist dir ein Unrecht widerfahren, oder hat dich jemand gekränkt?”

Pedro war verwirrt und wußte nicht, was er antworten sollte. „Nein”, stammelte er schließlich.

„Du kannst dich also nicht über uns beklagen. Ich werde dir die Freiheit zurückgeben, aber du mußt dich bei Don Esteban für uns einsetzen! Wir schenken ihm einen Landsmann, wenn er als Gegenleistung Rücksicht zeigt und uns die Schuld erläßt! Wirst du dich dafür einsetzen?”

„Wenn du willst... Ich kann. . .”

„Hör zu, Koneso”, unterbrach ich das Gespräch. „Du scheinst vergessen zu haben, daß Pedro mein Gefangener war.”

„Läuft das nicht auf das gleiche hinaus?” Der Häuptling warf mir einen schiefen Blick zu, in seinen Augen blitzte Zorn auf. „Es läuft nicht auf das gleiche hinaus!”

„Willst du Pedro noch länger in Gefangenschaft halten?” „Nein, ich habe ihm bereits erklärt, daß er frei ist.”

„Warum verwehrst du es ihm dann, zu Don Esteban zu gehen?” „Ich lege ihm nichts in den Weg. Ich will dir nur sagen, daß ich ihn freigelassen habe, ohne eine Bedingung zu stellen, und dabei bleibt es!”

„Willst du Pedro vielleicht verbieten, daß er sich bei den Spaniern für uns einsetzt?” brüllte Koneso giftig.

„Ich habe nicht die Absicht, mich mit dir zu streiten, Oberhäuptling’, gab ich zur Antwort und zuckte mit den Schultern.

In diesem Augenblick bemerkte ich, daß seine unruhigen Augen plötzlich erstarrten, ein schlaues Leuchten glimmte in ihnen auf, das gleich darauf wieder erlosch. Ein neuer Einfall schien ihm gekommen zu sein. Unwillkürlich warf er einen schnellen Blick zum

Fluß hinunter, genau in die Richtung, in der unser Schoner lag. Zwar blieb das Schiff durch eine Bodenwelle unseren Blicken entzogen, doch verrieten mir die ruckartige Bewegung Konesos und dessen durchtriebener Gesichtsausdruck, daß sich seine Gedanken mit dem Segler beschäftigten. Der elende Verräter stellte neue Überlegungen an. Da ihm sein Vorhaben mit Pedro nicht geglückt war, sollte ihm nun unser schönes, stolzes Schiff aus der Verlegenheit helfen. Für so ein Geschenk würden ihm die Spanier bestimmt dankbar sein!

Kaum hatte ich die schmutzige Absicht des Häuptlings durchschaut, raunte ich Arnak auf englisch zu, er solle schnell zum Fluß hinunterlaufen, die Neger die Arbeit am Schoner unterbrechen lassen und sie irgendwo in der Nähe gut verstecken. Dann ging ich auf Koneso zu, deutete auf den Pfahl mit dem Jaguarschädel und raunte ihm wütend ins Ohr: „Sieh dorthin! Das Auge des Jaguars berichtet mir alles!”

Überrascht durch meinen jähen Ausbruch, sahen die umstehen-den Krieger bald mich an, bald den Schädel des Jaguars. Koneso wurde unsicher.

„Der Schädel eröffnet mir”, fuhr ich fort, „daß du auf Verrat sinnst. Du willst dich mit unserer Beute loskaufen. Ich warne dich davor!”

„Der Schädel — der Schädel?” murmelte der Häuptling erschreckt. „Der Zauberschädel!”

„So ist es! Er hat mir genau den schändlichen Plan verraten, den du eben geschmiedet hast.”

Seine Erregung war die Bestätigung meiner Vermutungen. Ich ließ ihn stehen, ging mit Manauri einige Schritte zur Seite und beauftragte ihn, dem Wunsche Konesos zu entsprechen und mit ihm nach Serima zu gehen; doch solle er einen gewandten Gefährten aus unserer Sippe mitnehmen, der Spanisch verstand. Dessen Aufgabe sei es, mich zur rechten Zeit über den Stand der Dinge und über den Verlauf der Unterredung mit den Spaniern zu unter-richten.

