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»Nein!« Polina Andrejewna fuhr zusammen. »Das ist nicht nötig!«

Der Mönch zeigte ein sanftes, verhaltenes Lächeln.

»Wundere dich nicht, hier ist keinerlei Zauberei im Spiel. Du hast wahrscheinlich davon gehört. Ich bin vom passionierten Lüstling zum Mönch geworden. Die Frauen waren der ganze Sinn meiner früheren Existenz. Ich habe Evas Schwestern mehr als alles andere auf der Welt geliebt. Nein, das stimmt nicht: Ich habe nichts außer den Frauen geliebt. So weit ich mich zurückerinnere, war ich schon immer so, von frühester Kindheit an.«

»Ja, ich habe gehört, dass Sie früher ein Don Juan sondergleichen waren, Sie sollen tausend Frauen gehabt und sogar einen Atlas dazu erstellt haben.«

Sie blickte den abgezehrten Greis mit einer scheuen Neugierde an, die sich für eine Person geistlichen Stands überhaupt nicht geziemte.

»Der Atlas ist dummes Zeug, ein zynischer Scherz. Und dass ich mit tausend Frauen geschlafen haben soll, ist Unsinn. Das ist keine große Heldentat, sondern Arithmetik. Das kann jeder, und es ist nicht teuer, wenn man vor Drei-Rubel-Dirnen nicht zurückschreckt. Nein, meine Liebe, der Körper allein war mir immer zu wenig, ich wollte auch die Seele erobern.«

Der Mönch hatte sich verändert, als er über die Frauen zu sprechen begann. Sein Blick wurde sanft und träumerisch, sein Mund verzog sich zu einem traurigen Lächeln, und seine Rede wurde freier, als spreche nicht ein Mönch, sondern ein gewöhnlicher Mann.

»Was ist denn das Bezauberndste an den Frauen? Ihre unendliche Vielfalt. Und auch ich veränderte mich mit jeder, die ich liebte. Wie ein Frosch, der die Temperatur seiner Umgebung annimmt. Dafür haben sie mich geliebt. Dafür, dass ich, wenn auch nicht lange, so doch allein für sie existierte und nur mit ihnen lebte. Und wie sie mich liebten! Ich lebte durch ihre Liebe und ernährte mich davon, wie ein Vampir von frischem Blut. Nicht vor Wollust war mir schwindlig, sondern von dem Wissen, dass sie um meinetwillen ihre unsterbliche Seele zu geben bereit waren! Dass ich für sie mehr war als Gott! Nur Frauen vermögen so zu lieben.« Der Abt ließ den Kopf hängen und stieß einen reumütigen Seufzer aus. »Aber sobald ich Körper und Seele erobert, sobald ich genug Blut getrunken hatte, wurde mir langweilig. Gefühle vortäuschen, das konnte ich noch nie, ich halte es für eine Gemeinheit. Ich kannte kein Mitleid mit denen, die ich verließ. Es ist eine große Sünde, ein Herz zu erobern und es dann mit Schwung zu Boden zu schleudern. Herzensbrecher – das hört sich nur schön an, dabei gibt es keinen schlimmeren Verbrecher auf Erden . . . Und das war mir immer bewusst. Tropfen für Tropfen, Jahr für Jahr sammelte sich das Gift in mir. Und als der Becher voll war und überlief, überkam mich die Erleuchtung, ich weiß nicht, ob zu meinem Wohl oder zu meinem Leidwesen – wahrscheinlich beides. Ich bereute. Es gab da eine Geschichte, ich erzähle dir nachher davon, ich will dir nur zuerst berichten, wie es mit mir weiterging . . . Um meine Seele zu retten, ging ich ins Kloster, doch brachte mir das kein Seelenheil, denn auch in Klöstern herrscht viel eitles Getümmel. Da fasste ich die Absicht, hierher zu kommen, in die Wassilisk-Einsiedelei. Ich wartete vier Jahre, bis ich an die Reihe kam. Nun führe ich schon zwei Jahre ein bußfertiges Leben, und ich kann mein Seelenheil nicht finden. Als Einzigem von all denen, die früher von hier ins Himmelreich eingegangen sind, ist mir eine so lange Prüfung beschieden – für meine Sünden. Weißt du, welche Pein mir das Mönchtum bereitete?« Der Mönch blickte Polina Andrejewna zweifelnd an, als könne er sich nicht entscheiden, ob er es sagen solle oder nicht. »Ich werde es dir sagen. Du bist schließlich kein dummes Mädchen. Die Sinnlichkeit quälte mich. Unablässig, die ganzen Jahre als Mönch hindurch. Tagsüber und besonders nachts. Das war meine Prüfung, meinen Sünden entsprechend. Unter den Mönchen wurde immer geflüstert – ich weiß nicht, woher sie das wussten – , dass einen der Herr in der Wassilisk-Einsiedelei zuallererst von den Sehnsüchten der Sinne befreit, um die Gedanken seiner Lämmer zu reinigen und sie für ihn bereitzumachen. Und wahrhaftig, alle anderen Eremiten waren bald frei von Sinnlichkeit, nur ich nicht. Kaum wurde es Nacht, hatte ich wollüstige Erscheinungen. Hier fallen einem schnell die Haare aus, am Kopf wie am Körper, das ist hier einfach so. Ich behielt meine Haare am längsten von allen. Erst als ich Abt wurde, alle anderen überlebt hatte, fielen sie aus.«

