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1061 Sie wusten nicht, wen sollten sie im Streit bestehn, Wenn es nicht Gunther wäre und Die in seinem Lehn, Die zur Jagd mit Siegfried geritten jenen Tag. Kriemhild sah sie gewaffnet: das schuf ihr großes Ungemach.
1062 Wie stark auch ihr Jammer, wie groß war ihre Noth, Sie besorgte doch so heftig der Nibelungen Tod Von ihrer Brüder Mannen, daß sie dawider sprach: Sie warnte sie in Liebe, wie immer Freund mit Freunden pflag.
1063 Da sprach die Jammerreiche: "Herr König Siegmund, Was wollt ihr beginnen? Euch ist wohl nicht kund, Es hat der König Gunther so manchen kühnen Mann: Ihr wollt euch all verderben, greift ihr solche Recken an."
1064 Mit auferhobnen Schilden that ihnen Streiten Noth. Die edle Königstochter bat und gebot, Daß es meiden sollten die Recken allbereit. Daß sie’s nicht laßen wollten, das war ein grimmiges Leid.
1065 Sie sprach: "Herr König Siegmund, steht damit noch an, Bis es sich beßer fügte: so will ich meinen Mann Euch immer rächen helfen. Der mir ihn hat benommen, Wird es mir bewiesen, es muß ihm noch zu Schaden kommen.
1066 "Es sind der Uebermüthigen hier am Rhein so viel, Daß ich euch zum Streite jetzt nicht rathen wilclass="underline" Sie haben wider Einen immer dreißig Mann; Laß ihnen Gott gelingen, wie sie uns haben gethan.
1067 "Bleibt hier im Hause und tragt mit mir das Leid, Bis es beginnt zu tagen, ihr Helden allbereit: Dann helft ihr mir besargen meinen lieben Mann." Da sprachen die Degen: "Liebe Frau, das sei gethan."
1068 Es könnt euch des Wunders ein Ende Niemand sagen, Die Ritter und die Frauen, wie man sie hörte klagen, Bis man des Wehrufs ward in der Stadt gewahr. Die edeln Bürger kamen daher in eilender Schar.
1069 Sie klagten mit den Gästen: sie schmerzte der Verlust. Was Siegfried verschulde, war ihnen unbewust, Weshalb der edle Recke Leben ließ und Leib. Da weinte mit den Frauen manchen guten Bürgers Weib.
1070 Schmiede hieß man eilen und würken einen Sarg Von Silber und von Golde, mächtig und stark, Und ließ ihn wohl beschlagen mit Stahl, der war gut. Da war allen Leuten das Herz beschwert und der Muth.
1071 Die Nacht war vergangen: man sagt’, es wolle tagen. Da ließ die edle Königin hin zum Münster tragen Diesen edeln Todten, ihren lieben Mann. Mit ihr giengen weinend, was sie der Freunde gewann.
1072 Da sie zum Münster kamen, wie manche Glocke klang! Allenthalben hörte man der Pfaffen Sang. Da kam der König Gunther hinzu mit seinem Lehn Und auch der grimme Hagen; es wäre klüger nicht geschehn.
1073 Er sprach: "Liebe Schwester, o weh des Leides dein; Daß wir nicht ledig mochten so großen Schadens sein! Wir müßen immer klagen um Siegfriedens Tod." "Daran thut ihr Unrecht," sprach die Frau in Jammersnoth.
1074 "Wenn euch das betrübte, so wär es nicht geschehn. Ihr hattet mein vergeßen, das muß ich wohl gestehn, Als ich so geschieden ward von meinem lieben Mann. Wollte Gott vom Himmel, mir selber war es gethan."
1075 Sie hielten sich am Läugnen. Da hub Kriemhild an: "Wer unschuldig sein will, leicht ist es dargethan, Er darf nur zu der Bahre hier vor dem Volke gehn: Da mag man gleich zur Stelle sich der Wahrheit versehn."
1076 Das ist ein großes Wunder, wie es noch oft geschieht, Wenn man den Mordbefleckten bei dem Todten sieht, So bluten ihm die Wunden, wie es auch hier geschah; Daher man nun der Unthat sich zu Hagen versah.
