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Auf dem Rückweg fuhren unsere Itauben dicht nebeneinander, das erbeutete Boot schleppten wir hinter uns her. Es wurde kein Wort gesprochen, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

„Arnak!” rief ich leise, als wir bereits unseren See erreicht hatten. „Ist dir klar, daß der Krieg begonnen hat? Es wird ein blutiger Kampf. Sechs haben wir getötet. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir bringen sie alle um, oder sie werden uns vernichten.”

„Sie werden sterben”, erwiderte er ruhig und mit bewundernswerter Bestimmtheit.

Wenig später fügte er, gleichsam erklärend, hinzu: „Jetzt kennen wir ihr Versteck.”

Die meisten Bewohner Kumakas mieden in dieser Nacht den Schlaf und warteten auf unsere Rückkehr. Groß war ihre Freude, als sie vernahmen, daß wir den Sieg davongetragen hatten; doch gab es auch Trauer und Schmerz, denn nicht alle waren lebend wiedergekommen.

Der größeren Sicherheit wegen ließ ich die Wachen bei den Hütten der Akawois verdoppeln. Anschließend berief ich die Ältesten und einige bewährte Krieger an das entgegengesetzte

Ende der Siedlung, um sie rasch über das Vorgefallene zu unterrichten.

„Wir wissen nun, wo sich die Akawois versteckt halten. Sie befinden sich auf der anderen Seite des Itamaka, oberhalb der Bucht hinter der Landzunge. Noch in dieser Nacht fahren unsere Kundschafter aus, um am Morgen ihren Lagerplatz festzustellen. So-bald sie zurückkehren, beschließen wir, wie wir den Feind vernichten.”

„Wer wird die Kundschafter begleiten?” fragte Manauri.

„Wer? Ich natürlich, die Aufgabe ist sehr wichtig’, gab ich zur Antwort.

Von mehreren Seiten wurde Einspruch erhoben: ich hätte nicht geschlafen, ich könne den linken Arm kaum gebrauchen, ich müsse meine Kräfte für später aufsparen usw. Die übergroße Besorgtheit der Gefährten belustigte mich fast.

Um dem Gerede ein Ende zu machen, rief ich schließlich aus: „Wer, zum Geier, will also mitfahren?”

„Ich!” erklärte Arnak in entschiedenem Ton.

Eine englische Brigg geht vor Anker

Am Morgen fiel ein ausgiebiger Platzregen, gewissermaßen als Vorgeschmack der bald zu erwartenden Regenzeit. Dann verbreitete die aufgehende Sonne deinen blutroten Schein, der von vielen Menschen in Kumaka als Prophezeiung eines schweren Kampfes angedeutet wurde. Ich erwachte neu gestärkt. Mein linker Arm war blutunterlaufen, doch der Schmerz hatte nachgelassen.

Nach Sonnenaufgang legten die Akawois wieder ihre noch nicht veräußerten Waren aus. Etwa hundert Schritt weiter waltete Arasybo unter dem Jaguarschädel seines Amtes und versuchte mit eifrig gemurmelten Zauberformeln, sich ihren Willen untertan zu machen. Ich trat heran, nickte den Händlern zu und fragte mit besorgter Miene: „Heute nacht wurdet ihr sicher aus dem Schlaf gestört?”

Dabaro sah mir ernst in die Augen.

„Ja, wir sind aufgewacht, als wir Geschrei hörten.”

„Und was habt ihr euch gedacht?’

„Daß die Spanier gekommen seien, die ihr erwartet’, antwortete er, ohne im geringsten verlegen zu werden.

„Diesmal waren es nicht die Spanier, sondern Indianer.” „Indianer?” wiederholte der Akawoi mit gespielter Ungläubigkeit und gewissen Anzeichen von Unruhe.

„Ja, Indianer. Sie wollten unsere Boote stehlen. Es waren die Lumpenkerle aus Serima, wir stehen mit ihnen auf sehr gespanntem Fuß.”

Ein kaum wahrnehmbares Lächeln spielte um seine Lippen. „Wirklich?” fragte er verwundert. „Und ihr habt sie erwischt?” „Nein.”

„Woher willst du dann wissen, daß die Diebe aus Serima waren?” „Wer sollte es sonst gewesen sein, wenn nicht sie?”

„Ja, das ist wahr. Wer sollte es sonst gewesen sein?” Er machte ein überzeugtes Gesicht und äußerte dann: „Hör zu, Weißer Jaguar, wir sind nun schon drei Tage hier zu Gast. Es ist an der Zeit, daß wir euer Dorf verlassen.”

