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929 Da sprach von Tronje Hagen: "So näht auf sein Gewand Mir ein kleines Zeichen mit eigener Hand, Wo ich ihn schirmen müße, mag ich daran verstehn." Sie wähnt’ ihn so zu fristen; auf seinen Tod wars abgesehn.
930 Sie sprach: "Mit feiner Seide näh ich auf sein Gewand Insgeheim ein Kreuzchen: da soll, Held, deine Hand Mir den Mann behüten, wenns ins Gedränge geht, Und er vor seinen Feinden in den starken Stürmen steht."
931 "Das thu ich," sprach da Hagen, "viel liebe Herrin mein." Wohl wähnte da die Gute, sein Frommen sollt es sein: Da war hiemit verrathen der Kriemhilde Mann. Urtaub nahm da Hagen: da gieng er fröhlich hindann.
932 Was er erfahren hatte, bat ihn sein Herr zu sagen. "Mögt ihr die Reise wenden, so laßt uns reiten jagen. Ich weiß nun wohl die Kunde, wie ich ihn tödten soll. Wollt ihr die Jagd bestellen?" "Das thu ich," sprach der König, "wohl."
933 Der Dienstmann des Königs war froh und wohlgemuth. Gewiss, daß solche Bosheit kein Recke wieder thut Bis zum jüngsten Tage, als da von ihm geschah, Da sich seiner Treue die schöne Königin versah.
934 Früh des andern Morgens mit wohl tausend Mann Ritt Siegfried der Degen mit frohem Muth hindann: Er wähnt’, er solle rächen seiner Freunde Leid. So nah ritt ihm Hagen, daß er beschaute sein Kleid.
935 Als er ersah das Zeichen, da schickt’ er ungesehn, Andre Mär zu bringen, zwei aus seinem Lehn: In Frieden sollte bleiben König Gunthers Land; Es habe sie Herr Lüdeger zu dem König gesandt.
936 Wie ungerne Siegfried abließ vom Streit, Eh er gerochen hatte seiner Freunde Leid! Kaum hielten ihn zurücke Die Gunthern unterthan. Da ritt er zu dem König, der ihm zu danken begann:
937 "Nun lohn euch Gott, Freund Siegfried, den willigen Sinn, Daß ihr so gerne thatet, was mir vonnöthen schien: Das will ich euch vergelten, wie ich billig soll. Vor allen meinen Freunden vertrau ich euch immer wohl.
938 "Da wir uns der Heerfahrt so entledigt sehn, So laßt uns nun Bären und Schweine jagen gehn Nach dem Odenwalde, wie ich oft gethan." Gerathen hatte Hagen das, dieser ungetreue Mann.
939 "Allen meinen Gästen soll man das nun sagen, Ich denke früh zu reiten: die mit mir wollen jagen, Die laßt sich fertig halten; die aber hier bestehn, Kurzweilen mit den Frauen: so sei mir Liebes geschehn."
940 Mit herrlichen Sitten sprach da Siegfried: "Wenn ihr jagen reitet, da will ich gerne mit. So sollt ihr mir leihen einen Jägersmann Mit etlichen Bracken: So reit ich mit euch in den Tann."
941 "Wollt ihr nur Einen?" frug Gunther zuhand; "Ich leih euch, wollt ihr, viere, denen wohl bekannt Der Wald ist und die Steige, wo viel Wildes ist, Daß ihr des Wegs unkundig nicht ledig wieder heimwärts müßt."
942 Da ritt zu seinem Weibe der Degen unverzagt. Derweil hatte Hagen dem König gesagt, Wie er verderben wolle den herrlichen Degen. So großer Untreue sollt ein Mann nimmer pflegen.
943 Als die Ungetreuen beschloßen seinen Tod, Da wusten sie es Alle. Geiselher und Gernot Wollten nicht mit jagen. Weiß nicht, aus welchem Groll Sie ihn nicht verwarnten; doch des entgalten sie voll.

Abenteuer 16

Wie Siegfried erschlagen ward

944 Gunther und Hagen, die Recken wohlgethan Gelobten mit Untreuen ein Birschen in den Tann. Mit ihren scharfen Spießen wollten sie jagen Schwein’ Und Bären und Wisende: was mochte Kühneres sein?
