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»Ach, hör auf, Annabeth. Monster Donut bedeutet nicht, dass es etwas mit Monstern zu tun hat. Das ist eine Kette. In New York gibt’s die auch.«

»Eine Kette«, sagte sie zustimmend. »Und findest du es nicht seltsam, dass hier eine Filiale auftaucht, sowie du Tyson zum Donutkaufen schickst? Einfach so, mitten im Wald?«

Ich überlegte. Es war wirklich ein bisschen seltsam, aber eigentlich … Donutkioske standen nun wirklich nicht auf meiner Liste der finsteren Mächte.

»Das könnte ein Nest sein«, erklärte Annabeth.

Tyson wimmerte. Ich glaube nicht, dass er Annabeth besser verstand als ich, aber ihr Tonfall machte ihn nervös. Er hatte schon ein halbes Dutzend Donuts gemampft und verschmierte den Puderzucker im ganzen Gesicht.

»Ein Nest … wovon denn?«, fragte ich.

»Hast du noch nie darüber nachgedacht, warum solche Filialen wie Pilze aus dem Boden schießen?«, fragte sie. »Heute ist hier nichts, und morgen, bumm!, steht da ein neuer Burgerladen oder ein Café oder was auch immer. Zuerst nur eins, dann zwei, dann vier … perfekte Kopien verteilen sich über das ganze Land!«

»Äh … nein. Darüber hab ich noch nie nachgedacht.«

»Percy, einige von diesen Ketten breiten sich deshalb so schnell aus, weil ihre Standorte magisch mit der Lebenskraft eines Monsters verbunden sind. Einige Kinder von Hermes sind in den fünfziger Jahren auf diesen Trichter gekommen. Sie züchten …«

Sie erstarrte.

»Was?«, fragte ich. »Was züchten sie?«

»Keine – plötzlichen – Bewegungen«, sagte Annabeth, als ob ihr Leben davon abhinge. »Ganz langsam … umdrehen.«

Und dann hörte ich es: ein Kratzen, wie etwas Riesiges, das seinen Bauch durch die Blätter zog.

Ich drehte mich um und sah ein Ding von Nashorngröße, das sich im Schatten der Bäume bewegte. Es zischte – und seine Vorderhälfte wand sich in alle Richtungen. Zuerst begriff ich nicht, was ich da sah. Dann ging mir auf, dass das Ding jede Menge Hälse hatte – mindestens sieben, und auf jedem saß ein zischender Reptilienkopf. Seine Haut sah aus wie Leder und unter jedem Kopf hing ein Plastiklätzchen mit der Aufschrift »ICH BIN EIN MONSTER DONUT-FAN«.

Ich zog meinen Kugelschreiber hervor, aber Annabeth schaute mich stumm an. Eine Warnung – noch nicht.

Ich begriff. Viele Monster sind so gut wie blind. Es war sehr gut möglich, dass die Hydra an uns vorbeiwandern würde. Aber wenn ich jetzt mein Schwert ausfuhr, dann würde das Bronzeglühen ihre Aufmerksamkeit erregen.

Wir warteten.

Die Hydra war nur noch wenige Meter von uns entfernt. Sie schien am Boden und an den Bäumen zu schnüffeln und etwas zu suchen. Dann bemerkte ich, dass zwei Köpfe ein Stück gelbes Leinen zerfetzten – einen von unseren Seesäcken. Das Ding hatte unser Lager also schon entdeckt. Und jetzt folgte es unserer Witterung.

Mein Herz hämmerte. Ich hatte im Camp schon einmal einen ausgestopften Hydrakopf als Jagdtrophäe gesehen, aber auf die lebende Ausgabe war ich dann doch nicht vorbereitet. Die Köpfe waren wie Karos geformt, wie die Köpfe von Klapperschlangen, aber in den Mündern saßen gezackte Reihen von Haifischzähnen.

Tyson zitterte. Er trat einen Schritt zurück und zerbrach dabei aus Versehen einen Zweig. Sofort wandten alle sieben Köpfe sich uns zu und zischten.

»Auseinander«, schrie Annabeth. Sie ließ sich nach rechts fallen.

Ich wälzte mich nach links. Ein Hydrakopf spuckte in hohem Bogen eine grüne Flüssigkeit aus, die eine Ulme traf. Der Stamm fing an zu dampfen und kippte auf Tyson zu, der sich noch immer nicht bewegt hatte, er war erstarrt, weil das Ungeheuer jetzt genau vor ihm stand.

»Tyson!« Ich schlug mit aller Kraft nach ihm und konnte ihn gerade noch zur Seite stoßen, ehe die Hydra zustieß und der Baum auf zwei von ihren Köpfen landete.

Die Hydra taumelte rückwärts, befreite ihre Köpfe und zischte dann wütend den umgestürzten Baum an. Alle sieben Köpfe stießen Säure aus und die Ulme schmolz zu einer dampfenden und stinkenden Lache.

»Weg hier«, rief ich Tyson zu. Ich rannte los und drehte die Kappe von Springflut, in der Hoffnung, die Aufmerksamkeit des Monsters zu erregen.

Das klappte.

