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»Komm mir ja nicht so, Kleiner«, schimpfte sie. »Sonst verfüttere ich dich an die Eulen. Geh jetzt in den Käfig wie ein braves kleines Tier. Wenn du dich gut benimmst, passiert dir nichts. Es gibt immer genug Kinder, die sich ein neues Meerschweinchen wünschen.«

Meine Gedanken rasten so schnell wie mein winziges Herz. Ich musste zurück zu meinen Kleidern, die auf einem Haufen auf dem Boden lagen. Wenn mir das gelänge, dann könnte ich Springflut aus meiner Tasche ziehen und … und was? Ich würde ja nicht einmal den Verschluss vom Kugelschreiber drehen können. Und selbst wenn, würde ich das Schwert nicht halten können.

Ich zappelte hilflos, als C.C. mich zum Käfig trug und die Drahttür öffnete.

»Willkommen bei meinen Problemfällen, Percy«, sagte sie warnend. »Die werden niemals gute Schmusetiere, aber vielleicht können sie dir ein bisschen Manieren beibringen. Die meisten sitzen seit dreihundert Jahren in diesem Käfig. Wenn du nicht auf Dauer bei ihnen bleiben willst, dann schlage ich vor …«

Annabeths Stimme erklang: »Entschuldigung, C.C. …?«

C.C. fluchte auf Altgriechisch. Sie ließ mich in den Käfig fallen und schloss die Tür. Ich quiekte und kratzte an den Gitterstäben, aber das half nichts. Ich sah, wie C.C. in aller Eile meine Kleidung mit einem Fußtritt unter den Webstuhl beförderte, als Annabeth hereinkam.

Ich hätte sie fast nicht erkannt. Sie trug ein ärmelloses Seidenkleid, wie C.C., nur in Weiß. Ihre blonden Haare waren frisch gewaschen und gekämmt und mit Goldfäden durchflochten. Und das Schlimmste war, sie war geschminkt, und ich hatte gedacht, dass Annabeth lieber sterben würde, als sich anzumalen. Aber sie sah gut aus. Wirklich gut. Vermutlich hätte ich kein Wort herausgebracht, wenn ich mehr hätte sagen können als »uiiie, uiiie, uiiiie«. Aber etwas stimmte an der Sache einfach nicht. Es war nicht Annabeth.

Sie schaute sich im Raum um und runzelte die Stirn. »Wo ist Percy?«

Ich quiekte wie besessen los, aber sie schien mich nicht zu hören.

C.C. lächelte. »Der ist gerade in Behandlung, meine Liebe. Mach dir keine Sorgen. Du siehst wunderbar aus. Und wie hat dir die Besichtigungsrunde gefallen?«

Annabeths Augen leuchteten auf. »Ihre Bibliothek ist umwerfend.«

»Ja, das ist sie«, sagte C.C. »Das Wissen der vergangenen drei Jahrtausende. Was immer du studieren möchtest, was immer du werden möchtest, meine Liebe.«

»Architektin?«

»Pah«, sagte C.C. »Du, meine Liebe, hast das Zeug zur Zauberin.«

Annabeth trat einen Schritt zurück. »Zur … Zauberin?«

»Ja, meine Liebe.« C.C. hob die Hand. Eine Flamme erschien in ihrer Handfläche und tanzte über ihre Fingerspitzen. »Meine Mutter ist Hekate, die Göttin der Magie. Ich erkenne eine Tochter der Athene auf den ersten Blick. Wir sind nicht so verschieden, du und ich. Wir beide suchen Wissen. Wir beide bewundern Größe. Keine von uns braucht im Schatten von Männern zu stehen.«

»Ich … das verstehe ich nicht.«

Ich quiekte aus Leibeskräften, um Annabeths Aufmerksamkeit zu erregen, aber entweder konnte sie mich nicht hören oder hielt das Geräusch nicht für wichtig. Die anderen Meerschweinchen kamen inzwischen aus ihrem Häuschen, um mich in Augenschein zu nehmen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass Meerschweinchen brutal aussehen können, aber diese hier taten es. Es war ein halbes Dutzend, mit verdrecktem Fell und abgebrochenen Zähnen und roten Knopfaugen. Sie waren mit Abfällen bedeckt und stanken, als ob sie tatsächlich seit dreihundert Jahren hier wären und als ob der Käfig in dieser ganzen Zeit nie gereinigt worden wäre.