1077 Die Wunden floßen wieder so stark als je vorher. Die erst schon heftig klagten, die weinten nun noch mehr. Da sprach König Gunther: "Nun hört die Wahrheit an: Ihn erschlugen Schächer; Hagen hat es nicht gethan."
1078 Sie sprach: "Diese Schächer sind mir wohl bekannt: Nun laß es Gott noch rächen von seiner Freunde Hand! Gunther und Hagen, ja ihr habt es gethan." Da wollten wieder streiten Die Siegfrieden unterthan.
1079 Da sprach aber Kriemhild: "Ertragt mit mir die Noth." Da kamen auch die Beiden, wo sie ihn fanden todt, Gernot ihr Bruder und Geiselher das Kind. Sie beklagten ihn in Treuen; ihre Augen wurden thränenblind.
1080 Sie weinten von Herzen um Kriemhildens Mann. Man wollte Messe singen: zum Münster heran Sah man allenthalben Frauen und Männer ziehn, Die ihn doch leicht verschmerzten, weinten alle jetzt um ihn.
1081 Geiselher und Gernot sprachen: "Schwester mein, Nun tröste dich des Todes, es muß wohl also sein. Wir wollen dirs ersetzen, so lange wir leben." Da wust ihr auf Erden Niemand doch Trost zu geben.
1082 Sein Sarg war geschmiedet wohl um den hohen Tag; Man hob ihn von der Bahre, darauf der Todte lag. Da wollt ihn noch die Königin nicht laßen begraben: Es musten alle Leute große Mühsal erst haben.
1083 In kostbare Zeuge man den Todten wand. Gewiss daß man da Niemand ohne Weinen fand. Aus ganzem Herzen klagte Ute das edle Weib Und all ihr Ingesinde um Siegfrieds herrlichen Leib.
1084 Als die Leute hörten, daß man im Münster sang Und ihn besargt hatte, da hob sich großer Drang: Um seiner Seele willen was man da Opfer trug! Er hatte bei den Feinden doch guter Freunde genug.
1085 Kriemhild die arme zu den Kämmerlingen sprach: "Ihr sollt mir zu Liebe leiden Ungemach: Die ihm Gutes gönnen und mir blieben hold, Um Siegfriedens Seele verteilt an diese sein Gold."
1086 Da war kein Kind so kleine, mocht es Verstand nur haben, Das nicht zum Opfer gienge, eh er ward begraben. Wohl an hundert Messen man des Tages sang. Von Siegfriedens Freunden hob sich da mächtiger Drang.
1087 Als die gesungen waren, verlief die Menge sich. Da sprach wieder Kriemhild: "Nicht einsam sollt ihr mich Heunt bewachen laßen den auserwählten Degen: Es ist an seinem Leibe all meine Freude gelegen.
1088 "Drei Tag und drei Nächte will ich verwachen dran, Bis ich mich ersättige an meinem lieben Mann. Vielleicht daß Gott gebietet, daß mich auch nimmt der Tod: So wäre wohl beendet der armen Kriemhilde Noth."
1089 Zur Herberge giengen die Leute von der Stadt. Die Pfaffen und die Mönche sie zu verweilen bat Und all sein Ingesinde, das sein billig pflag. Sie hatten üble Nächte und gar mühselgen Tag.
1090 Ohne Trank und Speise verblieb da mancher Mann. Wers nicht gern entbehrte, dem ward kund gethan, Man gab ihm gern die Fülle: das schuf Herr Siegmund. Da ward den Nibelungen viel Noth und Beschwerde kund.
1091 In diesen dreien Tagen, so hörten wir sagen, Muste mit Kriemhilden viel Mühsal ertragen, Wer da singen konnte. Was man auch Opfer trug! Die eben arm gewesen, die wurden nun reich genug.
1092 Was man fand der Armen, die es nicht mochten haben, Die ließ sie mit dem Golde bringen Opfergaben Aus seiner eignen Kammer: er durfte nicht mehr leben, Da ward um seine Seele manches Tausend Mark gegeben.
1093 Güter und Gefälle vertheilte sie im Land, So viel man der Klöster und guter Leute fand. Silber gab man und Gewand den Armen auch genug. Sie ließ es wohl erkennen, wie holde Liebe sie ihm trug.
1094 An dem dritten Morgen zur rechten Messezeit Sah man bei dem Münster den ganzen Kirchhof weit Von der Landleute Weinen also volclass="underline" Sie dienten ihm im Tode, wie man lieben Freunden soll.
