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»Ja, natürlich, wenn wir das Tempo erhöhen«, sagte er. »Aber ich bin nicht daran gewöhnt, dass Fremde mir erklären, wie schnell ich mit meinem Schiff unterwegs sein soll.«

Austin entging der ungehaltene Unterton im Tonfall des Kapitäns nicht. »Vielleicht sollten wir doch den Wodka nehmen. Was meinst du, Joe?«

»Solange die Sonne über der Rahnock steht, immer«, sagte Zavala.

Der Kapitän schenkte drei Gläser bis zum Rand voll und verteilte sie. Sie stießen miteinander an, und die NUMA-Männer kippten ihre Drinks runter und beeindruckten damit den Kapitän, der erwartet — ja, sogar gehofft — hatte, dass der hochprozentige Alkohol bei seinen Gästen einen Hustenanfall auslösen würde.

Austin machte ihm ein Kompliment für seinen Wodka und fuhr dann fort: »Wir entschuldigen uns in aller Form, Captain, dass wir Ihr Schiff umgeleitet haben, aber es ist von äußerster Wichtigkeit, dass wir so schnell wie irgend möglich auf Ivory Island gelangen.«

»Aber wenn Sie es so eilig haben, warum sind Sie nicht einfach mit dem Wasserflugzeug hingeflogen?«

»Wir möchten, dass unsere Ankunft dort möglichst unbemerkt bleibt«, erklärte Austin.

Ivanov hatte Mühe, ein schallendes Gelächter zu unterdrücken. »Die Kotelny ist nicht gerade unsichtbar.«

»Ein wichtiger Einwand. Das Schiff sollte sich möglichst außer Sichtweite der Insel halten. Den Rest des Weges legen wir aus eigener Kraft zurück.«

»Wie Sie wünschen. Ivory Island ist sehr abgelegen. Die einzigen Leute, die Sie dort antreffen, sind einige Wissenschaftler auf einer Expedition mit dem Ziel, Wollhaarmammuts zu klonen.«

»Wir wissen von dieser Expedition«, sagte Austin. »Sie ist der Grund, weshalb wir hier sind. Zu den Wissenschaftlern gehört eine junge Frau namens Karla Janos. Wir glauben, dass sie in Gefahr schwebt.«

»Miss Janos war Passagierin der Kotelny. In was für einer Gefahr schwebt sie denn?«

»Wir glauben, dass auf der Insel irgendwelche Leute sind, die sie töten wollen.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Allzu viele Einzelheiten wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass wir so schnell wie möglich die Insel erreichen müssen.«

Kapitän Ivanov griff nach dem Mikrofon der Sprechanlage des Schiffs und schickte dem Maschinenraum den Befehl »Volle Kraft voraus«. Austin hob eine Augenbraue. Karla Janos musste eine bemerkenswerte junge Frau sein. Sie hatte offensichtlich bei dem alten russischen Seewolf einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

»Noch eine weitere Bitte, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte Austin. »Wir brauchen auf dem Schiff eine freie Fläche, wo Joe und ich arbeiten können, ohne die Mannschaft des Schiffs zu stören.«

»Ja, natürlich. Auf dem Achterschiff ist jede Menge Platz.«

»Wir haben zwei große Gepäckstücke mit an Bord gebracht. Könnten Sie vielleicht dafür sorgen, dass sie nach Achtern geschafft werden?«

»Ich werde sofort den entsprechenden Befehl geben.«

»Nur eins noch«, sagte Austin schließlich, während er sich erhob.

Diese Amerikaner schienen eine endlose Liste von Forderungen zu haben. »Ja, bitte?«, fragte er barsch.

»Stellen Sie die Flasche nicht weg«, meinte Austin grinsend. »Wir wollen schließlich noch auf Miss Janos’ sichere Rückkehr anstoßen.«

Das Stirnrunzeln des Kapitäns verwandelte sich in ein breites Grinsen. Er schlug Austin und Zavala mehrmals auf den Rücken und ging dann voraus zum Hauptdeck. Er rief zwei Matrosen zu sich, die die großen Koffer hinter das Deckhaus schleppten.

Nachdem der Kapitän sich wieder auf die Kommandobrücke begeben hatte, verfolgten die Matrosen gespannt, wie Austin und Zavala einen runden Metallrahmen aus den Koffern holten.

Das aus Aluminiumrohren bestehende Rucksacktragegestell enthielt einen kompakten Zweitaktmotor, einen Zwanzig-Liter-Treibstofftank und einen vierflügeligen Propeller. Sie befestigten den Rahmen an einem schmalen Sitz. Dann spannten sie Leinen vom Rahmen zu einem Baldachin aus Ripstop-Nylon, den sie vorher auf dem Deck ausgebreitet hatten. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie den Adventure-X-Presso, einen in Frankreich gefertigten Paraglider, zusammengebaut.