»Bleib bei mir«, sagte C.C. gerade zu Annabeth. »Studiere bei mir. Du kannst hier arbeiten, du kannst Zauberin werden und lernen, anderen deinen Willen aufzuzwingen. Du kannst unsterblich werden!«

»Aber …«

»Du bist intelligent, meine Liebe«, sagte C.C. »Du bist doch nicht so dumm, von diesem blödsinnigen Camp für Heroen etwas zu erwarten. Wie viele große Halbblutheldinnen kannst du aufzählen?«

»Äh, Atalanta, Amelia Earhart …«

»Bah! Männer reißen die ganze Ehre an sich.« C.C. ballte die Faust und löschte damit die magische Flamme. »Der einzige Weg zur Macht führt für Frauen über Zauberei. Medea, Calypso – da hast du mächtige Frauen! Und mich natürlich. Die Größte von allen!«

»Sie … C.C. … Circe!«

»Ja, meine Liebe.«

Annabeth wich zurück und Circe lachte. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich tu dir nichts.«

»Was haben Sie mit Percy gemacht?«

»Ich habe ihm nur geholfen, seine wahre Gestalt anzunehmen.«

Annabeth ließ ihren Blick durch den Raum wandern. Endlich sah sie den Käfig, wo ich an den Gitterstäben kratzte und alle anderen Meerschweinchen sich um mich zusammendrängten. Sie machte große Augen.

»Vergiss ihn«, sagte Circe. »Komm zu mir und erlerne meine Zauberkünste.«

»Aber …«

»Für deinen Freund wird gut gesorgt. Wir bringen ihn zu einem wunderschönen neuen Zuhause auf dem Festland. Die Kleinen im Kindergarten werden ihn lieben. Während du weise und mächtig wirst. Du wirst alles bekommen, was du dir je gewünscht hast.«

Annabeth starrte mich immer noch an, aber ihr Gesicht wirkte jetzt verträumt. Sie sah aus wie ich, als Circe mich dazu gebracht hatte, den Meerschweinchenshake zu trinken. Ich quiekte und zappelte, um sie zu warnen und aus dieser Trance zu reißen, aber ich war einfach hilflos.

»Ich muss mir das überlegen«, murmelte Annabeth. »Geben Sie mir … nur eine Minute. Zum Abschiednehmen.«

»Natürlich, meine Liebe«, säuselte Circe. »Eine Minute. Oh … und natürlich ganz ungestört.«

Sie machte eine knappe Handbewegung und Eisenstangen schoben sich klirrend vor die Fenster. Sie fegte aus dem Zimmer und ich hörte, wie hinter ihr die Türschlösser verriegelt wurden.

Annabeths Gesicht verlor den verträumten Ausdruck.

Sie stürzte zum Käfig herüber. »Also, welcher bist du?«

Ich quiekte, aber das taten auch alle anderen Meerschweinchen. Annabeth sah verzweifelt aus. Sie schaute sich im Zimmer um und entdeckte unter dem Webstuhl das Ende eines Hosenbeins.

Ja!

Sie rannte hinüber und wühlte in meinen Taschen.

Aber statt Springflut zu ziehen, suchte sie die Flasche mit Hermes’ Vitaminbonbons hervor und mühte sich mit dem Verschluss ab.

Ich hätte sie anschreien mögen. Jetzt war nicht der richtige Moment für Vitaminpräparate! Sie sollte das Schwert ziehen!

Sie schob sich gerade ein Zitronenbonbon in den Mund, als die Tür aufgerissen wurde und Circe mit zwei ihrer stewardessähnlichen Assistentinnen hereinkam.

»Tja«, sagte Circe. »Eine Minute geht ja so schnell vorbei. Und was ist deine Antwort, meine Liebe?«

»Das hier«, sagte Annabeth und zog ihr Bronzemesser.

Die Zauberin wich zurück, aber ihre Überraschung war sofort verflogen.

Sie fauchte: »Wirklich, Kleine, ein Messer gegen meine Magie? Hältst du das für weise?«

Circe schaute sich zu ihren Assistentinnen um und die lächelten. Dann hoben sie die Hände, wie um einen Zauber vorzubereiten.

Lauf, wollte ich Annabeth zurufen, aber ich konnte nur Nagetiergeräusche ausstoßen. Die anderen Meerschweinchen quiekten vor Angst und rannten im Käfig hin und her. Ich wäre auch am liebsten in Panik geraten und hätte mich versteckt, aber ich musste mir etwas ausdenken! Ich durfte nicht auch noch Annabeth verlieren, so wie ich Tyson verloren hatte.

»Wie wird Annabeths neue Gestalt wohl aussehen?«, überlegte Circe. »Klein und übellaunig. Jetzt weiß ich … eine Spitzmaus.«

Blaues Feuer loderte von ihren Fingern und den Fingern ihrer Assistentinnen auf und wickelte sich wie Luftschlangen um Annabeth.

Ich sah voller Entsetzen zu, aber nichts passierte. Annabeth war noch immer Annabeth, nur zorniger.

Sie sprang vor und hielt Circe die Messerspitze an den Hals. »Wie wäre es, mich stattdessen in ein Pantherweibchen zu verwandeln? In eins, das dir seine Krallen in die Kehle schlägt?«