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»Ach, aber ich doch! Himbeerrote, undurchdringliche! Ich versucht! Diesem Gesichtslosen! Er kein Wort! Ich ihm!« Wieder zeigte er auf Korowin. »Und er mich stechen! Dreckszeug. Dann zwei Tage Kopf! Sie hören nicht! Stimme! In der Wüste!«

»Er meint die Betäubungsspritze, die ich ihm verabreichen musste«, erklärte der Doktor. »Wie nachtragend von ihm, das war doch schon vor drei Monaten! Er war damals völlig überreizt. Mehr noch als jetzt. Die Spritze war harmlos, er hat vierundzwanzig Stunden geschlafen und sich wieder beruhigt. Hat mir ein Heft zugesteckt, ich sollte seine Aufzeichnungen lesen. Aber von wegen – das waren lauter Formeln. Und an den Rändern stand, schief und krumm, mit Tausenden von Ausrufezeichen, etwas von einer ›Emanation des Todes‹.«

»Damit deutlicher!«, rief Ljampe, der vor Verzweiflung sabberte. »Das muss anders. Ich dachte! Es geht nicht um Tod! Man kann sie nicht aufhalten, das ist es. ›Penetration‹ vielleicht? Weil durch alles hindurch! Aber ›penetrierende Emanation‹ kann man nicht aussprechen!«

»Folglich streiten Sie nicht ab, dass Sie als Wassilisk verkleidet über das Wasser gewandelt sind und sich mit Ihrer raffiniert konstruierten Lampe von hinten angeleuchtet haben?«, unterbrach ihn der Bischof.

»Ja, Aberglauben für die Abergläubigen. Wenn sie nicht hören. Oh, ich bin schlau.«

»Und Sie haben dem Bakenwärter durchs Fenster gedroht und mit einem Nagel seine Scheibe zerkratzt? Und nachher sind Sie in der Hütte über Lentotschkin hergefallen, über Lagrange und Matwej Benzionowitsch?«

»Welche Hütte?«, brummte Sergej Nikolajewitsch. »Mit Nagel auf Scheibe – brrr, widerlich!« Er schüttelte sich. »Zum Teufel Hütte! Das Wichtigste! Alles andere Blödsinn!«

»Haben Sie nicht auf Stelzen gestanden und bei Matwej Benzionowitsch ans Fenster geklopft?«

Der Physiker fragte verwundert:

»Wieso Stelzen? Und klopfen?«

Der stellvertretende Staatsanwalt hatte den Brief zu Ende gelesen und sagte leise:

»Eminenz, das kann er nicht gewesen sein. Pelagia irrt sich. Überlegen Sie: Sergej Nikolajewitsch wusste, dass man mich in der Nacht vom ersten Stock ins Erdgeschoss umquartiert hatte. Wozu hätte er dann Stelzen benutzen sollen? Nein, das war jemand anders. Jemand, der nicht wusste, dass ich ins Schlafzimmer im Erdgeschoss umgezogen war.«

Anscheinend war Berditschewskis Fähigkeit zum logischen Denken zurückgekehrt, und das freute den Bischof. Doch das würde ja bedeuten . . .

»Also gab es noch einen anderen Wassilisk?« Der Bischof schüttelte den Kopf, damit dieser besser denken konnte. »Einen Raufbold? Der Pelagia geschlagen und zuvor auf die gleiche Art und Weise auch Sie, Aljoscha und Lagrange überfallen hat? So eine Ungereimtheit!«

Matwej Benzionowitsch bemerkte vorsichtig:

»Zu Schlussfolgerungen bin ich noch nicht bereit. Aber sehen Sie sich doch Sergej Nikolajewitsch an. Meinen Sie, er hätte genug Kraft, einen bewusstlosen Körper aufzuheben und in den Sarg auf dem Tisch zu legen? Alexej Stepanowitsch – das mag ja noch angehen, obwohl das auch unwahrscheinlich ist, aber mich hätte er ganz sicher nicht hochheben können. Ich habe einen schweren Knochenbau, ich wiege mehr als fünf Pud.«

Mitrofani blickte prüfend von Berditschewski zu dem ausgemergelten Physiker. Er seufzte.

»Nun gut, Herr Ljampe. Und wo waren Sie in jener Nacht? Na, als Matwej Benzionowitsch zu Ihnen ins Schlafzimmer verlegt wurde?«

»Wie wo? Hier?« Der Gelehrte umriss die Wände des Kellers mit der Hand und wies dann mit dem Finger auf die Instrumente. »Alles Wichtige hierher. Immerhin aus Stein. Ich – nun gut, ich bin Forscher. Aber er«, Ljampe wies mit dem Kopf auf Berditschewski, »er darf das nicht. Gefährlich.«

»Aber was ist denn so gefährlich?«, rief der Bischof aus, der den ungereimten Äußerungen aufmerksam zuhörte. »Was ist denn das für eine Gefahr, von der Sie andauernd reden?«

Ljampe verstummte, beäugte den Doktor und fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen.

