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Die Leine sank abermals herab. Gamay kämpfte um ihr Gleichgewicht, reckte die Arme hoch wie eine Volleyballspielerin beim Blocken und erwischte diesmal die untere Gurtschlinge mit beiden Händen.

Sie löste sich vom Boot und hing frei in der Luft. Dank des Gewichts von zwei Körpern ließ das Schaukeln der Rettungsleine deutlich nach. Sie hielt sich mit einer Hand fest, griff mit der anderen nach der nächsten Gurtschlinge und zog sich hoch. Das Seil begann sich zu drehen, während sie daran emporkletterte, und verstärkte ihr Schwindelgefühl.

Sie erlebte einen Moment der Schwäche und wäre sicherlich abgestürzt, doch Austin erkannte, dass sie in Schwierigkeiten war. Er verrenkte sich, beugte sich hinab, bekam ihr Handgelenk zu fassen und hievte sie zur nächsten Gurtschlinge hoch. Sie legte den Kopf in den Nacken, sah Austins angespanntes Lächeln dicht über ihr und schickte ihm einen stummen Dank.

Da die unterste Schlinge nun frei war, ergab sich für Trout die Chance, das Schlauchboot zu verlassen. Er reckte einen Arm zum Zeichen, dass er ebenfalls bereit war. Die Leine näherte sich bis auf wenige Zentimeter seiner ausgestreckten Hand. Während Trout sich bemühte, die Leine zu ergreifen, wurde der Helikopter von einem Luftwirbel herumgeworfen, so dass er der steilen Wasserwand gefährlich nahe kam. Trouts Finger griffen ins Leere, und er verlor beinahe sein Gleichgewicht.

Zavala hatte Mühe, das zusätzliche Gewicht auf der einen Seite des Helikopters auszugleichen. Mit unendlich behutsamen Manövern brachte er den Hubschrauber wieder in seine ursprüngliche Position. Trout konzentrierte sich auf die unterste Gurtschlinge, berechnete den Abstand und warf sich dann, indem er den Luftwulst des Schlauchbootes wie ein Sprungbrett benutzte, nach oben und packte die Leine. Mit einer Hand hing er nun an der Schlinge, schaffte es jedoch nicht, mit der anderen Hand die nächsthöhere Stufe zu erreichen, während er sich im Wind drehte.

Der Helikopter begann mit einem langsamen Aufstieg, wobei er sich schräg halbwegs parallel zur steilen Innenwand des Strudels bewegte. Die Wasserwände wichen zurück, während der Helikopter an Höhe gewann. Sie hatten etwa die Hälfte des Trichters erreicht, als das Schlauchboot eine letzte Kreisbahn ausführte und im schäumenden Inferno auf dem Grund des Kessels verschwand. Kurz darauf befand der Helikopter sich in gleicher Höhe der Meeresoberfläche, dann darüber. Schließlich lenkte Zavala zur Seite und entfernte sich von dem Strudel.

Trout hatte es nicht geschafft, sich zur nächsten Gurtschlinge hochzuziehen. Nach wie vor hing er mit einer Hand am Rettungsseil. Seine Finger waren wund vom rauen Material der Leine. Er hatte das Gefühl, als würde sein Ellenbogengelenk jeden Moment nachgeben. Während des gesamten Aufstiegs hatte er sich am Ende des hin und her schwingenden Seils gedreht.

Zavala bemühte sich, trotz der Notwendigkeit, eine sichere Distanz zwischen den Helikopter und den Strudel zu bringen, die zusätzliche Belastung, der seine menschliche Fracht durch die Erhöhung der Geschwindigkeit des Helikopters ausgesetzt würde, so gering wie möglich zu halten.

Der Helikopter hatte sich knapp achtzig Meter vom Rand des Strudels entfernt, als Trouts Kräfte versagten. Er verlor den Halt, stürzte ab und schlug hart aufs Wasser auf.

Er hatte das Glück, mit den Füßen zuerst einzutauchen. Seine Beine federten den Aufprall ab, doch seine Knie wurden bis in Brusthöhe hochgedrückt und pressten die Luft aus seiner Lunge. Er versank einige Meter tief, bevor der Auftrieb seiner Schwimmweste wirksam wurde. Meerwasser spuckend tauchte er auf. Trout hatte geglaubt, dass sein Körper nicht noch mehr abkühlen konnte, jedoch belehrte die eisige Atlantikkälte, die sofort in seine Knochen drang, ihn eines Besseren.

