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Skelettkrieger bewachten den einzigen Eingang. Sie trugen zerfetzte Tarnanzüge der U. S. Army und Sturmgewehre.

Die dritte Furie stellte Nico neben mir ab. Dann ließen sich alle drei oben auf den Knochenthron nieder. Ich unterdrückte den Wunsch, Nico zu erwürgen. Sie würden mich ja doch daran hindern. Ich musste auf meine Rache warten.

Ich starrte die leeren Thronsessel an und wartete darauf, dass etwas geschah. Dann schimmerte die Luft. Drei Gestalten erschienen – Hades und Persephone und eine ältere Frau, die zwischen ihnen stand. Die drei schienen sich gerade zu streiten.

»Ich habe doch gesagt, der Kerl taugt nichts!«, schimpfte die ältere Frau.

»Mutter!«, sagte Persephone.

»Wir haben Besuch!«, kläffte Hades. »Bitte!«

Hades, einer von den Göttern, die ich am wenigsten mochte, strich seine schwarzen Gewänder glatt, die mit den entsetzten Gesichtern der Verdammten bedeckt waren. Er hatte sehr bleiche Haut und die stechenden Augen eines Irren.

»Percy Jackson«, sagte er zufrieden. »Endlich.«

Persephone musterte mich neugierig. Ich hatte sie im Winter einmal gesehen, aber jetzt im Sommer sah sie aus wie eine ganz andere Göttin. Sie hatte glänzende schwarze Haare und warme braune Augen. Ihr Kleid funkelte in vielen Farben. Die Blumenmuster im Stoff wuchsen und blühten – Rosen, Tulpen, Klee.

Die Frau, die zwischen ihnen stand, war eindeutig Persephones Mutter. Sie hatte die gleichen Haare und Augen, sah jedoch älter und strenger aus. Ihr Kleid war golden, in der Farbe eines Weizenfeldes. Sie hatte es mit getrockneten Gräsern umwickelt und ich musste an einen geflochtenen Korb denken. Ich konnte mir vorstellen, dass sie ganz schönen Ärger haben würde, wenn jemand neben ihr ein Streichholz anzündete.

»Hmmmph«, sagte die ältere Frau. »Halbgötter. Die haben uns gerade noch gefehlt.«

Neben mir fiel Nico auf die Knie. Ich sehnte mich nach meinem Schwert, um ihm seinen blöden Kopf abzuhacken. Leider war Springflut noch immer irgendwo draußen in den Feldern.

»Vater«, sagte Nico. »Ich habe deinen Wunsch erfüllt.«

»Hast ja auch lange genug dafür gebraucht«, grummelte Hades. »Deine Schwester hätte bessere Arbeit geleistet.«

Nico ließ den Kopf sinken. Wenn ich nicht so wütend auf ihn gewesen wäre, hätte er mir leidgetan.

Ich starrte den Gott der Toten wütend an. »Was wollt Ihr, Hades?«

»Reden natürlich.« Der Gott verzog seinen Mund zu einem grausamen Lächeln. »Hat Nico dir das nicht gesagt?«

»Der ganze Einsatz war also eine Lüge. Nico hat mich hergelockt, damit ich umgebracht werden kann.«

»Aber nicht doch«, sagte Hades. »Ich fürchte, Nico war es ganz ernst damit, dass er dir helfen wollte. Dieser Knabe ist so ehrlich, wie er blöd ist. Ich habe ihn einfach überredet, einen kleinen Umweg einzulegen und dich vorher herzubringen.«

»Vater«, sagte Nico. »Du hast mir versprochen, dass Percy nichts passiert. Du hast gesagt, wenn ich ihn herbringe, dann erzählst du mir von meiner Vergangenheit – von meiner Mutter.«

Persephone seufzte dramatisch. »Können wir bitte in meiner Anwesenheit nicht über diese Frau sprechen?«

»Tut mir leid, Liebste«, sagte Hades. »Ich musste dem Jungen doch irgendwas versprechen.«

Die ältere Dame schnaubte. »Ich habe dich gewarnt, Tochter. Dieser Hallodri von Hades taugt nichts. Du hättest den Gott der Ärzte oder den Gott der Rechtsanwälte heiraten können, aber neiiiiiiin. Du musstest ja den Granatapfel essen.«

»Mutter …«

»Und in der Unterwelt hängen bleiben!«

»Mutter, bitte …«

»Und jetzt ist schon August, aber kommst du nach Hause wie verabredet? Denkst du denn überhaupt je an deine arme einsame Mutter?«

»DEMETER!«, brüllte Hades. »Das reicht jetzt. Du bist immerhin ein Gast in meinem Haus.«

»Ach, in deinem Haus, ja? Du nennst dieses Loch ein Haus? Lässt meine Tochter in diesem dunklen, feuchten …«

»Ich hab es dir doch gesagt«, sagte Hades und knirschte mit den Zähnen. »In der Welt oben herrscht Krieg. Hier bei mir seid ihr immerhin sicher.«

»Verzeihung«, schaltete ich mich ein. »Wenn Ihr mich sowieso umbringen wollt, könnten wir es dann nicht einfach hinter uns bringen?«

Alle drei Gottheiten starrten mich an.

