Выбрать главу

»Ho, hallo da, Sirs!«

»Hey! Hey! Hey!«

»Euch hat uns das Schicksal in die Hände gespielt.«

»Runter von den Pferden!«

Vier Straßenräuber in alten Lumpen sprangen so plötzlich aus ihrem Versteck, daß die beiden Reiter vollkommen überrumpelt wurden. Zwei der Räuber hatten Schwerter, der dritte einen Dolch und der vierte eine hölzerne Keule, die gefährlicher war als alle anderen Waffen. Dem jungen Mann gelang es nicht einmal mehr, seinen Degen zu ziehen. Von dem Gebrüll und dem plötzlichen Überfall völlig verwirrt, stieg sein Pferd so heftig in die Hinterhand, daß er wie vom Blitz getroffen aus dem Sattel fiel. Hilflos fiel er hinterrücks vom Pferd und landete unglücklich auf dem Nacken. Man hörte ein ekelhaftes Knacken, der Körper wurde schlaff. Das war ein Tod von größter Einfachheit.                       

Die anderen wandten ihre Aufmerksamkeit Quilley zu.

»Verschwindet, ihr Mörder!« schrie er.

»Ruhig, Sir, wir möchten mit Euch sprechen.«

»Laßt meine Zügel los!«

Doch Quilleys schwächliche Bemühungen hatten keinen Erfolg. Er schlug und trat nach ihnen, brachte sie damit jedoch nur zum Lachen. Der größte der Raufbolde griff nach oben und riß ihn aus dem Sattel, als ob er im Garten Blumen pflückte. Oliver Quilley landete unsanft auf der Erde.

»Dafür werden sie euch einzeln aufhängen!«

Er versuchte aufzustehen, doch sie wurden seiner überdrüssig. Ein Schlag mit der Keule hinter sein Ohr schickte ihn bewußtlos zu Boden. Zufrieden mit ihrer heutigen Arbeit, suchten die Räuber ihre Siebensachen zusammen. Schon bald galoppierten sie davon.

Quilley war lange bewußtlos, doch irgendwann brachte der Regen ihn wieder zu sich. Das erste, was er sah, war die Leiche des jungen Mannes, den er zu seinem Schutz bezahlt hatte. Der Anblick brachte ihn zum Erbrechen. Dann erinnerte er sich an etwas und betastete die Vorderseite seines Wamses. Vor Erleichterung weinend, knöpfte er die Jacke auf und zog eine große Lederhülle hervor, die er aus Sicherheitsgründen darunter trug. Sie hatten sein Pferd, seine Satteltaschen und seinen Geldbeutel gestohlen, doch das alles machte nichts. Die Lederhülle war noch da. 

Quilley öffnete sie vorsichtig, um ihren Inhalt zu prüfen. Mord und Überfall auf der Straße nach Nottingham. Er hatte noch Glück gehabt. Der Verlust seines Begleiters war wirklich ein Unglück, doch der junge Mann war entbehrlich. Der Verlust seiner Lederhülle wäre eine Katastrophe gewesen. Seine Kunst war in Sicherheit.

Er machte sich auf den langen Marsch ins nächste Dorf.

*

Der Regen peitschte erbarmungslos auf Westfield's Men ein. Er hatte sie in offenem Gelände erwischt, während sie im nördlichen Teil von Leicestershire unterwegs waren und es nicht verhindern konnten, bis auf die Haut naß zu werden. Nicholas Bracewells größte Sorge galt den Kostümen, er zog eine Plane über den großen Weidenkorb am hinteren Ende des Fuhrwerks, aber für seine Gefährten konnte er nichts tun. Die wurden immer nasser, jämmerlicher und von Selbstmitleid erfüllt. Zäher Schlamm verlangsamte ihr Fortkommen zu einem Kriechen. Heftige Windböen quälten Pferde und Menschen. Dieses Wetter war das bisher Schlimmste für sie und ließ sie trübselig an den Queen's Head und die Bequemlichkeiten Londons denken.

So plötzlich der Regen begonnen hatte, so plötzlich hörte er auch wieder auf. Die grauen Wolken bekamen helle Streifen, schließlich brach die Sonne durch und tauchte alles in ein helles Glitzern. Lawrence Firethorn ließ anhalten, damit sie sich ausruhen und ihre Kleider etwas trocknen konnten.

Wamse, Jacken, Hemden, Hosen und Mützen hingen wild durcheinander auf den Büschen. Halbnackte Männer rannten herum. Die Zugpferde wurden aus dem Geschirr genommen und durften grasen.

