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»Und sein Freund in York?«

»Sir Clarence Marmion stand ebenfalls auf der Liste. Ich glaube, The Admiral's Men spielten dort, als die Pest letztesmal ausbrach. Aber es gibt noch andere Häuser, in denen wir freundlich aufgenommen werden, hier in dieser Grafschaft, aber auch direkt in Yorkshire.«

»Wir wollen Eure Liste noch ein wenig mehr ausprobieren.«

Gills Aufmerksamkeit wurde von einem Anblick abgelenkt, der ihn die Nase rümpfen ließ. Lawrence Firethorn brach in schallendes Gelächter aus und beugte sich vor, um der lustigen Susan Becket auf die Schulter zu klopfen. Ihre Heiterkeit trennte die beiden von den anderen Mitgliedern der Gruppe, die sich immer noch wegen der Entführung des Richard Honeydew Sorgen machten und darüber nachdachten, welche Auswirkungen dieser Verlust auf die Qualität ihrer Arbeit haben würde.

»Seht sie Euch an!« schnarrte Gill.

»Wie Turteltauben«, meinte Millfield tolerant.

»Wie Schweine im Trog, Sir! Wenn sie ihren eigenen Mist gefressen haben, wälzen sie sich zusammen im Schlamm, und er kitzelt die Titten der alten Sau.«

»Mistress Becket ist weder so billig noch so biestig.«

»Sie ist ein Monster. Wenn die auf der Bühne dargestellt werden müßte, dann brauchtet Ihr drei Jungen, die Ihr in ein Kleid stopft wie Hasen in einen Sack. Während Martin Yeo ihr seine Stimme gibt, müßte John Tallis die eine Hinterbacke und Stephen Judd die andere darstellen. Es ist nur schade, daß Dick Honeydew nicht hier ist, dann könnte er die Rolle ihrer linken Brust darstellen und das schwarze Schönheitspflaster tragen.«

»Schande über Euch, Master Gill!«

»Ich rede nur, wie ich auch fühle.«

»In ihrem Gasthaus haben wir gutes Essen und gute Unterkunft bekommen.«

»Das würde jedes Gasthaus tun, bei dem wir bezahlen.« 

»Mir gefällt die Lady.«

»Ich hielt Euch für einen Mann mit besserem Geschmack.«

Millfield blickte zu Firethorn und seiner Begleitung hinüber.

»Sie hält ihn bei bester Laune.«

»Das kann jede Frau.«

»Macht seine Frau keine Schwierigkeiten?«

»Hundert pro Minute, Sir, aber die ist drüben in Shoreditch, und er ist hier. Wenn Margery die Szene da eben vor unseren Augen gesehen hätte, würde sie ihm die Eier abreißen und als Ohrringe tragen, um alle anderen Frauen abzuschrecken. Leider ist sie nicht hier. Sie verteidigt sein Schloß in London.«

»Energisch?«

»Wie eine Armee bei der Belagerung. Mir tut jeder Mann leid, der versucht, ihre Trutzburg zu erobern, Master Millfield. Und wenn er den größten Rammbock der ganzen Christenheit hätte, der würde noch nicht reichen. Margery würde ihn in siedendem Öl braten.«

*

»Raus, Ihr Schuft! Hinweg mit Euch, Halunke, Ihr Heckendrücker, Ihr Abkömmling eines Bierkellners! Wagt es, Eure jämmerliche Rechnung vor mir herzuwinken, Zuhälter, Köterkopf, Rattenschwanz! Verschwindet, Sir! Haut ab und schnüffelt hinter einer anderen Beute her! Ihr habt jetzt schon die Pocken, das sehe ich Eurem Schafsgesicht doch an, eines Tages wird die Pest Euch noch erreichen, Rotznase, die Ihr seid!«

»Ich komme nur wegen meines Geldes, gute Frau.«

»Haltet Euren räudigen Schädel still, damit ich es Euch mit diesem Besen geben kann! Oder beugt Euch vor, damit ich Euch ein Stück von meinem Besenstiel da reinstecken kann, wo Ihr es am besten spürt, damit Ihr mich immer als saubere Hausfrau in Erinnerung behaltet.«

