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»Tatsächlich«, warf Liss ein, »hat der Graf dy Oby einige Offiziere ausgesandt, die dafür sorgen sollen, dass das Lager hier abgebaut und so schnell wie möglich nach Porifors verlegt wird. Ferda steht mit einigen Männern Eures Bruders bereit, um Euch auf dem Weg zu beschützen, Majestät, sobald Ihr soweit seid. Es sei denn, Ihr reist lieber mit einem Wagen im Tross.«

»Gewiss will sie mit uns im Wagen reisen«, befand Lady dy Hueltar.

»Verlockend«, log Ista, »aber … nein. Ich reite auf meinem Pferd.«

Lady dy Hueltar schnaubte böse und zog sich zurück.

Eifrig sprach Ista weiter zu Liss: »Oh, was wirst du lachen über mein neues Pferd. Es ist als Kriegsbeute zu mir gekommen, würde ich sagen, obwohl ich Illvin vielleicht dazu überreden kann, ein Geschenk daraus zu machen. Das würde ihm gefallen. Es ist Illvins bösartiger roter Hengst.«

»Der von dem umherstreunenden Elementargeist besessen ist?«

»Ja. Er hat eine plötzliche Verehrung für mich entwickelt und erniedrigt sich auf schockierend unpferdische Weise. Du wirst feststellen, dass er regelrecht geläutert ist, und wenn nicht, dann gibt mir Bescheid, und ich werde ihn wieder die Furcht vor seinem Gott lehren. Doch nun erzähl, liebe Liss!«

»Nun, die Burg und die Stadt sind gesichert, die Jokoner vertrieben oder gefangen. Die meisten von ihnen sind in den Norden entkommen, doch ein paar Nachzügler schleichen vielleicht noch in der Gegend umher.«

»Schleichen … oder irren sie vielleicht eher umher?«, merkte Ista trocken an. »Das wäre nicht das erste Mal.«

Liss kicherte. »Wir haben Fürst Sordso und sein gesamtes Gefolge erwischt, was Lord Illvin und Graf dy Oby über die Maßen erfreut hat. Sie sagen, der Fürst ist verrückt geworden. Stimmt es, dass Ihr ihn verhext und dazu gebracht habt, die Fürstinnenwitwe niederzustrecken?«

»Nein«, sagte Ista. »Ich habe nur den Zauber von ihm genommen, der ihn daran hinderte. Ich denke, es war nur ein plötzlicher Impuls, dem er nachgab und den er vermutlich rasch bereut hat. Joen war bereits tot, ehe seine Klinge traf. Der Bastard hat ihre Seele mitgenommen. Ich frage mich, ob Sordso erleichtert wäre, wenn er das erfährt, oder ob er es bedauern würde. Ich sollte es ihm vermutlich auf jeden Fall sagen. Aber weiter: Was ist mit Lady Cattilara und unserem treuen Geistlichen?«

»Nun, wir alle haben von den Mauern aus verfolgt, wie die Jokoner Euch abgeführt haben. Und dann war für eine Weile alles ruhig, bis wir von diesen großen grünen Zelten her einen gewaltigen Aufruhr hörten. Aber wir konnten nicht ausmachen, was da geschah. Lady Cattilara hat uns alle überrascht. Nachdem Ihr und Lord Illvin als Geiseln fortgegangen wart — oder wir das zumindest angenommen haben —, ist sie aufgestanden. Sie hat ihre Damen dazu genötigt, die Mauern zu verteidigen, denn zu diesem Zeitpunkt waren fast alle Männer zu krank, um noch aufrecht zu stehen. Wie es scheint, pflegen sie hier zu Lande das Bogenschießen, und die jokonischen Zauberer hatten ihre Jagdbögen nicht unbrauchbar gemacht. Einige Damen erwiesen sich als ziemlich gute Schützinnen. Ihre Pfeile hatten nicht genug Kraft, um eine Rüstung zu durchschlagen, aber ich habe gesehen, wie Lady Catti selbst einem ungehobelten jokonischen Offizier einen Pfeil durchs Auge schoss. Hochwürden dy Cabon stand neben ihr — sie hat geschworen, dass Porifors nicht fallen würde, solange sie die Herrin der Burg sei. Ich für meinen Teil habe Steine geworfen — wenn man sie nur hoch genug von einem Turm hinunterwirft, schlagen sie ziemlich hart auf, wenn sie unten ankommen, selbst wenn sie nicht mit viel Kraft geschleudert werden.

