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»Und was sollen Westfield's Men machen, während Ihr Euren Prozeß anstrengt? Sollen wir hier einfach warten?«

»Macht Euch nicht lustig über mich, Edmund.«

»Dann manövriert Euch nicht in eine solche Lage, Lawrence.«

»Die sollten in Eisen gelegt werden, jeder einzelne von ihnen.«

»Und wie sollten sie dann die Straßen reparieren, wenn sie gefesselt sind?«

Sie konnten weiterziehen. Einige der angestellten Mitarbeiter mußten zu Fuß gehen, und zwar ein Stück hinter dem Karren, um den größten Schmutz zu vermeiden. Als sie die Grenze nach Huntingdonshire überschritten, erreichten sie den schlimmsten Abschnitt der gesamten Great North Road. Hier, wo sie eine Ecke der Grafschaft Fen umging, hatte sie mehr Verkehr zu bewältigen als irgendwo sonst auf der Strecke, natürlich mit Ausnahme der direkten Zufahrten nach London; die Straße befand sich in fürchterlichem Zustand. Hier mußten sie ganz besonders vorsichtig fahren, ihr Vorwärtskommen war denn auch entsprechend langsam. Sie waren erleichtert, als Huntingdon schließlich in Sicht kam.

Richard Honeydew sprudelte Fragen hervor.

»Seid Ihr schon früher einmal in dieser Stadt gewesen, Master Bracewell?«

»Ein- oder zweimal, Junge.«

»Was ist das für eine Stadt?«

»Es gibt zwei bemerkenswerte Dinge hier, Dick.«

»Was könnte das sein?«

»Eine Gemeindewiese und einen Galgen.«

»Bekommen wir einen Gehenkten zu sehen, Sir?«

»Viele, wenn es nach Master Firethorn ginge.«

»Werden sie uns hier auftreten lassen?«

»Da bin ich ganz sicher.«

Doch die Zusicherung des Regisseurs war etwas zu optimistisch. Als sie an der Kirche St. Bennet vorbei zur Stadthalle rollten, war von einer offiziellen Begrüßung nichts zu bemerken. Banbury's Men hatten die Stadt bereits erobert, und zwar mit einer Vorstellung von »Doppelte Täuschung«.

Das war ein weiteres Stück, das sie Westfield's Men gestohlen hatten. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Ein Mitglied des Stadtrates war soeben erst von Lincolnshire zurückgekehrt. Er berichtete ihnen, Banbury's Men hätten dort »Eheglück und Mißvergnügen« aufgeführt - natürlich auch ein Stück aus dem Repertoire ihrer Rivalen - und ferner »Pompeius der Große«, vor einem begeisterten Publikum, zu dem auch er gehört habe. Als er anfing, Giles Randolphs Darstellung der Titelrolle in den Himmel zu loben, mußte man Firethorn mit Gewalt festhalten, damit er dem Mann nicht an die Gurgel fahren konnte.

Mit Schaum vor dem Mund wurde der Erste Schauspieler ins nächste Gasthaus geschleppt, wo man ihn mit Wein abfüllte, um seinen Zustand zu bessern. Barnaby Gill, Edmund Hoode und Nicholas Bracewell begleiteten ihn. Firethorn brannte auf Rache.

»Beim Himmel, dafür schlitze ich ihm die Kehle durch!«

»Dafür müssen wir ihn zuerst einmal finden«, erinnerte Nicholas.

»Mir meine Rolle in meinem Stück vor meinem Publikum zu klauen! Ha! Der Mann hat den Instinkt eines Schakals und das Talent eines dreibeinigen Esels.«

Gill konnte es nicht lassen, seinem Stolz einen Stoß zu versetzen.

»Der Mann sprach gut über Master Randolph.«

»Ein Stinktier in Menschengestalt!«

»Trotzdem hat er den Tag mit ›Pompeius‹ gewonnen.«

»Mein Pompeius! Mein, mein, mein Pompeius!«

»Meiner auch«, sagte Hoode seelenvoll. »Viel Arbeit und Mühe ist in dieses Werk eingeflossen. Es schmerzt mich, zu hören, daß Banbury's Men es kostenlos aufführen konnten.«

Nicholas hatte Mitgefühl mit dem Autor. Keinerlei Gesetz schützte sein Werk. Sobald er bei Ablieferung eine einmalige Zahlung von fünf Pfund erhalten hatte, ging das Eigentum von ihm auf Westfield's Men über. Er hatte nur wenig Einfluß auf die Bühnendarstellung und noch weniger auf die Besetzung. Der einzige Trost war nur, daß er eine maßgeschneiderte Rolle für sich selbst geschrieben hatte, die eines eifrigen jungen Tribunen.

»Wer wohl den Sicinius gespielt hat?« überlegte er.

