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1121 "Fahrt auch mit uns zur Heimat um euer Kindelein: Das sollt ihr eine Waise, Frau, nicht laßen sein. Ist euer Sohn erwachen, er tröstet euch den Muth. Derweil soll euch dienen mancher Degen kühn und gut."
1122 Sie sprach: "Mein Herr Siegmund, ich kann nicht mit euch gehn. Ich muß hier verbleiben, was halt mir mag geschehn, Bei meinen Anverwandten, die mir helfen klagen." Da wollten diese Mären den guten Recken nicht behagen.
1123 Sie sprachen einhellig: "So möchten wir gestehn, Es sei in dieser Stunde uns erst ein Leid geschehn. Wollt ihr hier im Lande bei unsern Feinden sein, So könnte Helden niemals eine Hoffahrt übler gedeihn."
1124 "Ihr sollt ohne Sorge Gott befohlen fahren: Ich schaff euch gut Geleite und heiß euch wohl bewahren Bis zu euerm Lande; mein liebes Kindelein Das soll euch guten Recken auf Gnade befohlen sein."
1125 Als sie das recht vernahmen, sie wolle nicht hindann, Da huben Siegfrieds Mannen all zu weinen an. Mit welchem Herzensjammer nahm da Siegmund Urlaub von Kriemhilden! Da ward ihm Unfreude kund.
1126 "Weh dieses Hofgelages!" sprach der König hehr. "Einem König und den Seinen geschieht wohl nimmermehr Einer Kurzweil willen, was uns hier ist geschehn: Man soll uns nimmer wieder hier bei den Burgunden sehn."
1127 Da sprachen laut die Degen in Siegfriedens Heer: "Wohl möchte noch die Reise geschehen hieher, Wenn wir den nur fanden, der uns den Herrn erschlug. Sie haben Todfeinde bei seinen Freunden genug."
1128 Er küsste Kriemhilden: kläglich sprach er da, Als er daheim zu bleiben sie so entschloßen sah: "Wir reiten arm an Freuden nun heim in unser Land! All mein Kummer ist mir erst jetzo bekannt."
1129 Sie ritten ungeleitet von Worms an den Rhein: Sie mochten wohl des Muthes in ihrem Sinne sein, Wenn sie in Feindschaft würden angerannt, Daß sich schon wehren solle der kühnen Niblungen Hand.
1130 Sie erbaten Urlaub von Niemanden sich. Da sah man Geiselheren und Gernot minniglich Zu dem König kommen; ihnen war sein Schade leid: Das ließen ihn wohl schauen die kühnen Helden allbereit.
1131 Da sprach wohlgezogen der kühne Gernot: "Wohl weiß es Gott im Himmel, an Siegfriedens Tod Bin ich ganz unschuldig: ich hört auch niemals sagen, Wer ihm Feind hier wäre: ich muß ihn billig beklagen."
1132 Da gab ihm gut Geleite Geiselher das Kind. Er bracht ohne Sorgen, die sonst bei Leide sind, Den König und die Recken heim nach Niederland. Wie wenig der Verwandten man dort fröhlich wiederfand!
1133 Wie’s ihnen nun ergangen ist, weiß ich nicht zu sagen. Man hörte hier Kriemhilden zu allen Zeiten klagen, Daß ihr Niemand tröstete das Herz noch den Muth Als ihr Bruder Geiselher: der war getreu und auch gut.
1134 Brunhild die schöne des Uebermuthes pflag: Wie viel Kriemhild weinte, was fragte sie darnach! Sie war zu Lieb und Treue ihr nimmermehr bereit; Bald schuf auch ihr Frau Kriemhild wohl so ungefüges Leid.

Abenteuer 19

Wie der Nibelungenhort nach Worms kam

1135 Als die edle Kriemhild so verwitwet ward, Blieb bei ihr im Lande der Markgraf Eckewart Zurück mit seinen Mannen, wie ihm die Treu gebot. Er diente seiner Frauen willig bis an seinen Tod.
1136 Zu Worms am Münster wies man ihr ein Gezimmer an, Weit und geräumig, reich und wohlgethan, Wo mit dem Gesinde die Freudenlose saß. Sie gieng zur Kirche gerne, mit großer Andacht that sie das.
1137 Wo ihr Freund begraben lag, wie fleißig gieng sie Sie that es alle Tage mit trauerndem Sinn Und bat seiner Seele Gott den Herrn zu pflegen: Gar oft bejammert wurde mit großer Treue der Degen.
1138 Ute und ihr Gesinde sprachen ihr immer zu, Und doch im wunden Herzen fand sie so wenig Ruh, Es konnte nicht verfangen der Trost, den man ihr bot. Sie hatte nach dem Freunde die allergrößeste Noth,
1139 Die nach liebem Manne je ein Weib gewann: Ihre große Treue ersah man wohl daran. Sie klagt’ ihn bis zu Ende, da sie zu sterben kam. Bald rächte sie gewaltig mit großer Treue den Gram.
1140 Sie saß in ihrem Leide, das ist alles wahr, Nach ihres Mannes Tode bis in das vierte Jahr Und hatte nie zu Gunthern gesprochen einen Laut Und auch Hagen ihren Feind in all der Zeit nicht erschaut.
1141 Da sprach von Tronje Hagen: "Könnte das geschehn, Daß ihr euch die Schwester gewogen möchtet sehn, So käm zu diesem Lande der Nibelungen Gold: Des mögt ihr viel gewinnen, wird uns die Königin hold."
1142 "Wir wollen es versuchen," sprach der König hehr. "Es sollen für uns bitten Gernot und Geiselher, Bis sie es erlangen, daß sie das gerne sieht." "Ich glaube nicht," sprach Hagen, "daß es jemals geschieht."
1143 Da befahl er Ortweinen hin an Hof zu gehn Und dem Markgrafen Gere: als das war geschehn, Brachte man auch Gernot und Geiselhern das Kind: Da versuchten bei Kriemhilden sie es freundlich und gelind.
1144 Da sprach von Burgunden der kühne Gernot: "Frau, ihr klagt zu lange um Siegfriedens Tod. Der König will euch zeigen, er hab ihn nicht erschlagen: Man hört zu allen Zeiten euch so heftig um ihn klagen."
1145 Sie sprach: "Des zeiht ihn Niemand, ihn schlug Hagens Hand. Wo er verwundbar wäre, macht ich ihm bekannt. Wie konnt ich michs versehen, er trüg ihm Haß im Sinn! Sonst hätt ichs wohl vermieden," sprach die edle Königin,
1146 "Daß ich verraten hätte seinen schönen Leib: So ließ’ ich nun mein Weinen, ich unselig Weib! Hold werd ich ihnen nimmer, die das an ihm gethan!" Zu flehn begann da Geiselher, dieser waidliche Mann.