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Die Decksbeleuchtung war eingeschaltet, als der Wagen der NUMA mit Austin und Zavala auf dem Kai in Norfolk vorfuhr und anhielt. Austin eilte mit beschwingtem Schritt über die Gangway. Er war glücklich, bald wieder in See stechen zu können. Besonders erfreut war er darüber, dass es mit dem Forschungsschiff Peter Throckmorton geschehen sollte, einem der neuesten Schiffe der NUMA-Flotte. Er war dem geheimnisvollen Dr. Adler einiges dafür schuldig, dass er ihn eingeladen hatte, an der Suchexpedition teilzunehmen.

Das 275 Fuß lange Schiff war nach einem der frühen Pioniere der Meeresarchäologie benannt worden. Throckmorton hatte bewiesen, dass archäologische Techniken auch unter Wasser angewendet werden konnten, und damit für eine ganze Reihe bedeutender Entdeckungen gesorgt. Das Schiff war im Grunde ein seetüchtiges Arbeitspferd. Es war im Hinblick auf möglichst vielseitige Verwendbarkeit konstruiert worden, und seine ferngesteuerten Suchvorrichtungen konnten sowohl eine versunkene Stadt wie auch ein Feld hyperthermaler Schlote erforschen.

Wie die meisten Forschungsschiffe war die Throckmorton eine seetüchtige Plattform, von der Wissenschaftler sowohl Vehikel als auch Sonden starten konnten, um ihre Experimente durchzuführen. Auf Achterdeck und Vorschiff ragte ein Wald von Ladebäumen und Kränen auf, die benutzt werden konnten, um die verschiedenen Unterwassersonden und Tauchfahrzeuge einzusetzen, die das Schiff mitführte. Entsprechend leistungsfähige Winden und Flaschenzüge waren an Backbord und Steuerbord installiert.

Einer der Schiffsoffiziere begrüßte die NUMA-Männer am Ende der Gangway.

»Kapitän Cabral heißt Sie an Bord der Throckmorton herzlich willkommen und wünscht Ihnen eine angenehme Reise.«

Austin kannte den Kapitän, Tony Cabral, von anderen NUMA-Expeditionen und freute sich darauf, ihn wiederzusehen.

»Bitte bedanken Sie sich in unserem Namen beim Kapitän und bestellen Sie ihm, es sei uns ein Vergnügen, unter seinem Kommando unterwegs zu sein.«

Nach diesem kurzen Austausch von Formalitäten brachte ein Matrose sie zu ihren komfortablen Kabinen. Sie stellten dort ihre Reisetaschen ab und machten sich auf die Suche nach Adler. Auf Empfehlung des Matrosen versuchten sie ihr Glück zuerst im Suchkontrollzentrum des Schiffs.

Dieses Zentrum war ein großzügiger halbdunkler Raum auf dem Hauptdeck. Die Wände bestanden aus Reihen von Monitoren, die die Augen und Ohren der ferngesteuerten Suchvorrichtungen des Schiffs darstellten. Wenn eine Sonde zu Wasser gelassen wurde, gelangten die Informationen, die die Sonde sammelte, zwecks Analyse direkt in das Zentrum. Da das Schiff noch im Hafen lag, war der Raum verlassen bis auf einen Mann, der an einem Tisch saß und auf einer Computertastatur herumtippte.

»Dr. Adler?«, fragte Kurt.

Der Mann blickte von seinem Keyboard hoch und lächelte. »Ja. Und Sie müssen die Leute von der NUMA sein.«

Austin und Zavala stellten sich vor und schüttelten nacheinander Adler die Hand.

Der Wellenforscher war ein leicht zerknitterter, grobknochiger Mann mit der Statur eines Holzfällers und einem Wust welliger silbergrauer Haare, die aussahen wie Spanisches Moos auf dem Stamm einer ehrwürdigen Eiche. Seine Oberlippe zierte ein krummer Schnurrbart, der wirkte, als sei er nachträglich seinem Gesicht hinzugefügt worden. Er hatte eine tiefe Stimme und eine knurrige Redeweise, als wäre er soeben erst aus einem Nickerchen aufgewacht. Die wachen, grauen Augen, die sie durch eine randlose Brille hindurch anblinzelten, funkelten jedoch fröhlich. Er bedankte sich bei ihnen für ihr Kommen und schob für sie zwei Stühle zurecht.