Monster hassen den Anblick von himmlischer Bronze. Kaum hatte sie meine leuchtende Klinge entdeckt, da wandte die Hydra ihr auch schon alle Köpfe zu und die zischten und bleckten die Zähne.

Die gute Nachricht: Für den Moment war Tyson außer Gefahr. Die schlechte Nachricht: Ich würde gleich zu einer stinkenden Pfütze zerlaufen.

Einer der Köpfe versuchte nach mir zu schnappen. Ohne nachzudenken, schwang ich mein Schwert.

»Nein!«, schrie Annabeth.

Zu spät. Ich hatte der Hydra säuberlich den Kopf abgetrennt. Er rollte durch das Gras und ließ einen zuckenden Stumpf zurück, der sofort aufhörte zu bluten und wie ein Ballon anschwoll.

In Sekundenschnelle spaltete der Rumpf sich in zwei neue Hälse und auf jedem erschien ein ausgewachsener Kopf. Jetzt sah ich vor mir eine achtköpfige Hydra.

»Percy!«, sagte Annabeth. »Du hast soeben irgendwo einen neuen MONSTER DONUT-Kiosk eröffnet.«

Ich wich einer Säuredusche aus. »Ich muss sterben und du machst dir wegen so was Sorgen? Wie können wir das hier umbringen?«

»Mit Feuer«, sagte Annabeth. »Wir brauchen Feuer.«

Kaum hatte sie das gesagt, da fiel mir die Geschichte ein. Die Köpfe der Hydra konnten sich nicht mehr vermehren, wenn die Stümpfe rechtzeitig ausgeglüht wurden. So hatte Herkules es jedenfalls gemacht. Aber wir hatten kein Feuer.

Ich wich zum Fluss zurück. Gefolgt von der Hydra.

Annabeth trat neben mich und versuchte, einen Kopf abzulenken, sie wehrte die Zähne mit dem Messer ab, aber ein weiterer Kopf schwenkte wie eine Keule zur Seite und schlug sie in den Schlamm.

»Nicht meine Freunde hauen!« Tyson kam angerannt und schob sich zwischen Annabeth und die Hydra. Als Annabeth auf die Füße kam, schlug Tyson dermaßen schnell mit den Fäusten auf die Monsterköpfe ein, dass ich an ein superschnelles Haut-den-Lukas denken musste. Aber nicht einmal Tyson konnte bis in alle Ewigkeit eine Hydra in Schach halten.

Wir gingen weiter rückwärts, wichen Säurespritzern aus und wehrten nach uns schnappende Köpfe ab, ohne sie abzuschneiden, aber ich wusste, dass wir unseren Tod nur hinauszögerten. Irgendwann würden wir einen Fehler machen und dann würde das Ding uns umbringen.

Da hörte ich ein seltsames Geräusch – ein Tuckern, das ich zuerst für meinen Herzschlag hielt. Es war so mächtig, dass es das Ufer erzittern ließ.

»Was ist das denn für ein Krach?«, brüllte Annabeth, ließ aber die Hydra nicht aus den Augen.

»Dampfmaschine«, sagte Tyson.

»Was?« Ich duckte mich, als die Hydra Säure über meinen Kopf spie.

Und dann hörten wir vom Fluss her eine vertraute weibliche Stimme rufen: »Da! Macht die Zweiunddreißigpfünder fertig!«

Ich wagte nicht, meinen Blick von der Hydra zu lösen, aber wenn ich richtig geraten hatte, wer da hinter mir war, dann befanden wir uns jetzt zwischen zwei Feindinnen.

Eine raue Männerstimme sagte: »Die sind zu nah, M’lady.«

»Scheiß auf die Helden«, sagte das Mädchen. »Volle Kraft voraus.«

»Aye, M’lady.«

»Feuer frei, Käpt’n.«

Annabeth begriff den Bruchteil einer Sekunde früher als ich, was da passierte. Sie schrie: »Runter!«, und wir ließen uns fallen, als ein ohrenbetäubendes Dröhnen über den Fluss hallte. Wir sahen eine Art Blitz, dann eine Rauchsäule und dann explodierte die Hydra vor unseren Augen und übergoss uns mit ekelhaftem grünem Schleim, der sich gleich darauf auflöste, wie das bei Monsterinnereien eben ist.

»Wahnsinn«, schrie Annabeth.

»Dampfschiff«, brüllte Tyson.

Ich stand hustend in der Wolke aus Pulverdampf, die sich jetzt über das Ufer wälzte.

Auf dem Fluss tuckerte das seltsamste Schiff auf uns zu, das ich jemals gesehen hatte. Es lag tief im Wasser, wie ein U-Boot, und das Deck war mit Eisenplatten beschlagen. In der Mitte gab es einen trapezförmigen Aufbau, der auf allen Seiten Schießscharten für Kanonen hatte. Eine Flagge wehte am Mast – ein wilder Eber und ein Speer auf blutrotem Grund. An Deck aufgereiht standen Zombies in grauen Uniformen – tote Soldaten mit leuchtenden Gesichtern, die ihre Schädel nur teilweise bedeckten, wie bei den Gespenstern, die ich in der Unterwelt Hades’ Palast hatte bewachen sehen.