Выбрать главу

Am frühen Nachmittag verstauten die Akawois ihre Waren und erklärten, daß sie uns einen Tanz zur Verehrung des Feuers vorführen wollten. Wir hatten nichts dagegen, und viele Bewohner Kumakas kamen herbei, um dem Schauspiel zuzusehen.

Der Tanz fand vor den Hütten der Gäste statt, neben den Spee-ren und Keulen, die die Akawois ihrer Gewohnheit gemäß in die Erde gesteckt hatten. Die Zeremonie bestand darin, daß einer der Akawois die Flammen eines großen Feuers abwechselnd hoch auflodern und gleich darauf wieder in sich zusammensinken ließ, während sich die übrigen Krieger an den Händen hielten und in kleinen seitlichen Tanzschritten das Feuer umkreisten, wobei sie in singendem Tonfall Kampfrufe ausstießen.

„Kannst du verstehen, was sie singen?’ wandte ich mich unauffällig an Fujudi.

„Sie bitten das Feuer, daß es ihnen Sieg bringen und mit seinem Rauch die Augen ihrer Feinde blenden möge.”

„Ist es einer ihrer üblichen Tänze?’

„Das weiß ich nicht.”

„Hast du schon einmal von ihm gehört?”

„Nein, ich sehe ihn zum erstenmal.”

Es war ganz natürlich, daß Fujudi den Tanz nicht kannte, doch fiel mir während der Zeremonie auf, daß in den Abständen, in denen das Feuer entfacht oder gedämpft wurde, dichte Rauchkringel emporstiegen, was mir nicht als Zufall erschien. Die Rauchwolken erhoben sich in längeren oder kürzeren Unterbrechungen hoch über die Wipfel der umstehenden Bäume und waren sicher von jeder Stelle des Seeufers und wahrscheinlich auch von dem jenseits des Itamaka gelegenen Waldrand aus zu beobachten.

Nachdem ich dieses Tun eine Zeitlang aufmerksam verfolgt hatte, hätte ich den Kopf dafür gegeben, daß die Akawois mit Hilfe des Rauchs bestimmte Signale übermittelten.

Ich stieß Manauri an und erklärte: „Die Akawois müssen sich in der Nähe Kumakas aufhalten.”

„Woran willst du das erkennen?’ fragte er verwundert zurück. „An dem Rauch, den die Tänzer aufsteigen lassen. Sieh einmal genau hin!”

Der Häuptling gab mir recht. Auch ihm schienen die Rauchknäuel nicht ohne verborgene Bedeutung zu sein.

„Was ist zu tun?” zischte er gereizt. „Sollen wir den Tanz abbrechen und das Feuer löschen?”

„Nein, noch ist die Zeit nicht gekommen.”

„Aber diese Verräter werden uns die ganze Meute auf den Hals hetzen.”

„Wir sind doch auf der Hut! Übrigens werden wir sofort ihre Pläne durchkreuzen und ihre Rauchsprache durcheinanderbringen.”

Ich rief Arnak und Wagura herbei, die in der Nähe standen, weihte sie in unsere Vermutungen ein und trug ihnen auf, in der Nähe zwei weitere Feuer zu entzünden und in unregelmäßigen Abständen Rauchwolken zum Himmel steigen zu lassen.

„Das bringt Verwirrung in die Rauchzeichen der ,Händler' ", erklärte ich und wandte mich wieder Manauri zu, „doch ist damit die Sache nicht abgetan. Wir müssen neue Späher an den See entsenden. Sie sollen noch einmal die Ufer absuchen, diesmal aber ganz gewissenhaft.”

Meine Anordnungen wurden sofort ausgeführt. Ich weiß nicht, ob die Akawois etwas bemerkten, jedenfalls tanzten sie noch eine gute Stunde lang und ließen immer wieder die bewußten Rauchkringel emporsteigen. Ähnliche Wölkchen, wenn auch in anderen Abständen, erhoben sich aber auch von den beiden anderen Feuern über die Wipfel. Von weitem hätte sich nicht einmal der Teufel in diesem Durcheinander der Zeichen ausgekannt. Gleichzeitig waren zwei starke Gruppen unterwegs, die jeden Strauch des Dickichts am Ufer untersuchten.

Die ausgesandten Krieger kehrten erst am späten Abend zurück. Vom Feind hatten sie keine Spur gefunden, doch brachten sie eine andere Nachricht mit, die ganz Kumaka erschütterte: Aripaj war mit seiner ganzen Familie ermordet worden. Sofort erhob sich das Gerücht, daß sie einem Racheakt der Freunde des Zauberers Karapana zum Opfer gefallen seien. Am meisten fühlte sich Manauri von dem traurigen Ereignis betroffen. Er war äußerst niedergeschlagen und konnte es sich nicht verzeihen, daß er Aripaj nicht rechtzeitig hatte ins Dorf bringen lassen.