»Na, der hat ja Schneid«, meinte Demeter.

»Allerdings«, sagte Hades zustimmend. »Ich würde ihn gern umbringen.«

»Vater!«, sagte Nico. »Du hast versprochen …«

»Mein Gatte, wir haben doch darüber geredet«, sagte Persephone tadelnd. »Du kannst nicht jeden Helden einäschern. Außerdem hat er Mut. Das gefällt mir.«

Hades verdrehte die Augen. »Dieser Orpheus hat dir auch gefallen, und sieh dir an, was dabei rausgekommen ist. Lass mich ihn umbringen, nur ein kleines bisschen.«

»Vater, du hast es versprochen«, sagte Nico. »Du hast gesagt, du wolltest nur mit ihm reden. Und wenn ich ihn herholte, würdest du alles erklären.«

Hades schaute düster drein und strich die Falten seiner Gewänder glatt. »Und das werde ich auch. Deine Mutter – was soll ich dir sagen? Sie war eine wunderbare Frau.« Er schaute verlegen zu Persephone hinüber. »Verzeih mir, meine Liebe. Ich meine, für eine Sterbliche natürlich. Ihr Name war Maria di Angelo. Sie kam aus Venedig, aber ihr Vater lebte als Diplomat in Washington. Dort bin ich ihr begegnet. Als du und deine Schwester klein wart, war es nicht so gut, ein Kind des Hades zu sein. Der Zweite Weltkrieg tobte. Einige von meinen, äh, anderen Kindern führten die Verliererseite an. Und da fand ich es besser, euch aus der Gefahrenzone herauszuholen.«

»Und deshalb hast du uns im Lotos Hotel versteckt?«

Hades zuckte mit den Schultern. »Ihr seid nicht gealtert. Euch war nicht klar, dass die Zeit verging. Ich habe auf den richtigen Moment gewartet, um euch dort herauszuholen.«

»Aber was ist aus unserer Mutter geworden? Warum kann ich mich nicht an sie erinnern?«

»Spielt keine Rolle«, fauchte Hades.

»Was? Natürlich spielt das eine Rolle. Und wenn du noch andere Kinder hattest – warum hast du nur uns weggeschafft? Und wer war der Anwalt, der uns aus dem Kasino geholt hat?«

Hades knirschte abermals mit den Zähnen. »Es wäre zu deinem Besten, mehr zuzuhören und weniger zu reden, Knabe. Und was den Anwalt angeht …«

Hades schnippte mit den Fingern. Oben auf seinem Thron fing die Furie Alekto an, sich zu verwandeln, bis sie zu einem Mann mittleren Alters mit Nadelstreifenanzug und Aktentasche geworden war. Sie – der Anwalt – sah seltsam aus, weil er noch immer auf Hades’ Schulter hockte.

»Du!«, sagte Nico.

Die Furie kicherte schrill. »Anwälte und Lehrerinnen sind meine Stärke.«

Nico zitterte. »Aber warum hast du uns aus dem Kasino befreit?«

»Das ist doch wohl klar«, sagte Hades. »Dieser idiotische Poseidon-Spross darf ja wohl nicht das Kind aus der Weissagung sein.«

Ich pflückte einen Rubin von der nächsten Pflanze und bewarf Hades damit. »Ihr solltet dem Olymp helfen!«, sagte ich. »Alle anderen Götter kämpfen gegen Typhon und Ihr hängt nur hier herum und …«

»Und sitzt alles aus«, beendete Hades meinen Satz. »Ja, das stimmt. Aber wann hat der Olymp mir denn je geholfen, Halbblut? Wann wurde je eins von meinen Kindern als Held willkommen geheißen? Pah! Warum sollte ich losstürzen, um ihnen zu helfen? Ich bleibe hier, mit meinem ungeschmälerten Heer.«

»Und wenn Kronos Euch angreift?«

»Soll er es doch versuchen. Er wird geschwächt sein. Und mein Sohn hier, Nico …« Hades schaute herablassend zu Nico hinüber. »Na, er macht nicht viel her, das gebe ich ja zu. Es wäre besser, wenn Bianca am Leben geblieben wäre. Aber lass ihn noch vier Jahre trainieren. So lange können wir sicher durchhalten. Nico wird sechzehn werden, wie es in der Weissagung heißt, und dann wird er den Entschluss treffen, der die Welt rettet. Und ich werde der König der Götter sein.«