Nicholas behielt Christopher Millfield im Auge. Seit dem Vorfall nachts in Pomeroy Arms hatte der Regisseur sich gefragt, wohin der Schauspieler mitten in der Nacht wohl gegangen sein mochte. Es war unwahrscheinlich, daß es sich um ein Liebes-Rendezvous handelte, denn im Gasthaus gab es viele Mädchen, die ihn sich zum Ziel lockerer Blicke und lauten Lachens ausgesucht hatten. Er hatte mit ihnen allen herumgeschäkert, aber keiner den Vorzug gegeben. Sein nächtliches Verschwinden mußte einen anderen Grund haben, aber Nicholas wußte, daß er den niemals durch eine direkte Frage herausfinden würde. Millfield hatte immer ein flottes Lächeln und eine plausible Erklärung zur Hand.

Da es ihm unmöglich war, den Mann die ganze Zeit zu beobachten, bediente Nicholas sich eines Freundes, der allerdings keine Ahnung davon hatte, daß irgendwelche Informationen aus ihm herausgelockt wurden.

»Was hat er sonst noch gesagt, George?«

»Er erzählte von anderen Gruppen, bei denen er gearbeitet hat.«

»Ich glaube, er war bei den Admiral's Men.«

»Die London vor einem oder zwei Monaten verlassen haben, um in Arundel, Chichester, Rye und was weiß ich wo sonst noch zu spielen.«

»Sind sie da denn gut aufgenommen worden?«

»Sehr gut, Master Bracewell. Sie spielten in ein paar der besten Häuser der Grafschaft und waren immer gut beschäftigt. Denen ging es viel besser als uns armen Hunden.«

*

George Dart sah auch zu seinen besten Zeiten traurig aus. In dem nassen Hemd und der schmutzigen Hose wirkte er wirklich jämmerlich. Seine Freude darüber, zu der Tourneegruppe zu gehören, hatte sich inzwischen verflüchtigt und jammerndem Selbstmitleid Platz gemacht. Als Kleinstem der Hilfsbühnenarbeiter hatte man ihm stets den größten Teil der Arbeit aufgehalst, und die Tournee hatte seine ohnehin schon endlose Liste von Pflichten noch verlängert. Zusätzlich zu seinen Aufgaben bei Aufführungen war er Pferdebursche, Träger, Schneider und allgemeiner Prügelknabe. In Pomeroy Manor hatte man ihn gezwungen, mehrere stumme Rollen zu übernehmen. Er wurde nicht weniger als viermal umgebracht - in vier verschiedenen Kostümen und mit vier besonders unangenehmen Methoden -, jedesmal durch den ruchlosen Tarquinius. So viel Verantwortung lastete auf seinen schmalen Schultern, daß die Knie unter ihm fast einknickten.

Es kam ihm überhaupt nicht in den Sinn, daß er gerade einen weiteren Job bekam.

»Noch etwas, George.«

»Ja, Sir?«

»Hat er Gabriel Hawkes mal erwähnt?«

»Mehrmals, Master.«

»Was hat er über ihn gesagt?«

»Daß er der bessere Schauspieler von beiden sei.«

»So habe ich ihn allerdings nicht gesehen.«

»Ich auch nicht, aber ich hatte zuviel Angst, ihm das zu sagen.«

»Hat er Mitleid mit Gabriel Hawkes ausgedrückt?«

»Nein, Master.«

»Nicht mal einen Seufzer des Bedauerns?«

»Jedenfalls habe ich nichts davon gehört.«

»Danke«, sagte Nicholas freundlich. »Wenn er irgend etwas Interessantes sagt, laßt es mich sofort wissen.«

»Das werde ich, Master.«

Nachdem er nun so viele Fragen beantwortet hatte, fand er selber eine Frage. Sie war ihm schon seit Tagen im Kopf herumgegangen, und Nicholas war der einzige Mensch, der bereit war, ihm richtig zuzuhören. Darts Gesicht legte sich in Falten.

»Als wir London verließen…«

»Ja, George?«

»Als wir durch Bishopsgate kamen.«

»Ja, Sir.«

»Da war ein Kopf auf einer Pike.«

»Mehrere, wenn ich mich recht erinnere.«

»Ich meine den neuesten.«

»Ah ja. Das war Master Anthony Rickwood.«

»Was hat er getan?«

»Er hat sich gegen das Leben von Königing Elizabeth verschworen.«

»War er denn allein bei diesem Verbrechen?«

»Nein, Junge. Er war ein Teil einer katholischen Verschwörung.«