In dieser Nacht waren wir alle auf einen Überfall gefaßt, doch der Feind zeigte sich nicht. Sobald der Tag graute, sammelte sich vor meiner Hütte eine Gruppe von Kundschaftern, und ich machte mich mit ihnen auf den Weg zum Ort des Verbrechens. Als Manauri sah, daß wir nur fünfzehn waren, hielt er uns zurück und schalt unseren Leichtsinn. Wir mußten solange warten, bis weitere zwanzig Krieger zur Stelle waren, die unseren Schutz übernahmen.

Die Hütte Aripajs lag etwa eine halbe Meile von Kumaka entfernt, und als wir sie erreichten, war bereits die Sonne aufgegangen. Aus Sicherheitsgründen befahl ich den Kriegern, den Ort in weitem Bogen zu umstellen, und näherte mich allein der Hütte, um nach Spuren zu suchen. Die ganze Familie, Aripaj, seine Frau und die beiden Kinder, lagen noch so da, wie der Tod sie ereilt hatte. Durch Schläge mit einem harten Gegenstand, wahrscheinlich mit Keulen, waren ihnen die Schädel zerschmettert worden. Ich fand weder Spuren eines Kampfes noch sonstige Anzeichen, die auf die Urheber des Verbrechens schließen ließen.

Erst als ich die Hütte verließ und in dem Gewirr von Spuren, die in der nächsten Umgebung vorhanden waren und wohl zum größten Teil von den Familienmitgliedern stammten, nach auffälligen Anzeichen suchte, entdeckte ich zwei längliche, nicht allzugroße Löcher im Erdboden. Ich überlegte, wo ich schon ähnliche Löcher gesehen hatte, und plötzlich kam mir die Erleuchtung: Die Akawois hatten doch die Angewohnheit, ihre Keulen in die Erde zu stoßen, und die Löcher hier entsprachen in der Größe den Enden dieser Waffen!

Die Akawois also, überlegte ich und erschrak. Die Akawois hier auf unserer Halbinsel?

Der Reihe nach rief ich mehrere Krieger herbei und trug ihnen auf, selbst nach Spuren zu suchen. Da sie mich vordem von weitem beobachtet hatten, fiel es ihnen jetzt verhältnismäßig leicht, die beiden Löcher zu finden, und sie zogen daraus — das mußte ich ihnen zuerkennen — auch die richtigen Schlußfolgerungen.

Bei unserer Rückkehr ins Dorf erwartete uns eine neue unangenehme Überraschung. In der vergangenen Nacht war eine unserer größeren Itauben gestohlen worden. Das Boot hatte in der Nähe des Schoners gelegen. Trotzdem wir die ganze Nacht Wachen ausgestellt hatten, war der Diebstahl gelungen. Der Dieb oder, besser gesagt, die Diebe mußten von der Seeseite her gekommen und mit außerordentlicher Geschicklichkeit zu Werke gegangen sein, um die Itaulbe unbemerkt ins Wasser zu schieben und zu entführen. Es wurden wiederum — das wievielte Mal schon, zum Teufel? — zwei Kundschaftergruppen ausgeschickt, um an den Ufern des Sees nach dem verschwundenen Boot zu suchen. Sollten sie es nicht finden, so gewannen wir wenigstens die Gewißheit, daß der Dieb oder, was gleichbedeutend war, der Feind vom Fluß gekommen sein mußte.

Ich bekenne, daß ich an diesem Morgen ein wenig aus der Fassung geriet. Plötzlich hatte ich das Gefühl, als stände ich auf glühenden Kohlen, als würde mir die Kehle zusammengeschnürt. Dieser erbitterte Feind mordete bereits unsere Leute und drang in unser Dorf ein. Wir kannten sein Versteck noch immer nicht und hatten keine Ahnung von seiner Stärke. Was wird er in der nächsten Stunde gegen uns unternehmen, von wo ist der nächste Schlag zu erwarten, vielleicht schon der letzte, der entscheidende?

Doch die Zweifel und das Schwächegefühl hielten nicht lange an. Bald fand ich mein inneres Gleichgewicht wieder. Lasana brachte mir das Frühstück, und der Anblick der geliebten Frau und mehr noch ihre Ruhe und ihr Vertrauen gaben mir den Glauben an mich selbst und an unseren Sieg zurück. Ich schämte mich meiner Schwäche.