»Was hier einzig und allein zählt, ist die Frage, wer den Pompeius gespielt hat!« heulte Firethorn, der mit der Faust auf den Tisch trommelte, daß die Weingläser hin und her hüpften. »Randolph müßte wegen dieser Unverschämtheit am nächsten Baum aufgeknüpft werden!«

»Wie sind Banbury's Men an das Stück gekommen?« fragte Gill.

»Ich weiß, wie«, sagte Nicholas.

»Redet schon, Sir!«

»Sie haben unsere eigenen Spieler gegen uns eingesetzt.«

»Ungeheuerlich!« schrie Firethorn.

»Es gibt nur ein einziges komplettes Manuskript von jedem Stück«, erklärte Nicholas, »und das bewache ich persönlich sehr aufmerksam. Aber während der Proben oder Aufführungen kann ich es nicht schützen. Wenn ein paar unserer Mitarbeiter unter sich ein Stück auswendig lernen, können sie den Kern der Handlung mit Hilfe eines Schreibers zu Papier bringen. Und es sind genau diese Kernstücke, von denen Giles Randolph gezehrt hat.«

»Wer sind diese Hunde, Nick?«

»Wie viele sind es?« wollte Gill wissen.

»Ich weiß weder ihre Namen noch ihre Anzahl«, gab der Regisseur zu. »Aber ich habe mir einmal die Liste aller Mitarbeiter dieses einen Jahres angesehen. Mehrere sind im Zorn von uns gegangen, mit viel Grund, uns zu schädigen. Wenn nur genügend Geld in genügend viele Taschen fließt, drehen die ihr Mäntelchen nach dem Wind und helfen Banbury's Men.« 

»Jawohl«, sagte Firethorn, »und bekommen durch Bestechung einen Platz in dieser widerlichen Gruppe. Wenn wir sie aber einholen, werden wir herausfinden, wer das Ungeziefer ist.«

»Die sind viel zu weit voraus«, wandte Nicholas ein, »und wenn wir weiterhin Städte besuchen, in denen sie schon gewesen sind, machen wir uns nur noch mehr Ärger. Verwahrt Euren Zorn, Master Firethorn, bis die richtige Gelegenheit kommt. Wir müssen unsere Route ändern und neue Ziele suchen.«                       

»Der Ratschlag ist sehr vernünftig«, sagte Hoode. »Wohin sollten wir gehen, Nick?«

»Nach Nottingham. Wir bleiben noch eine Weile auf dieser Straße, dann ziehen wir nordwestlich durch Oakham und Melton Mowbray. Vielleicht haben diese Städte ein wenig Interesse an guter Unterhaltung.«

Firethorn und Hoode äußerten ihre Zustimmung. Gill war als einziger nicht einverstanden und wies darauf hin, daß die kleineren Straßen in noch schlechterem Zustand seien als die, auf der sie jetzt reisten; außerdem mußte er seine üblichen Einwände gegen jeden Vorschlag bringen, der vom Regisseur stammte. Doch er wurde von den anderen überstimmt und wandte sich pikiert seinem Getränk zu.

Firethorn, immer noch blutdürstig, akzeptierte die Tatsache, daß er noch warten mußte, bis er das Blut von Banbury's Men literweise vergießen konnte. Nicholas' Vorschlag gefiel ihm immer besser. Ihr neues Ziel verlangte nach seiner persönlichen Wahl eines Stückes.

»Nottingham, Sirs! Dort werden wir ›Robin Hood‹ aufführen!«

Damit war alles entschieden.

*

Die Weiterleitung der Angelegenheit an eine höhere Autorität, das wußte Miles Melhuish, war eine richtige Entscheidung. Nicht nur, weil er sich dadurch von einem Problem befreite, das ihm erhebliche persönliche Ängste verursachte, sondern auch, weil er es an einen Mann weitergab, der es mit Entschiedenheit und Tempo lösen konnte. Der Dekan war in ganz Nottingham gefürchtet. Ein einziger Blick von der Kanzel vermochte eine Versammlung zum Schweigen zu bringen, eine einzige Andeutung seines Unwillens brachte auch den überzeugtesten Abtrünnigen zurück in den Kreis der Gläubigen. Er war wesentlich älter als Melhuish und besaß mehr Nachdruck, mehr Weisheit, mehr Überzeugung und mehr Fähigkeit. Außerdem hatte er mehr Sinn für die Freuden der Maßregelung, für die von der Macht der Kirche gedeckte Vernichtung eines jeden Opponenten. Er würde Mistress Eleanor Budden schon von ihren Wahnvorstellungen befreien. Fünf Minuten mit dem Dekan würden dafür sorgen, daß sie auf der Stelle nach Hause lief und in ihr Schlafzimmer, um mit ihrem Ehemann in Gottes Namen zu vögeln und die Mißachtung seiner heiligsten ehelichen Rechte wieder gutzumachen.