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»Hast du gute Betten in deinem Gasthof?«

»Bisher hat sich noch kein Mann darüber beklagt, Sir.«

»Dann werde ich mich auch nicht beklagen«, sagte Firethorn und nahm sie wieder in die Arme. »Haltet mich fest, Mistress Susan Becket. Auch wenn du den Namen einer Heiligen trägst, als Sünderin gefällst du mir noch viel besser.«

Ihr Lachen versetzte ihre gewaltigen Brüste in Bewegung.

Nicholas Bracewell arrangierte wie üblich die Schlafgelegenheiten. Die besten Zimmer gingen an die Anteilseigner, die Angestellten mußten sich das teilen, was übrigblieb. Weil der Gasthof nur klein war, mußten einige von ihnen draußen in einem Schuppen auf Stroh schlafen. Nicholas meldete sich freiwillig für diese Schlafgelegenheit, damit die vier Schauspielschüler das letzte Zimmer bekommen konnten. Alle vier wurden in das gleiche massive Bett gepackt. George Dart schlief am Fußende.

Im Schankraum beendete der Regisseur sein Abendessen mit Barnaby Gill und Edmund Hoode. Die Wirtin ergriff eine große Kerze und geleitete Lawrence Firethorn in sein Zimmer. Gill ließ ein sardonisches Seufzen hören.

»Die brennt ihm seine Kerze ab, bis er butterweich ist.«

»Die beiden sind alte Freunde, glaube ich«, sagte Hoode.

»Lawrence hat in jedem Wirtshaus in England Freunde«, sagte Gill. »Ich frage mich, warum sie eine ihrer Krankheiten nicht nach ihm benennen. Ich kenne ein Dutzend Flittchen, die sich ihre Dosis von Lawrence Firethorn haben verpassen lassen.«

»Er war bei den Damen schon immer gern gesehen«, sagte Nicholas diplomatisch.

»Damen!« höhnte Gill. »An denen ist nichts Damenhaftes, Master Bracewell. Es reicht ihm, wenn sie ihm einen guten Ritt liefern, und Mistress Becket wird ihm schon eine willige Stute sein. Mit der braucht er vermutlich nicht im Damensattel zu reiten, möchte ich wetten.«

»Hört doch auf mit der Lästerei, Barnaby«, sagte Hoode.

»Ich sage das nur in Gedanken an seine Frau.«

»Margery kennt den Mann, den sie geheiratet hat.«

»Den kennt auch die Hälfte aller Frauen von London.«

»Wir alle haben unsere Leidenschaften, Sir.«

»Aber nicht von dieser Sorte!« Gill erhob sich vom Tisch mit dem Gehabe eines eingeschnappten Lehrmeisters. »Einige von uns wissen zu unterscheiden, wo wahre Befriedigung auf uns wartet, und das ist nicht in den Armen irgendeiner Hure. Es gibt eine Liebe, die die der Frauen übertrifft.«

»Liebe zu sich selbst, Sir?« fragte Nicholas schlicht.

»Gute Nacht, meine Herren!«

Beleidigt stapfte Barnaby Gill aus dem Schankraum.

Richard Honeydew hatte Probleme, einzuschlafen, weil die anderen Lehrlinge so aufgekratzt waren. Sie rangelten miteinander, lachten, neckten sich und spielten sich Streiche, bis sie schließlich müde wurden. George Dart war überhaupt nicht in der Lage, sie unter Kontrolle zu halten, im Gegenteil, er war das Ziel ihrer Neckereien. Als sie endlich einschliefen, war es ein tiefer und geräuschvoller Schlaf. Dart schnarchte am lautesten von allen.

Keiner von ihnen fiel schneller in Schlaf als Richard Honeydew. Eingeklemmt in eine Ecke des Bettes, neben John Tallis, spürte er nichts von den Fußtritten seiner rastlosen Schlafgenossen am anderen Ende des Bettes. Er merkte auch nicht, wie sich die Tür öffnete. Zwei Gestalten betraten geräuschlos den Raum und blickten sich in der Dunkelheit um. Der eine hielt ein Schwert griffbereit, um jeden Angreifer abzuschlagen, der andere trug einen großen Sack. Als sie ihr Opfer erkannt hatten, stülpten sie ihm den Sack über den Kopf und preßten eine Hand auf seinen Mund. Rasch wurde der Junge aus dem Bett gezerrt, und genauso rasch verschwanden die Eindringlinge vom Ort des Geschehens.

Nicholas Bracewell lag zusammengerollt auf dem Stroh im Schuppen, als ihn jemand an der Schulter packte. Er war sofort wach und erkannte George Dart neben sich.