Zavala spürte einen leichten Ruck, als seine Last schlagartig leichter wurde, und gelangte sofort zu dem Schluss, dass er einen seiner Passagiere verloren hatte. Er flog mit dem Helikopter eine enge Kurve, blieb für einen kurzen Moment in der Luft stehen, dann ging er hinunter, damit sein Freund die Leiter erreichen konnte. Zum zweiten Mal an diesem Tag griff Trout nach dem Seil. Doch seine steifen, wunden Finger verfehlten die Schlinge um einige Zentimeter, und gleichzeitig spürte er, wie er von einem starken Sog erfasst wurde. Trout war ein guter Schwimmer, der sein ganzes Leben am Meer verbracht hatte, doch je energischer seine Schwimmzüge wurden, desto weiter entfernte er sich von dem Seil.

Der Helikopter versuchte, auf seiner Höhe zu bleiben.

Die Strömung zerrte Trout mit derartiger Gewalt mit sich, dass er sich nicht lange genug an einem Punkt im Wasser halten konnte, um die Gurtschlinge zu erreichen. Er versuchte es immer wieder. Schnell trieb er zurück zum Rand des Strudels, wurde in das ringförmige Wellensystem hineingezogen und glitt durch die schäumende Gischt.

Er konnte nichts anderes tun, als den Kopf über Wasser zu halten, um halbwegs atmen zu können. Der Strudel schien wenigstens einen der Menschen zurückzuholen, der die Dreistigkeit besaß, sich seinem Zugriff zu entziehen.

Die Strömung trug ihn in eine Kreisbahn. Trout kämpfte, um den Kopf unter den brandungsähnlichen Bedingungen, die in der Umgebung des Strudels herrschten, über Wasser zu halten.

Austin hatte nicht vor, seinen Freund aufzugeben. Er zog sich Hand über Hand nach oben und zurück in den Helikopter. Dann spreizte er die Beine, packte das Seil mit beiden Händen und hievte Gamay an Bord.

Er gab ihr einen eiligen Kuss auf die Wange, dann warf er das Seil wieder durch die offene Tür und kletterte hinunter zum Ende der Behelfsleiter.

Zavala folgte Trout auf seinem Weg durch den schäumenden Ring. Erneut brachte er den Hubschrauber nach unten, bis sich das Seil in Trouts Reichweite befand. Trout unternahm einen mühsamen Versuch, das Seil zu fassen, doch abermals entglitt es seinen Händen.

Austin vermutete, dass Trout zu schwach war, um sich aus eigener Kraft hochzuziehen. Er sah, wie Gamay ängstlich aus dem Helikopter zu ihm hinuntersah. Er winkte ihr zu, holte tief Luft und sprang aus dem Helikopter.

Er landete einige Meter von Trout entfernt im Wasser und schwamm auf seinen Freund zu. Trout krächzte wie ein Ochsenfrosch mit Halsentzündung.

»Was … zum … Teufel … tust … du … hier?«

»Es sah so aus, als würde dir das Bad Spaß machen, daher wollte ich dir ein wenig Gesellschaft leisten.«

»Du bist verrückt!«

Austin quittierte diese Feststellung mit einem müden Grinsen. Er verknüpfte ihre Schwimmwesten miteinander, schaute dann nach oben und sah den Helikopter über ihren Köpfen auftauchen.

Austin winkte, und Zavala leitete einen weiteren Rettungsversuch ein. Nach mehreren Anflügen erkannte Austin, dass er die Reflexe einer Klapperschlange entwickeln müsste, um das hin und her schlagende Seil zu erreichen. Das kalte Wasser zehrte seine Energie auf, und er wusste, dass er nur eine verschwindend geringe Chance hatte, sie beide aus dem Wasser zu ziehen. Doch er versuchte weiterhin sein Glück und bemerkte nicht, dass etwas Merkwürdiges geschah.

Sie bewegten sich merklich langsamer in dem Strudel. Die Steilheit der Wasserwände im Strudeltrichter nahm ab. Er glaubte, seine Sinne spielten ihm einen Streich oder er sei das Opfer einer optischen Täuschung, aber nach wenigen Sekunden erkannte er, dass der Boden des Strudels allmählich nach oben stieg und der Trichter die Form einer Schüssel annahm.

Der Schaumring schien sich ebenfalls zu beruhigen. Die Wellen glätteten sich.

Der Boden stieg weiter hoch. Gleichzeitig nahm die Geschwindigkeit, mit der die Strömung sie mit sich zog, ab, bis sie nur noch träge im Wasser trieben.

Zavala hatte die Veränderung des Wasserwirbels registriert und lenkte den Hubschrauber ein weiteres Mal dicht über die um ihr Leben kämpfenden Gestalten.