1095 In diesen vier Tagen, so hört ich immerdar, Wol an dreißigtausend Mark oder mehr noch gar Ward um seine Seele den Armen hingegeben, Indes war gar zerronnen seine große Schöne wie sein Leben.
1096 Als vom Gottesdienste verhallt war der Gesang, Mit ungefügem Leide des Volkes Menge rang. Man ließ ihn aus dem Münster zu dem Grabe tragen. Da hörte man auch anders nichts als Weinen und Klagen.
1097 Das Volk mit lautem Wehruf schloß im Zug sich an: Froh war da Niemand, weder Weib noch Mann. Eh er bestattet wurde, las und sang man da: Hei! was man guter Pfaffen bei seiner Bestattung sah!
1098 Bevor da zu dem Grabe kam das getreue Weib, Rang sie mit solchem Jammer um Siegfriedens Leib, Daß man sie mit Wasser vom Brunnen oft begoß: Ihres Herzens Kummer war über die Maßen groß.
1099 Es war ein großes Wunder, daß sie zu Kräften kam. Es halfen ihr mit Klagen viel Frauen lobesam. "Ihr, meines Siegfrieds Mannen," sprach die Königin, "Erweist mir eine Gnade aus erbarmendem Sinn.
1100 "Laßt mir nach meinem Leide die kleinste Gunst geschehn", Daß ich sein schönes Angesicht noch einmal dürfe sehn," Da bat sie im Jammer so lang und so stark, Daß man zerbrechen muste den schön geschmiedeten Sarg.
1101 Hin brachte man die Königin, wo sie ihn liegen fand. Sein schönes Haupt erhob sie mit ihrer weißen Hand Und küsste so den Todten, den edeln Ritter gut: Ihre lichten Augen vor Leide weinten sie Blut.
1102 Ein jammervolles Scheiden sah man da geschehn. Man trug sie von dannen, sie vermochte nicht zu gehn. Da lag ohne Sinne das herrliche Weib: Vor Leid wollt ersterben ihr viel wonniglicher Leib.
1103 Als der edle Degen also begraben war, Sah man in großem Leide die Helden immerdar, Die ihn begleitet hatten aus Nibelungenland: Fröhlich gar selten man da Siegmunden fand.
1104 Wohl Mancher war darunter, der drei Tage lang Vor dem großen Leide weder aß noch trank; Da konnten sie’s nicht länger dem Leib entziehen mehr: Sie genasen von den Schmerzen, wie noch Mancher wohl seither.
1105 Kriemhild der Sinne ledig in Ohnmächten lag Den Tag und den Abend bis an den andern Tag. Was Jemand sprechen mochte, es ward ihr gar nicht kund. Es lag in gleichen Nöthen auch der König Siegmund.
1106 Kaum daß ihn zur Besinnung zu bringen noch gelang. Seine Kräfte waren von starkem Leide krank: Das war wohl kein Wunder. Die in seiner Pflicht Sprachen: "Laßt uns heimziehn: es duldet uns hier länger nicht."

Abenteuer 18

Wie Siegmund heimkehrte und Kriemhild daheim blieb

1107 Der Schwäher Kriemhildens gieng hin, wo er sie fand. Er sprach zu der Königin: "Laßt uns in unser Land: Wir sind unliebe Gäste, wähn ich, hier am Rhein. Kriemhild, liebe Fraue, nun folgt uns zu dem Lande mein.
1108 "Daß man in diesen Landen uns so verwaiset hat Eures edeln Mannes durch böslichen Verrath, Ihr sollt es nicht entgelten: hold will ich euch sein Aus Liebe meines Sohnes und des edeln Kindes sein.
1109 "Ihr sollt auch, Frau, gebieten mit all der Gewalt, Die Siegfried euch verstattete, der Degen wohlgestalt. Das Land und auch die Krone soll euch zu Diensten stehn. Euch sollen gern gehorchen Die in Siegfriedens Lehn."
1110 Da sagte man den Knechten: "Wir reiten heim vor Nacht." Da sah man nach den Rossen eine schnelle Jagd: Bei den verhaßten Feinden zu leben war ein Leid. Den Frauen und den Maiden suchte man ihr Reisekleid.