»Wort?«, fragte er den Bischof leise.

»Welches Wort?«

»Ehrenwort. Nicht unterbrechen. Und nicht stechen.«

»Mein Wort. Ich werde Sie nicht unterbrechen, und ich werde nicht zulassen, dass man Ihnen eine Spritze gibt. Reden Sie, aber langsam. Regen Sie sich nicht auf.«

Doch Sergej Nikolajewitsch war das zu wenig.

»Darauf.« Er deutete auf die Brust des Bischofs, der die seltsamen Reden des Knirpses anscheinend allmählich verstand und die Panhagia küsste.

Da nickte Ljampe befriedigt und begann zu sprechen, wobei er sich mit aller Kraft bemühte, verständlich zu sprechen.

»Emanation. Penetrationsstrahlen. Meine Bezeichnung. Mascha will es anders. Aber mir besser so.«

»Schon wieder die Strahlen!«, stöhnte Donat Sawwitsch. »Nein, meine Herren, machen Sie, was Sie wollen, aber ich habe das Kreuz nicht geküsst, also lassen Sie uns an die frische Luft gehen, Herr Kollege.«

Die beiden Äskulapjünger verließen den Keller, und Sergej Nikolajewitsch wurde sogleich ruhiger.

»Ich weiß. Ich rede nicht so. Die ganze Zeit voraus. Worte zu langsam. Ein vollkommeneres Kommunikationssystem nötig. Um sofort den Gedanken. Darüber nachgedacht. Durch Elektromagnetik? Oder biologischen Impuls? Dann werden mich alle verstehen. Wenn Gedanken direkt – von Auge zu Auge, das wäre am allerbesten. Nein, die Augen sind schlecht.« Er ereiferte sich. »Augen ausstechen! Verwirren nur! Aber das geht nicht! Alles auf das Sehen. Aber Sehen – Täuschung, fal-sehe Information. Unwesentliches – ja, aber Hauptsache verpasst. Armseliger Apparat.« Ljampe zeigte auf sein Auge. »Nur sieben Spektralfarben! Aber es gibt Tausende, Millionen, unzählige!«

Hier schüttelte er den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Nein, nein, nicht darüber. Über die Penetration. Ich bemühe mich. Langsam. Wort!«

Der Physiker blickte erschrocken zum Bischof – hörte er auch noch zu, hatte er sich auch nicht abgewandt? Doch nein, Mitrofani lauschte konzentriert und geduldig.

»Dort Nachbarinsel, ja?« Sergej Nikolajewitsch zeigte nach rechts.

»Ja«, nickte der Bischof, obgleich er keine Ahnung hatte, in welcher Richtung sich von hier aus die Einsiedelei befand.

»Legende, ja? Wassilisk. Feuerfinger vom Himmel, brennende Kiefer.«

»Ja, natürlich, das ist eine Legende«, stimmte der Bischof zu. »Die Religion kennt viele magische Überlieferungen, sie spiegeln den Hang des Menschen zum Wunderbaren. Diese Geschichten muss man sinnbildlich verstehen, nicht buchstäblich.«

»Gerade buchstäblich!«, rief Ljampe. »Buchstäblich! So war es! Der Finger, die Kiefer! Sogar Kohle ist da! Versteinert, aber offensichtlich Stamm!«

»Warten Sie, warten Sie, mein Sohn«, unterbrach ihn Mitrofani. »Wie können Sie den heruntergebrannten Stamm der Kiefer gesehen haben? Waren Sie etwa . . .« Die Augen des Bischofs weiteten sich. »Waren Sie etwa auf der Nachbarinsel!?«

Sergej Nikolajewitsch nickte, als sei das nichts Besonderes.

»Aber . . . warum?«

»Brauchte gute Emanation. Böse, graue Farbe, viel. Keine Seltenheit. Aber reines Orange, wie bei Ihnen, fast nie. Selbst genaue Schattierung ging nicht. Aber notwendig – für die Wissenschaft. Lange überlegt. Heureka! Die Eremiten heilige Männer, wahr? Selbstsucht, Gier, Hass fast gleich null, wahr? Bedeutet starke sittliche Emanation! Logik! Prüfen, messen. Wie? Ganz einfach. Nachts im Boot, hinübergefahren.«

»Sie sind zur Einsiedelei gefahren, um die sittliche Emanation der Eremiten zu messen?«, fragte der Bischof ungläubig. »Mit Ihren violetten Okularen?«

Ljampe nickte, sehr zufrieden, dass man ihn verstand.