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Joona blinzelt, sein Sehvermögen kehrt zurück, während er sich zusammenkauert. Seine Hände zittern, er weiß nicht, wie ihm geschehen ist. Warmes Blut läuft sein Gesicht herab, und er versucht, auf die Beine zu kommen, braucht jetzt Nikos Hilfe, muss herausfinden, wo sich der Leibwächter befindet.

Schnell streicht er sich über die Wange. Als er mit den Fingern tastet, spürt er einen brennenden Schmerz und stellt fest, dass die Kugel seine Schläfe gestreift hat.

Sie hat nur eine Fleischwunde hinterlassen, das ist alles.

In seinem linken Ohr hört er einen seltsam klingelnden Ton.

Sein Herz schlägt schnell, pocht in der Brust.

Als er sich im Schutz der Metallwand aufrichtet, wird er von heftigen Kopfschmerzen übermannt. Der schrillende Ton der Migräne steigert sich.

Joona presst zwischen den Augenbrauen einen Daumen auf die Stirn, schließt die Augen, zwingt den blitzenden Schmerz zurück.

Er blickt zum Hubschrauber hinüber und versucht, Niko zu entdecken, seine Augen schweifen suchend über Vordeck und Reling.

Das bewaffnete Schiff der Marine nähert sich auf der spiegelglatten See von hinten wie ein dunkler Schatten.

Joona dreht eine lange Metallsprosse von einem zerbrochenen Liegestuhl los, um sich verteidigen zu können, falls der Leibwächter kommen sollte.

Er schmiegt sich an die Wand und sieht plötzlich, dass Raphael Guidi und Axel Riessen auf dem Vordeck sind. Sie stehen dicht zusammen und bewegen sich rückwärts auf den Hubschrauber zu. Der Waffenhändler hat seinen rechten Arm um Axel gelegt. In der Hand hält er ein Messer, dessen Klinge an Riessens Kehle liegt. In der anderen Hand hält er eine Geige. Kleider und Haare flattern im Luftzug der Rotorblätter.

Der Leibwächter, der Joona angeschossen hat, bewegt sich seitlich, um ihn hinter der Wand ins Blickfeld zu bekommen. Er weiß nicht, ob er den Eindringling getroffen hat, es ging zu schnell.

Joona weiß, dass der Leibwächter nach ihm sucht, er will sich zurückziehen, aber die Kopfschmerzen machen ihn langsam.

Schließlich muss er stehen bleiben.

Nicht jetzt, denkt er und spürt den Schweiß am Rückgrat herablaufen.

Der Leibwächter biegt um die Ecke, hebt seine Waffe, erblickt Joonas Schulter, seinen Hals und Kopf.

Plötzlich rennt Niko Kapanen mit angelegtem Sturmgewehr auf ihn zu. Der Leibwächter reagiert schnell, fährt herum und feuert seine Pistole ab. Vier Schüsse. Niko spürt nicht einmal, dass die erste Kugel seine Schulter trifft, aber die zweite, die in seinen Bauch eindringt und den Dünndarm durchschlägt, hält ihn auf. Die dritte pfeift vorbei, aber die vierte schlägt in seine Brust. Seine Beine geben nach, und Niko fällt auf die Seite, hinter das Fundament des Hubschrauberlandeplatzes. Er ist schwer verletzt und merkt wahrscheinlich nicht einmal, dass er im Fallen den Abzug seiner Schnellfeuerwaffe betätigt. Ziellos schießen die Kugeln umher. Er leert das gesamte Magazin innerhalb von zwei Sekunden, direkt aufs Meer hinaus, bis die Waffe klickt.

Niko stöhnt auf, dreht sich auf den Rücken, hinterlässt eine blutige Spur auf der Bande und lässt die Waffe los. Er hat starke Schmerzen in der Brust, schließt kurz die Augen, blickt dann mit trüben Augen hoch und sieht die kräftigen Bolzen an der Unterseite der Hubschrauberplattfom. Ihm fällt auf, dass Rost durch die weiße Farbe rund um die großen Muttern gedrungen ist, dagegen bemerkt er nicht, dass sich sein rechter Lungenflügel mit Blut füllt.

Er hustet schwach, ist kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren, entdeckt plötzlich jedoch Joona, der mit einer Metallsprosse in den Händen hinter der Wand zum Speisesaal steht. Ihre Blicke begegnen sich, und Niko mobilisiert seine letzten Kräfte, um das Sturmgewehr zu Joona hinüberzutreten.