1111 Als König Siegmund gerne weggeritten wär, Da bat ihre Mutter Kriemhilden sehr, Sie sollte bei den Freunden im Lande doch bestehn. Da sprach die Freudenarme: "Das könnte schwerlich geschehn.
1112 "Wie vermocht ichs, mit den Augen den immer anzusehn, Von dem mir armen Weibe so leid ist geschehn?" Da sprach der junge Geiselher: "Liebe Schwester mein, Du sollst bei deiner Treue hier mit deiner Mutter sein.
1113 "Die dir das Herz beschwerten und trübten dir den Muth, Du bedarfst nicht ihrer Dienste, du zehrst von meinem Gut." Sie sprach zu dem Recken: "Wie könnte das geschehn? Vor Leide müst ich sterben, wenn ich Hagen sollte sehn."
1114 "Dessen überheb ich dich, viel liebe Schwester mein. Du sollst bei deinem Bruder Geiselher hier sein; Ich will dir wohl vergüten deines Mannes Tod." Da sprach die Freudenlose: "Das wäre Kriemhilden Noth."
1115 Als es ihr der Junge so gütlich erbot, Da begannen auch zu flehen Ute und Gernot Und ihre treuen Freunde, sie möchte da bestehn: Sie hätte wenig Sippen unter Siegfriedens Lehn.
1116 "Sie sind euch alle fremde," sprach da Gernot. "Wie stark auch einer gelte, so rafft ihn doch der Tod. Bedenkt das, liebe Schwester, und tröstet euern Muth: Bleibt hier bei euern Freunden, es geräth euch wahrlich gut."
1117 Da gelobte sie dem Bruder, im Lande zu bestehn. Man zog herbei die Rosse Denen in Siegmunds Lehn, Als sie reiten wollten gen Nibelungenland; Da war auch aufgeladen der Recken Zeug und Gewand.
1118 Da gieng König Siegmund vor Kriemhilden stehn Und sprach zu der Frauen: "Die in Siegfrieds Lehn Warten bei den Rossen: reiten wir denn hin, Da ich gar so ungern hier bei den Burgunden bin."
1119 Frau Kriemhild sprach: "Mir rathen hier die Freunde mein, Die besten, die ich habe, bei ihnen soll’ ich sein. Ich habe keinen Blutsfreund in Nibelungenland." Leid war es Siegmunden, da er dieß an Kriemhild fand.
1120 Da sprach König Siegmund: "Das laßt euch Niemand sagen: Vor allen meinen Freunden sollt ihr die Krone tragen Nach rechter Königswürde, wie ihr vordem gethan: Ihr sollt es nicht entgelten, daß ihr verloren habt den Mann.
1121 "Fahrt auch mit uns zur Heimat um euer Kindelein: Das sollt ihr eine Waise, Frau, nicht laßen sein. Ist euer Sohn erwachen, er tröstet euch den Muth. Derweil soll euch dienen mancher Degen kühn und gut."
1122 Sie sprach: "Mein Herr Siegmund, ich kann nicht mit euch gehn. Ich muß hier verbleiben, was halt mir mag geschehn, Bei meinen Anverwandten, die mir helfen klagen." Da wollten diese Mären den guten Recken nicht behagen.
1123 Sie sprachen einhellig: "So möchten wir gestehn, Es sei in dieser Stunde uns erst ein Leid geschehn. Wollt ihr hier im Lande bei unsern Feinden sein, So könnte Helden niemals eine Hoffahrt übler gedeihn."
1124 "Ihr sollt ohne Sorge Gott befohlen fahren: Ich schaff euch gut Geleite und heiß euch wohl bewahren Bis zu euerm Lande; mein liebes Kindelein Das soll euch guten Recken auf Gnade befohlen sein."
1125 Als sie das recht vernahmen, sie wolle nicht hindann, Da huben Siegfrieds Mannen all zu weinen an. Mit welchem Herzensjammer nahm da Siegmund Urlaub von Kriemhilden! Da ward ihm Unfreude kund.
1126 "Weh dieses Hofgelages!" sprach der König hehr. "Einem König und den Seinen geschieht wohl nimmermehr Einer Kurzweil willen, was uns hier ist geschehn: Man soll uns nimmer wieder hier bei den Burgunden sehn."