Zavala, der schon eine Vielzahl von Flugzeugtypen gesteuert hatte, betrachtete den Paraglider mit skeptischen Blicken.

»Das Ding sieht aus, als hätten ein Ventilator und ein Friseursessel ein Kind gezeugt.«

»Tut mir leid«, sagte Austin, »aber ich habe keinen Apache-Hubschrauber in die Taschen gekriegt.«

Zavala schüttelte den Kopf. »Wir sollten lieber unsere restliche Ausrüstung auspacken.«

Ihr übriges Gepäck war bereits in einer Kabine deponiert worden. Austin holte ein Halfter aus seinem Seesack, überprüfte das Magazin seines Bowen-Revolvers und verstaute Reservemunition in einer Gürteltasche. Für diese Mission hatte Zavala sich für eine .45er Heckler & Koch entschieden, die für die Spezialkräfte der Armee entwickelt worden war. Außerdem hatten sie ein GPS, einen Kompass, Walkie-Talkies, einen Erste-Hilfe-Kasten und andere Notfallhilfen bei sich. Sie trugen aufblasbare Schwimmgürtel anstatt sperriger Schwimmwesten und schlüpften in wasserdichte Überzieher mit Wollfutter.

Ein Matrose klopfte an die Tür und überbrachte die Einladung des Kapitäns, ihn auf der Kommandobrücke zu besuchen. Als sie das Steuerhaus betraten, deutete Ivanov auf einen Radarschirm und machte sie auf ein länglich geformtes Radarzeichen aufmerksam.

»Das ist Ivory Island. Wir sind etwa zehn Kilometer von der Insel entfernt. Wie nahe wollen Sie heran?«

Leichter Dunst stieg vom grünen Wasser auf, in dem zahlreiche weiße Eisschollen trieben. Der Himmel war bedeckt. Die Sichtweite betrug weniger als anderthalb Kilometer. »Jemand soll sich ein Fernglas nehmen und Ausschau halten«, entschied Austin. »Sobald er die Insel sieht, gehen Sie vor Anker.«

Der Kapitän breitete eine Landkarte aus. »Der Haupthafen befindet sich auf der Südseite der Insel. Es gibt aber überall kleine Buchten und Meeresarme.«

Nachdem er sich mit Zavala beraten hatte, entschied Austin, dass sie sich zuerst das Basislager der Expedition ansehen und dann dem Fluss landeinwärts folgen sollten.

»Wir haben genug Treibstoff für gut zwei Stunden Flug bei uns, daher sollten wir so gezielt wie möglich suchen«, sagte Austin.

Sie gingen ihre Pläne noch einmal durch und hatten ihren Kriegsrat soeben beendet, als der Beobachter meldete, dass er die Insel sehen könne.

»Joe und ich können Ihnen für Ihre Hilfe gar nicht genug danken«, sagte Austin zum Kapitän.

»Gern geschehen«, erwiderte Ivanov. »Ms. Janos erinnert mich an meine Tochter. Bitte, tun Sie, was in Ihren Kräften steht, um ihr zu helfen.«

Auf Austins Bitte hin wurde das Schiff mit dem Heck in den Wind gedreht, und ein Teil des Decks wurde für den Start leer geräumt. Zu seiner Freude stellte Austin fest, dass der Wind mit nicht mehr als zwanzig Stundenkilometern wehte. Ein stärkerer Wind hätte sie vielleicht zurückgeschoben. Er wusste auch, dass die Windgeschwindigkeit in den oberen Luftschichten höher war.

Zuerst übten sie den Start ohne das Baldachinsegel. Der Trick bei einem Tandemstart bestand darin, die Beinbewegungen genau zu koordinieren und sich ganz sanft in die Luft zu erheben.

»Das war nicht schlecht«, stellte Austin nach einem ersten unbeholfenen Versuch fest.

Zavala warf einen Blick zu den Matrosen hinüber, die ihre Übungsläufe mit einer Mischung aus Belustigung und Entsetzen verfolgt hatten. »Ich wette, unsere russischen Freunde haben noch nie eine vierbeinige Ente gesehen.«

»Das nächste Mal sind wir besser.«

Austins Selbstvertrauen war völlig fehl am Platze. Sie stolperten regelrecht zum Start, doch die nächsten beiden Übungsläufe waren nahezu perfekt. Sie setzten ihre Schutzbrillen auf, breiteten den Baldachin auf dem Deck aus, spannten die Leinen und verbanden sie mit dem Rucksack­gestell. Austin betätigte den Starterknopf, und der Motor begann leise zu summen. Der Luftdruck des Propellers füllte den Baldachin, so dass er vom Deck aufstieg. Austin drückte den Handgriff, um Gas zu geben, und sie begannen ihren schwerfälligen, vierbeinigen Anlauf zum Heck und in den Wind. Das fast dreißig Quadratmeter große Segel wurde vom Wind erfasst und riss sie hoch in die Luft.