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696 Den König Gunther ängstigte beiderseits die Noth; Doch fürchtet’ er am meisten Siegfriedens Tod. Wohl hätte sie dem Degen das Leben schier benommen: Dürft er nur, er wär ihm gern zu Hülfe gekommen.
697 Gar lange zwischen Beiden dauerte der Streit; Da bracht er an das Bette zuletzt zurück die Maid: Wie sehr sie sich auch wehrte, die Wehr ward endlich schwach. Gunther in seinen Sorgen hieng mancherlei Gedanken nach.
698 Es währte lang dem König, bis Siegfried sie bezwang. Sie drückte seine Hände, daß aus den Nägeln sprung Das Blut von ihren Kräften; das war dem Helden leid. Da zwang er zu verläugnen diese herrliche Maid
699 Den ungestümen Willen, den sie erst dargethan. Alles vernahm der König, doch hört ers schweigend an. Er drückte sie ans Bette, daß sie aufschrie laut: Des starken Siegfrieds Kräfte schmerzten übel die Braut.
700 Da griff sie nach der Hüfte, wo sie die Borte fand, Und dacht’ ihn zu binden: doch wehrt’ es seine Hand, Daß ihr die Glieder krachten, dazu der ganze Leib. Da war der Streit zu Ende: da wurde sie Gunthers Weib.
701 Sie sprach: "Edler König, nimm mir das Leben nicht: Was ich dir that zu Leide, vergüt ich dir nach Pflicht. Ich wehre mich nicht wieder der edeln Minne dein: Ich hab es wohl erfahren, daß du magst Frauen Meister sein."
702 Aufstand da Siegfried, liegen blieb die Maid, Als dächt er abzuwerfen eben nur das Kleid. Er zog ihr vom Finger ein Ringlein von Gold, Daß es nicht gewahrte die edle Königin hold,
703 Auch nahm er ihren Gürtel, eine Borte gut. Ich weiß nicht, geschah es aus hohem Uebermuth. Er gab ihn seinem Weibe: das ward ihm später leid. Da lagen bei einander der König und die schöne Maid.
704 Er pflag der Frauen minniglich, wie es geziemend war: Scham und Zorn verschmerzen muste sie da gar. Von seinen Heimlichkeiten ihre lichte Farb erblich. Hei! wie von der Minne die große Kraft ihr entwich!
705 Da war auch sie nicht stärker als ein ander Weib. Minniglich umfieng er ihren schönen Leib; Wenn sie noch widerstände, was könnt es sie verfahn? Das hatt ihr Alles Gunther mit seinem Minnen gethan.
706 Wie minniglich der Degen da bei der Frauen lag In freundlicher Liebe bis an den lichten Tag! Inzwischen war Herr Siegfried längst schon hindann: Da ward er wohl empfangen von einer Frauen wohlgethan.
707 Er wich allen Fragen aus, die sie erdacht, Und hehlt’ ihr noch lang, was er mitgebracht, Bis er daheim das Kleinod ihr doch am Ende gab: Das brachte viel der Degen mit ihm selber ins Grab.
708 Dem Wirth am andern Morgen viel höher stand der Muth, Als am ersten Tage: da ward die Freude gut In allen seinen Landen bei manchem edeln Mann. Die er zu Hof geladen, denen ward viel Dienst gethan.
709 Vierzehn Tage währte diese Lustbarkeit, Daß sich der Schall nicht legte in so langer Zeit Von aller Lust und Kurzweil, die man erdenken mag. Wohl verwandte hohe Kosten der König bei dem Hofgelag.
710 Des edeln Wirthes Freunde, wie es der Herr gewollt, Verschenkten ihm zu Ehren Kleider und rothes Gold, Silber auch und Rosse an manchen fremden Mann. Die gerne Gaben nahmen, die schieden fröhlich hindann.
711 Auch der kühne Siegfried aus dem Niederland Mit seinen tausend Mannen all das Gewand, Das sie gebracht zum Rheine, ward ganz dahin gegeben, Schöne Ross’ und Sätteclass="underline" sie wusten herrlich zu leben.
712 Bevor die reiche Gabe noch alle war verwandt, Schon daucht es die zu lange, die wollten in ihr Land. Nie sah man ein Gesinde mehr so wohl verpflegen. So endete die Hochzeit: da schied von dannen mancher Degen.

Abenteuer 11

Wie Siegfried mit seinem Weibe heimkehrte

713 Als die Gäste waren gefahren all davon, Da sprach zu dem Gesinde König Siegmunds Sohn: "Wir wollen auch uns rüsten zur Fahrt in unser Land." Lieb ward es seinem Weibe, als ihr die Märe ward bekannt.
714 Sie sprach zu ihrem Manne: "Wann sollen wir nun fahren? So sehr damit zu eilen will ich mich bewahren: Erst sollen mit mir theilen meine Brüder dieses Land." Leid war es Siegfrieden, als ers an Kriemhilden fand.
715 Die Fürsten giengen zu ihm und sprachen alle drei: "Wißt nun, Herr Siegfried, daß euch immer sei Unser Dienst mit Treue bereit bis in den Tod." Er neigte sich den Herren, da mans so wohl ihm erbot.
716 "Wir wolln auch mit euch theilen," sprach Geiselher das Kind, "Das Land und die Burgen, die unser eigen sind, Und was der weiten Reiche uns ist unterthan; Ihr empfangt mit Kriemhild euer volles Theil daran."
717 Der Sohn König Siegmunds sprach zu den Fürsten da, Als er den guten Willen der Herren hört und sah: "Gott laß euch euer Erbe gesegnet immer sein Und auch die Leute drinnen: es mag die liebe Fraue mein
718 "Des Theils wohl entrathen, den ihr ihr wolltet geben: Wo sie soll Krone tragen, mögen wirs erleben, Da muß sie reicher werden, als wer ist auf der Welt. Was ihr sonst gebietet, ich bin euch dienstlich gesellt."
719 Da sprach aber Kriemhild: "Wenn ihr mein Land verschmäht, Um die Burgundendegen es so gering nicht fleht; Die mag ein König gerne führen in sein Land: Wohl soll sie mit mir theilen meiner lieben Brüder Hand."
720 Da sprach König Gernot: "Nimm, die du willst, mit dir. Die gerne mit dir reiten, du findest Viele hier. Von dreißighundert Recken nimm dir tausend Mann Zu deinem Hausgesinde." Kriemhild zu senden begann
721 Nach Hagen von Tronje und nach Ortwein, Ob sie und ihre Freunde Kriemhildens wollten sein. Da gewann darüber Hagen ein zorniges Leben: Er sprach: "Uns kann Gunther in der Welt an Niemand vergeben.