Выбрать главу

»Was habt Ihr da gesagt, Nick?« brüllte er.

»Sie wollen uns dort nicht auftreten lassen.«

»Nicht auftreten lassen! In Lord Westfields eigener Grafschaft? Wo der Name unseres Schirmherren jeden Einfluß hat? Und die wollen uns tatsächlich nicht auftreten lassen? Ich werde denen beibringen, was leiden heißt, das schwöre ich Euch!«

»Vor uns war eine andere Theatergruppe dort, Master.«

»Mit unserem Stück! Ohne jede Bedenken gestohlen!«

»Sie wollten ›Liebe und Narretei‹ einfach nicht mehr sehen«, sagte Nicholas. »Sie wollen überhaupt nichts von uns aufgeführt haben. Sie haben sich bereits sattgesehen.«

»Dann werde ich dafür sorgen, daß sie alles wieder ausspeien!« wütete Firethorn. »Bei den Göttern! Ich sorge dafür, daß sich ihnen der Magen umdreht, diesen ungezogenen Wilden, diesen hundsgemeinen, lausigen, heruntergekommenen Sklaventypen, diesen stinkfaulen, undankbaren Primitiven, die stinkenden, verrotteten Kadaver von Leuten, die aus diesem gottvergessenen Loch von einem Dorf hervorkriechen! Haltet mich von ihnen fern, Nick, oder ich schlage sie mit meinem Schwert in tausend Stücke und hänge sie an einen Strick, damit die Krähen sich daran sattfressen können.«

Lawrence Firethorn riß sein Schwert aus der Scheide und hieb auf einen Busch ein, um Dampf abzulassen. Der Rest der Gruppe sah voller Angst zu. Nicholas war eine Meile südlich von Ware mit ihnen zusammengetroffen, um ihnen die schlechten Nachrichten zu überbringen. Wie vorherzusehen gewesen war, hatte der Erste Schauspieler einen Wutanfall bekommen. Als er den Busch in ein armseliges Häufchen Zweige und Blätter verwandelt hatte, fürchteten sie um den Bestand der gesamten Vegetation dieser Gegend. Er war bewaffnet und gefährlich.

Es war Edmund Hoode, der ihn wieder beruhigte.

»Der arme Busch ist nicht der Feind, Lawrence.«

»Bleibt, wo Ihr seid, Sir!«

»Steckt Euer Schwert in die Scheide und hört auf die Vernunft.«

»Vernunft? Wen interessiert denn schon Vernunft?«

»Wir alle sind die Verlierer bei dieser Sache.«

»Allerdings sind wir das«, sagte Barnaby Gill hochnäsig von seinem Sattel herab. »›Liebe und Narretei‹ wäre mein Triumph geworden. Jedesmal, wenn ich den Rigormortis spiele, versetze ich mein Publikum in unbändiges Gelächter.«

»Das liegt nur an diesen komischen Reithosen«, feixte Firethorn.

»Mein Erfolg liegt nicht in meiner Hose.«

»Was wir alle nur bestätigen können!«

Das Gelächter der anderen trug dazu bei, die Spannung zu mildern. Gill stotterte ohnmächtig vor sich hin, riß sein Pferd herum und ritt davon. Hoode nahm Firethorns Schwert und schob es wieder in die Scheide.

Nicholas Bracewell nannte das Problem beim Namen.

»Wie konnten sie nur an das Stück kommen?«

»Es ist Euch heimlich gestohlen worden«, sagte Firethorn.

»Das ist unmöglich, Master. Die Textbücher all unserer Stücke befinden sich abgeschlossen in einer Kiste, die ich vor jedermann gut verstecke. Niemand darf sich ihr nähern, am allerwenigsten unsere Rivalen. ›Liebe und Narretei‹ ist nicht gestohlen worden.«

»Sie haben es auf irgendeine Weise bekommen«, sagte Hoode grimmig. »Und wenn das bei einem Stück passieren kann, dann kann es auch bei anderen Stücken passieren. Wer kann mir die Sicherheit meiner eigenen Stücke garantieren?«

»Darauf gibt es nur eine Antwort«, sagte Nicholas.

»Rache!« verkündete Firethorn.

»Erst, wenn wir die Wahrheit herausgefunden haben, Master.«

»Die Wahrheit kennen wir bereits, Nick. Das ist das Werk von Banbury's Men, diesem Verein widerlicher Tausendfüßler, die sich eine Theatergruppe nennen. Die denken, sie hätten unsere Kanonen verstopft, doch wir werden ihnen eine solche Breitseite verpassen, daß es sie zurück nach London schleudert.«

»Aber wie konnte es überhaupt passieren?« fragte Nicholas.