„So wollt ihr uns nichts mehr vortanzen? Das ist schade.”

„Wir tanzen euch gern noch einen Tanz, sehr gern sogar; nur wollten wir bereits heute nachmittag abfahren.”

„Abfahren? Seid ihr nicht zu Fuß gekommen?”

Dabaro ließ sich nicht verblüffen.

„Natürlich sind wir zu Fuß gekommen”, antwortete er. „Jetzt wollen wir aber für die Dinge, die uns noch verblieben sind, ein Boot eintauschen. Sie sind es wohl wert?’

Auf der Matte lagen noch sechs Beile, vier oder fünf Messer, einige Tongefäße mit Urarigift sowie verschiedener Kleinkram. „Gut, Dabaro, ich werde die Ältesten fragen, ob sie ein Boot abgeben wollen.”

Ich suchte sofort Manauri auf, und es wurde eine Beratung einberufen. Nachdem ich den Häuptlingen die Bitte Dabaros unterbreitet hatte, ergriff Mabukuli als erster das Wort: „Ich rate, daß wir sie nicht mehr länger als Gäste behandeln. Nehmen wir sie gefangen und legen sie als Geiseln in Fesseln. Die Waren werden ihnen abgenommen. Sollten wir von den übrigen überfallen werden, so töten wir die Gefangenen.”

„Und wenn sie uns nicht angreifen, sondern wir über sie herfallen, was so gut wie sicher ist, was soll dann mit den Gefangenen geschehen?” warf ich ein.

„Es sind blutgierige Feinde. Dann töten wir sie ebenfalls.”

„Ich glaube kaum, daß ich dem zustimmen würde! Diese acht Krieger haben uns bisher nichts Böses getan.” „Sie können uns aber noch manches zufügen. Acht tote Akawois sind acht Feinde weniger”, widersetzte sich Mabukuli, und die Mehrzahl der Anwesenden teilte diese Ansicht.

In diesem Augenblick erhob Manauri seine Stimme: „Der Weiße Jaguar wünscht, daß wir uns wie ehrenvolle Krieger benehmen und nicht wie treulose Schufte. Bisher hat es sich immer als richtig erwiesen, was uns der Weiße Jaguar geraten hat. Wir werden sie also nicht gefangennehmen, sondern laufen lassen. Es fragt sich nur, wie wir uns zu ihrem Angebot stellen. Ob wir ihnen ein Boot überlassen?”

„Ich würde ihnen keines geben”, knurrte der beleidigte Mabukuli. „Wozu sollen wir ihnen den bevorstehenden Kampf gegen uns noch erleichtern?”

„Was den Kampf am meisten erleichtert, ist eine gute Waffe. Sechs Beile und fünf Messer werden in unsere Hände übergehen, und Boote für den Kampf besitzen wir trotzdem genug.”'

Fast alle unterstützten den Oberhäuptling.

„Übrigens”, fuhr Manauri fort, „werden wir ihnen unsere schlechteste Itauba abtreten; wir besitzen eine, die schon ziemlich morsch ist.

„Und wenn sie diese nicht annehmen?”

„Eine andere kriegen sie nicht.”

„Wenn sie das Boot ablehnen”, warf ich dazwischen, „werden wir ihnen ein anderes geben. In der folgenden Nacht kommt es sowieso zur entscheidenden Auseinandersetzung, dann nehmen wir ihnen die Itauba wieder ab.”

„Das ist wahr”, stimmten sie zu.

„Und noch ein Umstand spricht dafür, ihren Wunsch zu erfüllen”, fuhr ich fort. „Die Akawois beabsichtigen uns heute nachmittag zu verlassen. Unsere Kundschafter werden ihnen heimlich folgen, und mit Sicherheit erfahren wir auf diese Weise interessante Dinge.”

Als unsere Besprechung zu Ende ging, rief jemand von der anderen Seite des Sees, daß er übergesetzt werden wolle. Beim

Näherkommen erkannten wir in ihm den Sohn des Fischers Ka-tawi, dessen Hütte an der Mündung des Itamaka in den Orinoko lag. Er bemerkte die Versammlung, sprang gewandt ans Ufer und rannte auf uns zu. Sein Gesicht und sein ganzes Gehaben ließen erkennen, daß er eine wichtige Neuigkeit bringe.