Wir konnten sehen, dass die Jokoner unsere Verteidigung nur auf die Probe stellen wollten. Aber wir haben sie trotzdem blutig geschlagen. Einem entschlossenen Angriff hätten wir nicht lange standgehalten, nehme ich an. Aber wir haben sie wohl überzeugt, dass sie nicht so ohne weiteres sofort über die Mauern vordringen können — und dann war es zu spät, denn die Truppen des Grafen von Oby fielen über sie her und jagten sie davon. Lady Catti war großartig, als sie ihrem Vater die Tore öffnete. Ich dachte, sie würde in Tränen ausbrechen, als er sie umarmte, denn ihm ging es ganz sicher so. Aber sie blieb gefasst.«

»Und was ist mit Goram?«

»Er half uns, die Mauern zu halten. Heute Morgen war er erschöpft und hatte Fieber, und deshalb hat Lord Illvin ihn nicht zu Euch geschickt. Er sagte zu mir, ich soll Euch das ausrichten. Da Ihr ohnehin heute Morgen nach Porifors kommt, sah er keinen Sinn darin, Goram zweimal zehn Meilen weit reiten zu lassen. Zumal ihr dann auch nicht viel früher aufeinander treffen würdet.«

»Gut überlegt. Ich werde sofort aufbrechen.« Sie schaute sich um. Lady dy Hueltar eilte geschäftig zurück ins Zelt, begleitet von einem Dienstmädchen, das einen Arm voll Kleidung herbeischleppte. »Ah. Gut.«

Istas Zufriedenheit schwand, als sie das Kleid sah, welches das Mädchen für sie ausschüttelte: ein Gewand aus feinen Seidenschichten, passend für höfische Anlässe und in Witwengrün. »Das ist keine Reitkleidung.«

»Natürlich nicht, Ista, Liebes«, entgegnete Lady dy Hueltar. »Das sollt Ihr bei unserem gemeinsamen Frühstück tragen.«

»Ich werde nur eine Tasse Tee und einen Bissen Brot zu mir nehmen, wenn sich so etwas in diesem Lager auftreiben lässt. Dann breche ich sofort auf.«

»Nein, nein«, entgegnete Lady dy Hueltar. »Das Frühstück wird schon bereitet. Wir wollen feiern, dass Ihr wieder mit uns vereint seid, so wie es sein sollte. Wir alle freuen uns schon sehr darauf.«

Das Festmahl würde zwei Stunden in Anspruch nehmen, schätzte Ista, vielleicht drei. »Ein Mund weniger wird nicht auffallen. Ihr müsst ohnehin etwas essen, bevor ihr das Lager abbrecht. Es wird nichts verkommen.«

»Aber Lady Ista, so nehmt doch Vernunft an!«

Istas Stimme wurde kühl. »Ich reite. Wenn Ihr mir nicht die Kleidung bringt, nach der ich verlangt habe, werde ich Liss durchs Lager schicken, um mir welche zu erbetteln. Und wenn sich nirgendwo etwas auftreiben lässt, dann reite ich im Nachthemd. Oder völlig unbekleidet, wenn es sein muss.«

»Ich würde meine Kleidung mit Euch teilen, Majestät«, warf Liss rasch ein. Offenbar erschütterte sie die Vorstellung einer nackten Ista.

»Das weiß ich, Liss.« Ista klopfte ihr auf die Schulter.

Lady dy Hueltar warf sich beleidigt in Pose. »Lady Ista, Ihr dürft nicht so ungebärdig sein!« Sie dämpfte die Stimme. »Oder sollen die Leute glauben, Eure alten Schwierigkeiten hätten Euch doch wieder übermannt?«

Einen gefährlichen Augenblick lang war Ista versucht, auszuprobieren, mit wie viel Zauberkraft genau der Bastard sie versehen hatte. Doch das Ziel ihres Zorns war zu klein und unwürdig, und in gewisser Weise bedauernswert. Als geborene Schmeichlerin hatte Lady dy Hueltar es verstanden, sich während der vorangegangenen zwei Dekaden als Gesellschafterin der alten Herzogin behaglich einzurichten. Sie hatte sich einer gewissen Unentbehrlichkeit und des Ranges erfreuen können, der von ihrer erhabenen Herrin auf sie abfiel. Es war deutlich, dass sie diese angenehme Existenz gern fortsetzen wollte. Und das könnte sie auch, wenn nur Ista den Platz ihrer Mutter einnehmen und deren Leben fortführen würde. Und alles würde so sein wie zuvor …

Ista wandte sich an die Dienstbotin. »Mädchen, besorg mir Reitkleidung. In Weiß, wenn möglich, oder in jeder anderen Farbe, wenn es sein muss. Doch auf keinen Fall Grün!«

Verängstigt öffnete das Mädchen den Mund. Sie schaute von Ista zu Lady dy Hueltar und wieder zu Ista, hin und her gerissen zwischen widerstreitenden Autoritäten. Ista kniff die Augen zusammen.

»Warum müsst Ihr überhaupt nach Porifors reiten?«, fragte Lady dy Hueltar. Ihr runzliges Gesicht bebte vor Kummer, und sie war den Tränen nahe. »Mit den Truppen Eures Bruders als Schutz können wir gewiss auch gleich von hier aus zurück nach Valenda reisen!«