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Ohne jede Zartheit, nur mit roher Leidenschaft, stürzte er sich auf die entgeisterte Dame. Er zerriss ihr Hemd und übersäte Hals, Schulter und Brust mit Küssen. Der tückische Kosakenumhang glitt sofort zu Boden.

»Was machen Sie da?«, rief Frau Lissizyna entsetzt aus und warf den Kopf zurück. »Das ist eine Freveltat!«

»Ich liebe Freveltaten!«, knurrte der Bösewicht, während er ihr über den Rücken und die Hüften strich. »Das ist mein Handwerk!« Er brach wieder in schallendes Gelächter aus. »Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: Der Satan von Neu-Ararat! Ich bin hierher gesandt, um dieses stille Wasser aufzurühren, um die Ungeheuer aufzustören, die es in seinen Tiefen so zahlreich gibt!«

Nikolaj Wsewolodowitsch fand großes Gefallen an seinem Scherz. Er brach in ein krampfhaftes, manisches Lachen aus, und Polina Andrejewna zuckte zusammen, weil ihr ein neuer Gedanke gekommen war.

Was war denn diese ganze Geschichte mit dem wieder auferstandenen Wassilisk? Nichts anderes als ein ungeheuerliches, lästerliches Theater für leicht zu beeindruckende Einfaltspinsel! Diese für ein fremdes Publikum inszenierte Vorstellung sah nicht nach einer Frau aus. Eine Frau handelte immer für eine bestimmte, konkrete Person, und nicht für zufällige Zuschauer oder zufällige Opfer. Hier spürte man echte männliche, unpersönliche Grausamkeit, das Spiel eines pervertierten männlichen Ehrgeizes. Und wie viel Geschicklichkeit und Erfindungsgeist waren vonnöten, um diese ganze Komödie mit Gespenstern und dem Wandeln auf dem Wasser zu veranstalten! Nein, die »Kaiserin von Kanaan« und ihr Sklave, der so schwer von Begriff war, hatten damit nichts zu tun.

»Also, Sie haben das alles gemacht?«, seufzte Polina Andrejewna. »Sie . . . ?! Welch ein entsetzlicher, grausamer Scherz! Wie viel Böses haben Sie angerichtet, wie viele Menschen zugrunde gerichtet! Und das alles nur so, aus Langeweile! Sie sind wirklich ein Satan!«

Nikolaj Wsewolodowitschs rechte Wange zuckte nervös, als tanze sein Gesicht einen diabolischen Cancan.

»Ja, ja, ich bin der Satan!«, flüsterten die schmalen roten Lippen. »Gib dich dem Satan hin, Braut Christi!«

Er hob die Frau mit Leichtigkeit auf die Arme, ließ sie auf das Bärenfell fallen und warf sich auf sie. Polina Andrejewna hob die Hand, um dem Schänder die Nägel in die Augen zu schlagen, spürte aber plötzlich, dass sie es nicht konnte, und das war beschämender und schlimmer als alles andere.

Gib mir Kraft, flehte sie zu ihrer Schutzheiligen, der heiligen Pelagia. Die vornehme Römerin, die einem Sohn des Kaisers versprochen war, wollte eher einen grausamen Tod sterben, als mit dem schönen Heiden zu sündigen. Sie wollte sich lieber in den glühenden, kupfernen Stier des Phalaris sperren lassen, als in den Armen des Verführers schändlich schwach zu werden.

»Verzeih mir, verzeih mir, rette mich«, stammelte die arme Frau Lissizyna und bekannte damit die verwünschte weibliche Schwäche vor dem Ewigen Bräutigam.

»Gerne!«, feixte Nikolaj Wsewolodowitsch, während er ihre langen Hosen herunterzerrte.

Doch es erwies sich, dass auch der Himmlische Bräutigam die Ehre Seiner Braut zu schützen vermag.

Als Polina Andrejewna schon schien, es sei alles verloren und es gebe keine Rettung, drang von draußen eine laute Stimme herein:

»He, he, Childe Harold! Sind Sie hier vor Kälte noch nicht verreckt? Nun ist auch noch Ihre Tür eingeschlagen. Ich bringe Ihnen ein Plaid und einen Korb von maître Armand mit dem Frühstück! He, Herr Terpsichorow, was ist, schlafen Sie etwa noch?«

Blitzschnell ließ Nikolaj Wsewolodowitsch von seinem Opfer ab.

Das Gesicht des Hausherrn veränderte sich nun schon zum zweiten Mal beinahe bis zur Unkenntlichtkeit – die dämonische Fratze verwandelte sich in die erschrockene Miene eines gescholtenen kleinen Jungen.