945 Da ritt auch mit ihnen Siegfried mit stolzem Sinn. Man bracht ihnen Speise aller Art dahin. An einem kühlen Brunnen ließ er da das Leben: Den Rath hatte Brunhild, König Gunthers Weib, gegeben.
946 Da gieng der kühne Degen hin, wo er Kriemhild fand. Schon war aufgeladen das edle Birschgewand Ihm und den Gefährten: sie wollten über Rhein. Da konnte Kriemhilden nicht leider zu Muthe sein.
947 Seine liebe Traute küsst’ er auf den Mund: "Gott laße mich dich, Liebe, noch wiedersehn gesund Und deine Augen mich auch; mit holden Freunden dein Kürze dir die Stunden: ich kann nun nicht bei dir sein."
948 Da gedachte sie der Märe, sie durft es ihm nicht sagen, Nach der sie Hagen fragte: da begann zu klagen Die edle Königstochter, daß ihr das Leben ward: Ohne Maßen weinte die wunderschöne Fraue zart.
949 Sie sprach zu dem Recken: "Laßt euer Jagen sein: Mir träumte heunt von Leide, wie euch zwei wilde Schwein Ueber die Haide jagten: da wurden Blumen roth. Daß ich so bitter weine, das thut mir armem Weibe Noth.
950 "Wohl muß ich fürchten Etlicher Verrath, Wenn man den und jenen vielleicht beleidigt hat, Die uns verfolgen könnten mit feindlichem Haß. Bleibt hier, lieber Herre, mit Treuen rath ich euch das."
951 Er sprach: "Liebe Traute, ich kehr in kurzer Zeit; Ich weiß nicht, daß hier Jemand mir Haß trüg oder Neid. Alle deine Freunde sind insgemein mir hold; Auch verdient’ ich von den Degen wohl nicht anderlei Sold."
952 "Ach nein, lieber Siegfried: wohl fürcht ich deinen Fall. Mir träumte heunt von Leide, wie über dir zu Thal Fielen zwei Berge, daß ich dich nie mehr sah: Und willst du von mir scheiden, das geht mir inniglich nah."
953 Er umfieng mit Armen das zuchtreiche Weib, Mit holden Küssen herzt’ er ihr den schönen Leib. Da nahm er Urlaub und schied in kurzer Stund: Sie ersah ihn leider darnach nicht wieder gesund.
954 Da ritten sie von dannen in einen tiefen Tann Der Kurzweile willen; manch kühner Rittersmann Ritt mit dem König; hinaus gesendet ward Auch viel der edeln Speise, die sie brauchten zu der Fahrt.
955 Manch Saumross zog beladen vor ihnen überrhein, Das den Jagdgesellen das Brot trug und den Wein, Das Fleisch mit den Fischen und Vorrath aller Art, Wie sie ein reicher König wohl haben mag auf der Fahrt.
956 Da ließ man herbergen bei dem Walde grün Vor des Wildes Wechsel die stolzen Jäger kühn, Wo sie da jagen wollten, auf breitem Angergrund. Auch Siegfried war gekommen: das ward dem Könige kund.
957 Von den Jagdgesellen ward umhergestellt Die Wart an allen Enden: da sprach der kühne Held, Siegfried der starke: "Wer soll uns in den Wald Nach dem Wilde weisen, ihr Degen kühn und wohlgestalt?"
958 "Wollen wir uns scheiden," hub da Hagen an, "Eh wir beginnen zu jagen hier im Tann: So mögen wir erkennen, ich und der Herre mein, Wer die besten Jäger bei dieser Waldreise sei’n.
959 "Leute so wie Hunde, wir theilen uns darein: Dann fährt, wohin ihm lüstet, Jeglicher allein" Und wer das Beste jagte, dem sagen wir den Dank." Da weilten die Jäger bei einander nicht mehr lang.
960 Da sprach der edle Siegfried: "Der Hunde hab ich Rath Bis auf einen Bracken, der so genoßen hat, Daß er die Fährte spüre der Thiere durch den Tann. Wir kommen wohl zum Jagen!" sprach der Kriemhilde Mann.
961 Da nahm ein alter Jäger einen Spürhund hinter sich Und brachte den Herren, eh lange Zeit verstrich, Wo sie viel Wildes fanden: was des erstöbert ward, Das erjagten die Gesellen, wie heut noch guter Jäger Art.
