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748 Das trug sie im Herzen in großer Heimlichkeit; Daß sie ihr fremde blieben, das war der Frauen leid. Daß man ihr nicht zinste von des Fürsten Land, Woher das wohl käme, das hätte sie gern erkannt.
749 Sie versucht’ es bei dem König, ob es nicht geschehn Möchte, daß sie Kriemhild noch sollte wiedersehn. Sie vertraut’ ihm heimlich, worauf ihr sann der Muth; Da dauchte den König der Frauen Rede nicht gut.
750 "Wie könnten wir sie bringen," sprach der König hehr, "Her zu diesem Lande? das fügt sich nimmermehr. Sie wohnen uns zu ferne: ich darf sie nicht drum bitten." Da gab ihm Brunhild Antwort mit gar hochfährtgen Sitten:
751 "Und wäre noch so mächtig eines Königs Mann, Was ihm sein Herr gebietet, das muß doch sein gethan." Lächeln muste Gunther ihrer Rede da: Er nahm es nicht als Dienst an, wenn er Siegfrieden sah.
752 Sie sprach: "Lieber Herre, bei der Liebe mein, Hilf mir, daß Siegfried und die Schwester dein Zu diesem Lande kommen und wir sie hier ersehn: So könnte mir auf Erden nimmer lieber geschehn.
753 "Deiner Schwester Güte, ihr wohlgezogner Muth, Wenn ich daran gedenke, wie wohl mirs immer thut; Wie wir beisammen saßen, als ich dir ward vermählt! Sie hat sich mit Ehren den kühnen Siegfried erwählt."
754 Da bat sie ihn so lange, bis der König sprach: "Nun wißt, daß ich Gäste nicht lieber sehen mag. Ihr mögt mich leicht erbitten: ich will die Boten mein Zu ihnen beiden senden, daß sie kommen an den Rhein."
755 Da sprach die Königstochter: "So sollt ihr mir sagen, Wann ihr sie wollt besenden, oder zu welchen Tagen Die lieben Freunde sollen kommen in dieß Land; Die ihr dahin wollt senden, die macht zuvor mir bekannt."
756 "Das will ich," sprach der König: "dreißig aus meinem Lehn Laß ich zu ihnen reiten." Die hieß er vor sich gehn: Durch sie entbot er Märe in Siegfriedens Land. Da beschenkte sie Frau Brunhild mit manchem reichen Gewand.
757 Der König sprach: "Ihr Recken sollt von mir sagen Und nichts von dem verschweigen, was ich euch aufgetragen, Siegfried dem starken und der Schwester mein, Ihnen dürf auf Erden nimmer Jemand holder sein.
758 "Und bittet, daß sie beide uns kommen an den Rhein: Dafür will ich und Brunhild ihnen stäts gewogen sein. Vor dieser Sonnenwende soll er hier Manchen sehn, Er und seine Mannen, die ihm Ehre laßen geschehn.
759 "Vermeldet auch dem König Siegmund die Dienste mein, Daß ich und meine Freunde ihm stäts gewogen sein. Und bittet meine Schwester, daß sie’s nicht unterläßt Und zu den Freunden reitet: nie ziemt’ ihr so ein Freudenfest."
760 Brunhild und Ute und was man Frauen fand, Die entboten ihre Dienste in Siegfriedens Land Den minniglichen Frauen und manchem kühnen Mann. Nach Wunsch des Königs hoben sich bald die Boten hindann.
761 Sie standen reisefertig; ihr Ross und ihr Gewand War ihnen angekommen: da räumten sie das Land. Sie eilten zu dem Ziele, dahin sie wollten fahren. Der König hieß die Boten durch Geleite wohl bewahren.
762 Innerhalb zwölf Tagen kamen sie in das Land, Zu Nibelungens Veste, wohin man sie gesandt, In der Mark zu Norweg fanden sie den Degen: Ross und Leute waren müde von den langen Wegen.
763 Siegfried und Kriemhilden war eilends hinterbracht, Daß Ritter kommen waren, die trügen solche Tracht, Wie bei den Burgunden man trug der Sitte nach. Sie sprang von einem Bette, darauf die Ruhende lag.
764 Zu einem Fenster ließ sie eins ihrer Mägdlein gehn; Die sah den kühnen Gere auf dem Hofe stehn, Ihn und die Gefährten, die man dahin gesandt. Ihr Herzeleid zu stillen, wie liebe Kunde sie fand!
765 Sie sprach zu dem Könige: "Seht ihr, wie sie stehn, Die mit dem starken Gere auf dem Hofe gehn, Die uns mein Bruder Gunther nieder schickt den Rhein." Da sprach der starke Siegfried: "Die sollen uns willkommen sein."
766 All ihr Ingesinde lief hin, wo man sie sah. Jeder an seinem Theile gütlich sprach er da Das Beste, was er konnte, zu den Boten hehr. Ihres Kommens freute der König Siegmund sich sehr.
767 Herbergen ließ man Geren und Die ihm unterthan Und ihrer Rosse warten. Die Boten brachte man Dahin, wo Herr Siegfried bei Kriemhilden saß. Sie sahn den Boten gerne sicherlich ohne allen Haß.
768 Der Wirth mit seinem Weibe erhob sich gleich zur Hand. Wohl ward empfangen Gere aus Burgundenland Mit seinen Fahrtgenossen in König Gunthers Lehn. Den Markgrafen Gere bat man nicht länger zu stehn.
769 "Erlaubt uns die Botschaft, eh wir uns setzen gehn; Uns wegemüde Gäste, laßt uns so lange stehn, So melden wir die Märe, die euch zu wißen thut Gunther mit Brunhilden: es geht ihnen beiden gut.
770 "Und was euch Frau Ute, eure Mutter, her entbot, Geiselher der junge und auch Herr Gernot Und eure nächsten Freunde: die haben uns gesandt Und entbieten euch viele Dienste aus der Burgunden Land."
771 "Lohn ihnen Gott," sprach Siegfried; "ich versah zu ihnen wohl Mich aller Lieb und Treue, wie man zu Freunden soll. So thut auch ihre Schwester; ihr sollt uns ferner sagen, Ob unsre lieben Freunde hohen Muth daheim noch tragen.
772 "Hat ihnen, seit wir schieden, Jemand ein Leid gethan Meiner Fraue Brüdern? Das saget mir an. Ich wollt es ihnen immer mit Treue helfen tragen, Bis ihre Widersacher meine Dienste müsten beklagen."
773 Antwort gab der Markgraf Gere, ein Ritter gut: "Sie sind in allen Züchten mit Freuden wohlgemuth. Sie laden euch zum Rheine zu einer Lustbarkeit Sie sähn euch gar gerne, daß ihr des außer Zweifel seid.
774 "Sie bitten meine Fraue auch mit euch zu kommen. Wenn nun der Winter ein Ende hat genommen, Vor dieser Sonnenwende da möchten sie euch sehn." Da sprach der starke Siegfried: "Das könnte schwerlich geschehn."