Kurz darauf machten sich Koneso, Manauri und der bewußte dritte auf den Weg. Koneso näherte sich dabei dem Ufer, um einen Blick auf den Fluß werfen zu können. Ich ließ ihn nicht aus den Augen. Er war etwas ruhiger geworden und schien seine Aufregung bezwungen zu haben. Beim Anblick des Schiffes, das wie gewöhnlich am Ufer festgemacht war und einsam auf den Wellen schaukelte, huschte ein Ausdruck der Genugtuung über sein Gesicht. Auch ich lächelte befriedigt.

Kaum waren sie außer Sichtweite, als ich das Fernrohr nahm und an den Rand des Wäldchens ging, um ihre Ankunft in Serima zu beobachten. Am Ufer des Flusses erblickte ich drei große Boote; unweit davon hatten sich die Ruderer am Ufer niedergelassen. Es waren mit Bogen und Keulen bewaffnete Indianer.

In der Nähe der ersten Hütten gewahrte ich die Spanier, auch sie hielten sich in einer Gruppe. Einige hatten sich auf dem Rasen ausgestreckt und schienen zu schlafen, andere standen und hielten wahrscheinlich Wache. Die Schußwaffen waren zu Pyramiden zusammengesetzt. Soweit ich es durch das Fernrohr erkennen konnte, trugen die Spanier alle schwarze Bärte und machten den Eindruck verwegener, beutegieriger Haudegen. Ihre Seele und ihr Gewissen schienen kaum heller zu sein als ihre Bärte. Nur Don Esteban, den Abgesandten des Corregidors, wie Koneso ihn genannt hatte, konnte ich nirgends entdecken. Wahrscheinlich saß er bereits mit dem Oberhäuptling und Manauri unter dem Dach einer der Hütten.

Obgleich sich die Spanier und die Indianer völlig ruhig verhielten, zeigten die Art ihrer Gruppierung und die griffbereiten Waffen deutlich, daß sie auf der Hut waren. Noch einmal überblickte ich das Gelände, und da weiter nichts Interessantes zu erspähen war, kehrte ich in meine Hütte zurück.

Ungefähr zwei Stunden später traf die erste Nachricht aus Serima ein: es stand schlecht um die Verständigung. Die Spanier forderten eine sehr hohe Bezahlung und drohten bei Ablehnung mit den strengsten Strafen. Über die Existenz meiner Person und

unserer Sippe waren sie bereits unterrichtet. Noch schlimmer war, daß ihnen mißgünstige Münder hinterbracht hatten, unsere ganze Sippe setze sich aus ehemaligen Sklaven zusammen, die ihrer spanischen Herrschaft entflohen seien und dabei viele Spanier umgebracht hätten. Die Anwesenheit Pedros gestattete uns nicht, den Ankömmlingen alle Ereignisse der Vergangenheit zu verschweigen, trotzdem bereitete es mir großen Schmerz, daß sich unter den Arawaken so niederträchtige Zuträger gefunden hatten, die nicht davor zurückschreckten, ihre eigenen Brüder bei diesem unerbittlichen Feind zu verklagen. Sollte Koneso in seinem Jähzorn so tief gesunken sein?

Während dieser Zeit war der Schoner flußaufwärts geschleppt worden und hatte ohne Zwischenfälle das Versteck in der entlegenen Bucht erreicht; ein Bote überbrachte mir diese Nachricht. Vor der Abfahrt des Schiffes hatte ich sämtliche Feuerwaffen sowie Papier und Tinte an Land bringen lassen.

Nun mußte ich handeln.

„Pedro!” Ich wandte mich dem Jüngling zu. „Es gibt da ein spanisches Buch, das die unterhaltsamen Abenteuer eines etwas sonderbaren Ritters beschreibt. Kennst du es vielleicht?” „Das kann nur Don Quijote sein.”

„Ja, ja, das ist es! Wie heißt doch der Schöpfer dieses Werkes?” „Miguel de Cervantes Saavedra.”

Ich schrieb mit Pedros Hilfe folgenden Brief an die Spanier:

Ilustrisime Senor Comandante!

Erlauchter Herr Kommandant!

Den glücklichen Umstand des Eintreffens des Wohlgeborenen Herrn in unserer nächsten Umgebung wahrnehmend, lasse ich es mir zur hohen Ehre gereichen, dem Erlauchten Herrn meinen aufrichtigen Gruß und den Ausdruck vorzüglicher Hochachtung zu übermitteln. Gleichzeitig gestatte ich mir, Seine Hochwohl-geboren mit dem größten Vergnügen davon in Kenntnis zu setzen, daß ich den achtbaren Jüngling Pedro Martinez, der durch das