»Richtig, das ist eine gute Frage«, stimmte Hoode zu.

»Für mich nicht«, rief Firethorn und nahm mit zum Himmel gereckter Faust eine heroische Pose ein. »Nur eines hilft uns hier - schnelle und blutige Rache.

Wenn diese livrierten Läuse, die dem Earl von Banbury gehören, glauben, sie könnten sich mit Westfield's Men anlegen, dann bitte! Die Folgen haben sie sich selbst zuzuschreiben.«

Mehrere Minuten lang zeterte er stilvoll weiter. Banbury's Men waren ihre Erzrivalen, eine talentierte Gruppe, die sich anstrengte, es ihnen gleichzutun, aber immer wieder scheiterte. Unter der Führung des fähigen Giles Randolph hatten sie alles versucht, um den Ruf von Westfield's Men zu ruinieren, es jedoch niemals richtig geschafft. In London hätten sie so etwas niemals gewagt, doch die Anonymität der Provinz bot ihnen einen Schild, hinter dem sie sich verstecken konnten. Banbury's Men hatten den ersten schweren Schlag ausgeteilt.

Es war Firethorns erklärte Absicht, den letzten Schlag zu führen.

»Wir müssen ihnen mit größtem Tempo auf den Fersen bleiben, Gentlemen. Sie dürfen keine Sekunde Ruhe finden. Banbury's Men haben bewiesen, wie tief sie in den Morast des Eigennutzes versinken können. In unserem Beruf können solch ehrlose Typen nicht geduldet werden. Wir müssen sie ein für allemal vernichten.« Das Schwert fuhr schon wieder aus der Scheide und zischte durch die Luft. »Auf in den Kampf, meine Männer! Laßt uns um unser Leben und um unseren guten Namen kämpfen!«

Mit geübter Hand jagte er sein Schwert ein kleines Stück in den Boden, so daß die Waffe mit bedeutungsschwerer Geste hin und her wippte. Sie standen noch da und starrten die zitternde Waffe an, als er seine letzten, entscheidenden Worte ausstieß.

»Gentlemen - dies ist Krieg!«

*

Giles Randolph lehnte sich in seinem hölzernen Sessel in einer Ecke des Schankraums zurück und spielte mit seinem Weinglas. Er war groß, schlank und dunkel und machte einen mediterranen Eindruck, der ihn von anderen Männern unterschied und für den weiblichen Teil des Publikums unwiderstehlich machte. Irgendwie hatte er etwas Satanisches an sich, das erregte. Randolph war der anerkannte Star der Gruppe Banbury's Men, ein fähiger Geschäftsmann und ein hervorragender Schauspieler. Fest im Bann der typischen Eitelkeit seines Berufes, konnte er es einfach nicht akzeptieren, daß irgend jemand stolzer als er über eine Bühne schritt oder jemand das Letzte aus einer Rolle überzeugender als er herausholen konnte. Seine Fehde mit Lawrence Firethorn ging deshalb wesentlich tiefer als simple berufliche Rivalität. Es war eine Vendetta, die noch zusätzlich dadurch eingeheizt und vertieft wurde, daß der Earl of Banbury und Lord Westfield verbissene Feinde waren. Durch die Vernichtung seines Rivalen konnte Giles Randolph sich bei seinem Schirmherrn beliebt machen.

Zufrieden lächelte er seinem Begleiter zu.

»Wir sind gut vorwärts gekommen.«

»Banbury's Men liegen in jeder Beziehung vorne.«

»Und das muß auch so bleiben. Ich kann diese erschöpfenden Tourneen nicht ausstehen, aber zumindest können wir ein bißchen Spaß für unsere Mühe haben.«

»Inzwischen dürften sie Ware erreicht haben.«

»Und dort auf kalte Ablehnung gestoßen sein.«

Randolph nahm einen Schluck Wein und spielte weiter mit dem Glas. Wie es einem führenden Schauspieler zustand, war er entsprechend protzig ausstaffiert, mit einem Wams aus blauem Satin mit feinster Goldstickerei auf der Vorderseite und einer grünen Hose. Sein Hut war bis dicht über das eine Auge gezogen, was ihm einen verschwörerischen Anstrich verlieh, und die Straußenfeder zitterte, wenn er sprach.

»Firethorn muß bis in Mark getroffen sein.«

»Wir haben jetzt schon genug Blut vergossen.«                       

»Ich möchte ihm die Glieder einzeln abhacken«, sagte Randolph mit plötzlicher Wut. »Ich will, daß seine Eingeweide über die ganze Bühne fliegen. Wenn er es wagt, gegen meine Macht anzutreten, werde ich ihn ein für allemal fertigmachen.«