Axel Riessen hat Angst, sein Herz pocht, die vier Schüsse klingeln in seinen Ohren, sein Körper zittert. Raphael Guidi benutzt ihn als Schutzschild. Sie stolpern gemeinsam, und die Klinge schneidet ein wenig in seinen Hals. Axel spürt, dass Blut seine Brust herabläuft. Er sieht, dass sich der letzte Leibwächter Joona Linnas Versteck nähert, kann aber nichts tun.

Joona streckt sich, erreicht das heiße Gewehr mit der Hand und zieht es an sich. Der Leibwächter vor dem Hubschrauberlandeplatz feuert zwei Schüsse auf ihn ab. Sie schießen als Querschläger zwischen Wänden, Boden und Geländer hin und her. Joona nimmt das leere Magazin heraus und sieht, dass Niko in seinen Taschen nach mehr Munition sucht. Er stöhnt auf, ist sehr schwach, presst die Hand auf den blutigen Bauch, muss sich kurz erholen. Der Leibwächter ruft Raphael Guidi zu, einzusteigen. Der Hubschrauber steht zum Abflug bereit. Niko wühlt in einer Hosentasche und zieht die Hand heraus. Ein Schokoladenpapier fliegt im Wind davon, aber in seiner Handfläche liegt eine Patrone. Niko hustet schwach, betrachtet diese eine Patrone und rollt sie über den Boden Joona zu.

Das Vollmantelgeschoss dreht sich klirrend auf dem Metallboden, die Messinghülse und die Spitze aus Kupfer flimmern glänzend.

Joona hält sie auf und presst sie rasch ins Magazin.

Nikos Augen sind mittlerweile geschlossen, zwischen seinen Lippen sieht man eine Blutblase, aber seine Brust hebt und senkt sich weiter in flatternden Atemzügen.

Joona hört die schweren Schritte des Leibwächters.

Er legt das Magazin in sein Gewehr ein, lädt durch, hebt die Waffe, wartet einige Sekunden und verlässt sein Versteck.

Raphael Guidi geht mit Axel Riessen vor sich rückwärts. Sein Sohn ruft ihm aus dem Hubschrauber etwas zu, und der Pilot fordert Guidi winkend auf zu kommen.

»Du hättest mir die Hand küssen sollen, als du die Chance dazu hattest«, flüstert Raphael Guidi Axel ins Ohr.

Ein Stoß bringt die Saiten der Geige zum Klingen.

Der Leibwächter nähert sich Niko mit großen Schritten, beugt sich über die Bande und richtet seine Pistole auf dessen Gesicht.

»Jonottakaa«, ruft Joona auf Finnisch.

Er sieht den Leibwächter die Waffe heben, um sie stattdessen auf ihn zu richten, und bewegt sich rasch seitlich, um die richtige Schusslinie zu finden, er muss mit seiner einzigen Kugel treffen.

Es geht um Sekunden.

Direkt hinter dem Leibwächter steht Raphael Guidi und presst das Messer an Axels Kehle. Der Fahrtwind des Hubschraubers zerrt an ihren Kleidern. Blutstropfen fliegen durch die Luft. Joona geht leicht in die Hocke, hebt das Korn einige Millimeter und feuert.

Jonottakaa, denkt er. Stellt euch hinten an.

Es knallt, und er spürt den harten Schlag des Rückstoßes an seiner Schulter. Das Vollmantelgeschoss verlässt die Waffe mit einer Geschwindigkeit von 800 Metern pro Sekunde. Lautlos trifft es die Halsgrube des Leibwächters, tritt am Nacken wieder aus, verliert kaum an Tempo, schießt durch Raphael Guidis Schulter und aufs Meer hinaus.

Der Arm des Waffenhändlers wird durch den Treffer hochgeschleudert, und das Messer rutscht klirrend über die Plattform.

Axel Riessen sinkt zu Boden.

Der Leibwächter sieht Joona erstaunt an, Blut strömt über seine Brust, wankend hebt er die Pistole, aber seine Kräfte versiegen. Er röchelt seltsam und hustet. Blut spritzt auf Mund und Kinn.

Er setzt sich, greift sich mit der Hand an den Hals und blinzelt zwei Mal, dann erstarren seine weit aufgerissenen Augen.

Raphael Guidis Lippen sind blass, er steht im kräftig pulsierenden Wind, presst die Hand mit der Geige auf seine blutende Schulter und starrt Joona an.

»Papa«, ruft sein Sohn aus dem Hubschrauber und wirft ihm eine Pistole zu.

Klappernd schlägt sie auf den Landeplatz, holpert weiter und bleibt vor Guidis Füßen liegen.

Axel sitzt mit trübem Blick an die Reling gelehnt und versucht mit der Hand, die Blutung an seinem Hals zu stoppen.