»Und warum fallen die Haare aus?«, fragte Frau Lissizyna mit einem mitleidigen Blick auf den kahlen Scheitel des Märtyrers.

Der erklärte ihr:

»Das ist eine besondere Gnade Gottes, ebenso wie die Befreiung von der fleischlichen Leidenschaft. In den ersten Wochen machen Läuse und Flöhe den Mönchen sehr zu schaffen – die Regeln der Einsiedelei gestatten es nicht, sich zu waschen. Und ohne Haare ist es für uns sehr viel leichter, wir können unsere Hände andächtig zum Gebet falten, anstatt uns damit schmachvoll zu kratzen.« Fromm legte er seine Handflächen aneinander. »Mich aber haben die Insekten mehr als ein Jahr gequält. Und als meine Qualen noch immer kein Ende hatten, habe ich mit Hiob gesagt: ›Mein Geist ist zerbrochen, meine Tage sind ausgelöscht, das Grab ist da.‹ Doch es gab weder Grab noch Vergebung für mich. Erst vor kurzem ist es besser geworden. Ich spüre, dass mein Körper schwächer wird. Ich kann nur mit Mühe gehen, der Leib behält die Nahrung nicht bei sich, und morgens, wenn ich aufstehe, dreht sich mir der Kopf.« Israil lächelte verzückt. »Das bedeutet, das Ende ist nah. Ich muss nicht mehr lange auf die Erlösung warten. Außerdem wurde mir in der letzten Zeit bei meiner größten Pein Linderung zuteil. Der Herr hat den Teufel der Sinnlichkeit abberufen. Jetzt habe ich lichte, freudige Träume. Als ich dich erblickte, so jung und schön, lauschte ich in mich hinein – nichts rührte sich. Folglich hat mich der Herr gereinigt. Er hat mich gereinigt und mir vergeben.«

Polina Andrejewna freute sich, dass es für den heiligen Mönch nun leichter wurde, seine Seele zu retten, doch es war Zeit, auf Dringenderes zu sprechen zu kommen.

»Was also wollten Sie mir mit Ihrem lateinischen Rätsel sagen, Vater? Dass Ihr neuer Mitbruder nicht Ilari ist, sondern jemand anders, der sich durch einen Betrug hier eingeschlichen hat?«

Israil lächelte heiter, weil er in Gedanken noch immer bei der baldigen Glückseligkeit weilte.

»Was, meine Tochter? Ach so, Ilari. Ich weiß nicht, wir zeigen einander schließlich unsere Gesichter nicht, und zu sprechen ist uns nicht gestattet. Das Notwendige erklären wir einander durch Zeichen. Früher einmal habe ich Bruder Ilari im Kloster gesehen, doch das ist lange her. Ich erinnere mich nicht an sein Aussehen, nicht einmal an seine Größe. Ich weiß also nicht, ob er es ist oder nicht, doch eines weiß ich ganz gewiss: Der neue Mönch ist nicht hergekommen, um seine Seele zu retten. Er schnitzt keine Rosenkränze, und tagsüber lässt er sich nie außerhalb seiner Zelle blicken. Einmal bin ich zu ihm hineingegangen, um ihn an das gemeinsame kontemplative Gebet zu erinnern (ein stilles Gebet, das wir abhalten). Er lag da und schlief. Er hat abgewunken, sich auf die Seite gedreht und weitergeschlafen. Und das am helllichten Tag!«

»Und was macht er nachts?«, fragte die Lissizyna rasch.

»Das weiß ich nicht. Nachts bin ich hier, in der Zelle. Die Regeln sind streng, es ist nicht gestattet, die Zelle zu verlassen.«