962 Was da der Brack ersprengte, das schlug mit seiner Hand Siegfried der kühne, der Held von Niederland. Sein Ross lief so geschwinde, daß ihm nicht viel entrann: Das Lob er bei dem Jagen vor ihnen allen gewann.
963 Er war in allen Dingen mannhaft genug. Das erste der Thiere, die er zu Tode schlug, War ein starker Büffel, den traf des Helden Hand: Nicht lang darauf der Degen einen grimmen Leuen fand.
964 Als den der Hund ersprengte, schoß er ihn mit dem Bogen Und dem scharfen Pfeile, den er darauf gezogen; Der Leu lief nach dem Schuße nur dreier Sprünge lang. Seine Jagdgesellen, die sagten Siegfrieden Dank.
965 Einen Wisend schlug er wieder darnach und einen Elk, Vier starker Auer nieder und einen grimmen Schelk, So schnell trug ihn die Mähre, daß ihm nichts entsprang: Hinden und Hirsche wurden viele sein Fang.
966 Einen großen Eber trieb der Spürhund auf. Als der flüchtig wurde, da kam in schnellem Lauf Alles Jagens Meister und nahm zum Ziel ihn gleich. Anlief das Schwein im Zorne diesen Helden tugendreich.
967 Da schlug es mit dem Schwerte der Kriemhilde Mann: Das hätt ein andrer Jäger nicht so leicht gethan. Als er nun gefällt lag, fieng man den Spürhund. Seine reiche Beute wurde den Burgunden allen kund.
968 Da sprachen seine Jäger: "Kann es füglich sein, So laßt uns, Herr Siegfried, des Wilds ein Theil gedeihn: Ihr wollt uns heute leeren den Berg und auch den Tann." Darob begann zu lächeln der Degen kühn und wohlgethan.
969 Da vernahm man allenthalben Lärmen und Getos. Von Leuten und von Hunden ward der Schall so groß, Man hörte widerhallen den Berg und auch den Tann. Vierundzwanzig Meuten hatten die Jäger losgethan.
970 Da wurde viel des Wildes vom grimmen Tod ereilt. Sie wähnten es zu fügen, daß ihnen zugetheilt Der Preis des Jagens würde: das konnte nicht geschehn, Als bei der Feuerstätte der starke Siegfried ward gesehn.
971 Die Jagd war zu Ende, doch nicht so ganz und gar, Zu der Feuerstelle brachte der Jäger Schar Häute mancher Thiere und des Wilds genug. Hei! was des zur Küche des Königs Ingesinde trug!
972 Da ließ der König künden den Jägern wohlgeborn, Daß er zum Imbiß wolle; da wurde laut ins Horn Einmal gestoßen: so machten sie bekannt, Daß man den edeln Fürsten nun bei den Herbergen fand.
973 Da sprach ein Jäger Siegfrieds: "Mit eines Hornes Schall Ward uns kund gegeben, Herr, daß wir nun all Zur Herberge sollen: erwiedre ichs, das behagt." Da ward nach den Gesellen mit Blasen lange gefragt.
974 Da sprach der edle Siegfried: "Nun räumen wir den Wald." Sein Ross trug ihn eben; die Andern folgten bald. Sie ersprengten mit dem Schalle ein Waldthier fürchterlich, Einen wilden Bären; da sprach der Degen hinter sich:
975 "Ich schaff uns Jagdgesellen eine Kurzweil. Da seh ich einen Bären: den Bracken löst vom Seil. Zu den Herbergen soll mit uns der Bär: Er kann uns nicht entrinnen, und flöh er auch noch so sehr."
976 Da lös’ten sie den Bracken: der Bär sprang hindann. Da wollt ihn erreiten der Kriemhilde Mann. Er kam in eine Bergschlucht: da konnt er ihm nicht bei: Das starke Thier wähnte von den Jägern schon sich frei.
977 Da sprang von seinem Rosse der stolze Ritter gut Und begann ihm nachzulaufen. Das Thier war ohne Hut, ES konnt ihm nicht entrinnen: er fieng es allzuhand; Ohn es zu verwunden, der Degen eilig es band.
978 Kratzen oder beißen konnt es nicht den Mann. Er band es an den Sattel; auf saß der Schnelle dann Und bracht es an die Feuerstatt in seinem hohen Muth Zu einer Kurzweile, dieser Degen kühn und gut.