»Master Bracewell! Master Bracewell!«

»Was hast du, George?«

»Wir sind beraubt worden, Sir!«

»Was ist geraubt worden?« sagte Nicholas und setzte sich aufrecht.

»Ich hab' nicht das geringste Geräusch gehört. Auch die anderen nicht.«

»Geschah der Diebstahl in eurem Zimmer?«

»Ja, Master. Wir haben unser größtes Juwel verloren.«

»Was redest du da?«

»Dick Honeydew ist verschwunden.«

»Bist du ganz sicher?«

»Ohne jeden Zweifel.«

»Ist das etwa wieder ein Trick der anderen?«

»Die sind genauso entsetzt wie ich.«

»Wo könnte Dick stecken?«

»Ich kenne die Antwort, Sir.«

»Wirklich?«

»Die Zigeuner haben ihn entführt.«

*

Oliver Quilley saß ungeduldig auf seinem Stuhl, während der Doktor ihn verarztete. Sein Zusammenstoß mit den Straßenräubern hatte ihn geschunden und verletzt, und er hielt es für vernünftig, sich von einem Arzt zusammenflicken zu lassen, bevor er seine Reise fortsetzte. Der Arzt half ihm wieder in sein Wams und fragte dann nach seinem Honorar. Quilley hatte kein Geld mehr, um ihn zu bezahlen. Statt dessen griff er in seinen Lederbeutel und zog etwas hervor.

»Das ist zehnmal soviel wert wie Euer Lohn, Sir.«

»Was ist das, Master?«

»Das Werk eines Genies.«

Quilley öffnete seine Hand, in der eine exquisite Miniatur lag. Das Gesicht einer jungen Frau war mit so viel Geschick gemalt, daß es wie lebendig wirkte. Die Feinheiten, die auf der kleinen Fläche untergebracht waren, waren einfach erstaunlich.

»Das kann ich nicht annehmen, Sir.«

»Warum nicht? Ich könnte es für drei Pfund oder noch mehr verkaufen.«

»Dann tut das, Master Quilley, und zahlt mir dann das, was Ihr mir schuldet. Das wäre eine zu hohe Belohnung für mich, außerdem muß ich an meine Frau denken.«

»Eure Frau?«

»Frauen sind eifersüchtige Geschöpfe, ob sie nun Grund dafür haben oder nicht«, sagte der Arzt. »Wenn meine Frau herausfindet, daß ich ein so wertvolles Stück besitze, wird sie denken, ich liebte diese Dame mehr als sie, und wird sich entsprechend verhalten. Behaltet es, Sir. Ich will nicht mehr haben, als mir zusteht.«

»Ich werde es in Nottingham verkaufen und Euch Euren Lohn bringen.«

»Das hat keine Eile, Sir, außerdem braucht Ihr Ruhe.«

»Was für Ruhe?«

»Um Euch von Euren Verletzungen zu erholen.«

»Die sind nicht so wichtig.«

»Ein paar Tage im Bett würden Euch schon guttun.«

»Ich habe keine Zeit zu vergeuden«, sagte Quilley undeutlich. »Ich werde an anderer Stelle gebraucht. Es gibt Leute, die an dem Zauber meiner Kunst interessiert sind. Ich habe bereits viel Zeit verloren, weil ich dem Magistrat berichten mußte, was mir passiert ist, und weil ich bei dem Begräbnis meines Begleiters dabei sein mußte. Ich muß mich beeilen, denn ich werde bereits erwartet.«                       

»Wo, Master Quilley?«

»In York.«

*

Schlechtes Wetter, schlechte Straßen und hügeliges Gelände konnten einer Gruppe reisender Schauspieler durchaus ein langsames Tempo aufzwingen, doch es gab schnellere Methoden, Entfernungen zurückzulegen. Ein Reiter, der alle zwanzig oder dreißig Meilen auf Poststationen frische Pferde vorfand, konnte wirklich zügig vorankommen. Nachrichten aus London konnten innerhalb weniger Tage jeden Punkt des Königreiches erreichen. Dringlichkeit konnte jeden Weg verkürzen.

Sir Clarence Marmion erhielt die Nachricht zu Hause und ließ sofort sein Pferd satteln. Schon bald galoppierte er auf die Stadt zu. Ouse Bridge war die einzige Möglichkeit, in York den Fluß zu überqueren. Es war eine bucklige Holzbrücke mit sechs Bögen. Hufe donnerten darüber. Sir Clarence jagte an den etwa fünfzig Häusern bei der Brücke vorbei und zügelte sein Pferd erst, als er in den Hof des Jerusalem einbog. Ein Pferdeknecht stürzte heraus, um das Pferd zu halten, Sir Clarence stieg aus dem Sattel.