»Sie ahnen ja gar nicht, wie froh ich bin, Sie hier zu sehen. Ich war mir nicht sicher, ob Rudi Gunn mir die Bitte erfüllen würde, Sie dieser Expedition zuzuteilen, Kurt. Auch noch Joe zu bekommen, betrachte ich als einen unerwarteten Bonus. Wahrscheinlich habe ich meine Bitte ein wenig zu hartnäckig vorgetragen. Daran ist wohl meine Herkunft als Quäker schuld. Ich denke an unsere durchaus freundliche Beharrlichkeit und so weiter. Wir bedrängen niemanden, sondern wir bringen uns bei den Leuten nur so lange in Erinnerung, bis sie uns bemerken und nicht mehr ignorieren können.«

Der Professor würde sich niemals Sorgen machen müssen, nicht bemerkt zu werden, dachte Austin. »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, sagte er. »Für eine Kreuzfahrt bin ich immer zu haben. Ich war nur überrascht, dass Sie ausgerechnet mich an Bord haben wollten. Wir sind uns schließlich noch nie begegnet.«

»Aber ich habe schon viel von Ihnen gehört. Und ich weiß, dass die NUMA gerne mit ihren Leistungen wirbt, ohne sie ausdrücklich dem Wirken Ihres Spezialteams für Sonderaufträge zuzuschreiben.«

Das Team war die Idee Admiral Sandeckers gewesen, der die NUMA geleitet hatte, ehe Dirk Pitt den Posten des Direktors übernahm. Er wollte eine Gruppe von Experten für Unterwasseroperationen, die manchmal ohne offiziellen Regierungsauftrag durchgeführt werden mussten. Gleichzeitig benutzte er die spektakuläreren Missionen des Teams, um im Kongress weitere Gelder locker zu machen.

»Sie haben Recht. Wir ziehen es vor, hinsichtlich unserer Rolle den Ball flach zu halten.«

Adler quittierte dieses Geständnis mit einem breiten Grinsen. »Es ist verdammt schwierig, die Entdeckung des Körpers von Columbus in einem versunkenen Mayatempel als nicht so bedeutend herunterzuspielen. Oder den Schutz der Ostküste vor einer alles verschlingenden Methanhydratwelle als routinemäßige Allerweltsaktion zu deklarieren.«

»Das war reines Glück«, wiegelte Austin ab. »Wir machen im Grunde nichts anderes, als kleinere Probleme zu beseitigen.«

Zavala verdrehte die Augen. »Kurt sagt, dass das einzige Problem eines Problembeseitigers darin besteht, dass Probleme manchmal zurückschießen.«

»Ich gebe zu, dass das Spezialteam einige heikle Missionen durchgeführt hat, aber die NUMA verfügt über Dutzende von Technikern, die bei der Durchführung von Suchaktionen um einiges fähiger sind als ich. Warum haben Sie ausgerechnet mich angefordert?«

Adlers Miene wurde ernst. »Im Ozean ist etwas höchst Seltsames im Gange.«

»Das ist nichts Neues«, erwiderte Austin. »Das Meer ist um einiges fremdartiger als der Weltraum. Über die Sterne wissen wir viel mehr als über den Planeten, auf dem wir stehen.«

»Darin gebe ich Ihnen uneingeschränkt Recht«, sagte Adler. »Es ist nur so, dass mir einige ziemlich verrückte Ideen im Kopf herumgehen.«

»Joe und ich haben schon vor langer Zeit lernen müssen, dass die Grenze zwischen verrückt und rational ziemlich schmal ist. Wir würden uns gerne anhören, was Sie zu erzählen haben.«

»Das werde ich auch beizeiten gerne tun, aber ich würde damit lieber warten, bis wir die Southern Belle gefunden haben.«

»Wir haben es nicht eilig. Erzählen Sie uns vom Verschwinden der Belle. Soweit ich mich erinnere, war sie im Atlantik unterwegs. Sie sendete SOS mit dem Hinweis, dass sie in Schwierigkeiten sei, und dann verschwand sie spurlos.«

»Das ist richtig. Innerhalb weniger Stunden wurde eine intensive Suche eingeleitet. Das Meer schien sie verschlungen zu haben. Es ist hart für die Familien der Besatzungsmitglieder, nicht zu wissen, was ihren Angehörigen zugestoßen ist. Von einem rein praktischen Gesichtspunkt aus betrachtet, sind die Eigner daran interessiert, juristisch auf der sicheren Seite zu sein.«

»Schon vor Hunderten von Jahren sind Schiffe spurlos verschwunden«, sagte Austin. »Es passiert immer noch, und das sogar bei den direkten und weltweiten Kommunikationsmöglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen.«

»Aber die Belle war nicht irgendein Schiff. Wenn überhaupt so etwas möglich ist, dann traf auf sie wie auf kein anderes Schiff die Einstufung ›unsinkbar‹ zu.«

Austin grinste. »Irgendwie kommt mir das bekannt vor.«