»Oh je! Das ist Donat Sawwitsch!«, jammerte der erstaunliche Herausforderer Gottes, während er den Morgenrock überzog. »Jetzt werde ich etwas zu hören bekommen!«

Interessante Menschen – 2

Polina Andrejewna, die das Wunder noch gar nicht fassen konnte, erhob sich rasch, hüllte sich mehr schlecht als recht in die Überreste ihrer Wäsche und stürzte zur Tür.

An dem windschiefen Zaun stand Doktor Korowin und band das Zaumzeug eines kräftigen Ponys, das einer zweisitzigen englischen Kutsche vorgespannt war, am Torpfosten fest. Donat Sawwitsch trug einen Canotier-Hut mit schwarzem Band und einen hellen Mantel. Er nahm ein großes Bündel und einen Korb aus der Kutsche und wandte sich um, ohne aber die abgerissene Dame (die sich übrigens instinktiv wieder ins Haus zurückgezogen hatte) zu bemerken, und starrte den bewusstlos am Boden liegenden Bruder Jonas an.

»Haben Sie den Mönch betrunken gemacht?«, fragte der Doktor kopfschüttelnd. »Treiben Sie immer noch Ihr Unwesen? Offen gestanden ist das keine große Freveltat, zum echten Stawrogin fehlt Ihnen noch einiges. Wahrhaftig, Herr Terpsichorow, Sie sollten diese Rolle fallen lassen, sie passt überhaupt nicht. . .«

Da entdeckte Korowin die hinter einem Mauervorsprung hervorlugende Frau im Negligee und verstummte. Zuerst blickte er verständnislos drein, dann runzelte er die Stirn.

»Aha«, bemerkte er finster. »So ist das. Das war ja zu erwarten. Natürlich, schließlich ist Stawrogin ein großer Charmeur. Guten Morgen, gnädige Frau. Ich fürchte, ich muss Ihnen einiges erklären . . .«

Donat Sawwitsch stieg bei diesen Worten bereits die Vortreppe empor – und verstummte aufs Neue, weil er seine Besucherin von vorgestern erkannt hatte.

»Polina Andrejewna, Sie?«, fragte der Doktor bestürzt. »Das ist nun nicht . . . Meine Güte, was ist mit Ihnen? Was hat er mit Ihnen angestellt?!«

Korowin streifte das übel zugerichtete Gesicht und die klägliche Bekleidung der Dame mit einem Blick und stürmte ins Zimmer. Er schleuderte den Korb und das Plaid zur Seite, packte Nikolaj Wsewolodowitsch bei den Schultern und rüttelte ihn so, dass dessen Kopf vor und zurück schwankte.

»Das ist eine Niedertracht, mein Lieber! Jawohl! Damit haben Sie alle Grenzen überschritten! Ein zerfetztes Hemd – bitte sehr. Verführer, afrikanische Leidenschaft und all das, aber warum eine Frau ins Gesicht schlagen? Sie sind kein genialer Schauspieler, Sie sind einfach ein Schuft, das sage ich Ihnen!«

Der Blonde, den Donat Sawwitsch mit Terpsichorow angeredet hatte, rief kläglich:

»Ich schwöre, ich habe sie nicht geschlagen!«

»Schweigen Sie, Sie Lump!«, schrie Korowin ihn an. »Mit Ihnen befasse ich mich später.«

Er stürzte zu Polina Andrejewna, die anhand dieses merkwürdigen Zwiegesprächs nur eines begriff: Wie Furcht erregend Nikolaj Wsewolodowitsch auch war, der Inhaber der Klinik war offenbar noch Furcht erregender. Wie sonst könnte der Satan von Neu-Ararat solche Angst vor ihm haben?

»Das ist übel«, seufzte der Doktor, als er sah, dass die Dame gehetzt vor ihm zurückwich. »Was haben Sie denn, meine liebe Polina Andrejewna, ich bin es doch, Korowin. Erkennen Sie mich wirklich nicht? Eine weitere Patientin kann ich nicht gebrauchen. Gestatten Sie, dass ich Ihnen das hier umlege.«

Er hob das Plaid vom Boden auf und hüllte Frau Lissizyna sorgsam darin ein, woraufhin diese unvermittelt zu weinen anfing.

»Ach Terpsichorow, Terpsichorow, was haben Sie nur angerichtet!«, sagte Donat Sawwitsch, während er der weinenden Frau über die roten Haare strich. »Es ist schon gut, meine Liebe, es ist schon gut. Ich schwöre, ich reiße ihm den Kopf ab und serviere ihn Ihnen auf einer Schale. Und Sie nehme ich jetzt mit zu mir, ich verabreiche Ihnen eine kräftigende Brühe und gebe Ihnen eine Beruhigungsspritze . . .«

»Ich brauche keine Spritze«, schluchzte Polina Andrejewna. »Bringen Sie mich lieber in mein Hotel.«