979 Er ritt zur Herberge in welcher Herrlichkeit! Sein Sper war gewaltig, stark dazu und breit; Eine schmucke Waffe hieng ihm herab bis auf den Sporn; Von rothem Golde führte der Held ein herrliches Horn.
980 Von beßerm Birschgewande hört ich niemals sagen. Einen Rock von schwarzem Zeuge sah man ihn tragen Und einen Hut von Zobel, der reich war genug. Hei! was edler Borten an seinem Köcher er trug!
981 Ein Vlies von einem Panther war darauf gezogen Des Wohlgeruches wegen. Auch trug er einen Bogen: Mit einer Winde must ihn ziehen an, Wer ihn spannen wollte, er hätt es selbst denn gethan.
982 Von fremden Tierhäuten war all sein Gewand, Das man von Kopf zu Füßen bunt überhangen fand. Aus dem lichten Rauchwerk zu beiden Seiten hold An dem kühnen Jägermeister schien manche Flitter von Gold.
983 Auch führt’ er Balmungen, das breite schmucke Schwert: Das war solcher Schärfe, nichts blieb unversehrt, Wenn man es schlug auf Helme: seine Schneiden waren gut. Der herrliche Jäger trug gar hoch seinen Muth.
984 Wenn ich euch der Märe ganz bescheiden soll, So war sein edler Köcher guter Pfeile voll, Mit goldenen Röhren, die Eisen händebreit. Was er traf mit Schießen, dem war das Ende nicht weit.
985 Da ritt der edle Ritter stattlich aus dem Tann. Gunthers Leute sahen, wie er ritt heran. Sie liefen ihm entgegen und hielten ihm das Ross: Da trug er an dem Sattel einen Bären stark und groß.
986 Als er vom Ross gestiegen, löst’ er ihm das Band Vom Mund und von den Füßen: die Hunde gleich zur Hand Begannen laut zu heulen, als sie den Bären sahn. Das Thier zu Walde wollte: das erschreckte manchen Mann.
987 Der Bär durch die Küche von dem Lärm gerieth: Hei! was er Küchenknechte da vom Feuer schied! Gestürzt ward mancher Keßel, verschleudert mancher Brand; Hei! was man guter Speisen in der Asche liegen fand!
988 Da sprang von den Sitzen Herr und Knecht zumal. Der Bär begann zu zürnen; der König gleich befahl Der Hunde Schar zu lösen, die an den Seilen lag; Und war es Wohl geendet, sie hätten fröhlichen Tag.
989 Mit Bogen und mit Spießen, man säumte sich nicht mehr, Liefen hin die Schnellen, wo da gieng der Bär; Doch wollte Niemand schießen, von Hunden wars zu voll. So laut war das Getöse, daß rings der Bergwald erscholl.
990 Der Bär begann zu fliehen vor der Hunde Zahl; Ihm konnte Niemand folgen als Kriemhilds Gemahl. Er erlief ihn mit dem Schwerte, zu Tod er ihn da schlug. Wieder zu dem Feuer das Gesind den Bären trug.
991 Da sprachen, die es sahen, er wär ein starker Mann. Die stolzen Jagdgesellen rief man zu Tisch heran. Auf schönem Anger saßen der Helden da genug. Hei! was man Ritterspeise vor die stolzen Jäger trug!
992 Die Schenken waren säumig, sie brachten nicht den Wein; So gut bewirthet mochten sonst Helden nimmer sein. Wären manche drunter nicht so falsch dabei, So wären wohl die Degen aller Schanden los und frei.
993 Des wurde da nicht inne der verrathne kühne Mann, Daß man solche Tücke wider sein Leben spann. Er war in höfschen Züchten alles Truges bar; Seines Todes must entgelten, dem es nie ein Frommen war.
994 Da sprach der edle Siegfried: "Mich verwundert sehr, Man trägt uns aus der Küche doch so viel daher, Was bringen uns die Schenken nicht dazu den Wein? Pflegt man so der Jäger, will ich nicht Jagdgeselle sein.
995 "Ich möcht es doch verdienen, bedächte man mich gut." Von seinem Tisch der König sprach mit falschem Muth: "Wir büßen euch ein andermal, was heut uns muß entgehn; Die Schuld liegt an Hagen, der will uns verdursten sehn."