»Beruhigt Euch, Mistress Firethorn.«

»Nur, wenn Euer fettiges Gesicht von hier verschwindet!«

Der Schneider war ein kleiner, in Schweiß gebadeter, eingeschüchterter Mann, der es mit Margery Firethorn nicht aufnehmen konnte. Als er kam, um seine Rechnung einzukassieren, geriet er in den gleichen Sturm wie schon seine Vorgänger. Als er sich von der Schwelle des Hauses zurückzog, nahm er all seinen Mut zusammen und machte eine juristische Andeutung.

»Ich habe das Gesetz auf meiner Seite, Mistress.«

»Wenn Ihr noch länger hierbleibt, klebe ich Euch das Maul zu!«

»Zahlt jetzt, damit Euch Schlimmeres erspart bleibt.«

»Soll ich Euch die Birne mit dem Besen spalten?«

»Ich werde Euch wegen tätlichen Angriffs anzeigen.«

»Das kann Eure Witwe ja machen, denn Ihr lebt nicht mehr lange genug dafür.«                       

»Ich bin nicht verheiratet«, gestand er.

»Welche Frau würde euch denn auch nehmen?« keifte sie. »Das kann ich Euch am Gesicht ansehen, unverschämter Sklave! Ihr seid ein billiges Überbleibsel von einem Schneider, wie Hosen ohne Hosenlatz, ein Hahn auf dem Misthaufen, der keinen Grund zum Krähen hat und kein Huhn mehr einschüchtern kann. Haut ab, Ihr kastrierter Kater!«

»Schluß jetzt, Ihr Schreckschraube!«

»Dann verschwindet, bevor ich Euch mit der Schere etwas abschnippele.«

»Ihr gehört an den Schandpranger«, sagte er. »Da gehören die Hausdrachen dran.«

»Jaaaaaaaaa!«

Margery stürmte auf ihn los, den Besen zum Angriff erhoben, und er machte kehrt und rannte um sein Leben. Während er die Straße hinunterlief, schrie sie ihm weitere Beschimpfungen nach, um ihn noch etwas anzutreiben, dann ging sie ins Haus zurück. Der Schneider war der fünfte Gläubiger innerhalb der beiden letzten Tage, nach dem Tuchhändler, dem Hutmacher, einem Schuster und einem Goldschmied. Sie alle hielten ihr Rechnungen unter die Nase, die sie ganz einfach nicht bezahlen konnte, große Rechnungen, die Lawrence Firethorn gemacht hatte, in dem sicheren Wissen, London schon bald zu verlassen und vor seinen Gläubigern fliehen zu können. Margery aber stand in der vordersten Schußlinie. Fünf hatte sie in die Flucht geschlagen, aber sie wußte, daß die fünf in Begleitung des Gesetzes zurückkommen würden.

Weitere würden folgen. Ihr Gatte war äußerst extravagant. Kurz vor seiner Abreise hatte er an jeder Ecke in London Schulden gemacht.

Zitternd vor Zorn stürmte sie die Treppe hinauf ins Schlafzimmer und packte den Mantel. Das war die Antwort auf all ihre Probleme. Der Verkauf würde nicht nur ausreichen, um sämtliche Schulden zu bezahlen, es würde auch für Firethorn ein schwerer Schlag sein. Der zweitbeste Mantel war nicht nur ein einfaches Kleidungsstück. Es war eine wohlverdiente Belohnung für seine künstlerischen Leistungen, ein Zeichen der Anerkennung seines Schirmherren. Der Schauspieler hatte ihn mehrmals auf der Bühne getragen, der Mantel war zu einer Schatzkammer seiner Bühnenerinnerungen geworden. Obwohl er ihn ihr zum Verkauf zurückgelassen hatte, baute er fest darauf, daß sie ihn aus Stolz und Nostalgie behalten würde. Diese Gefühle kämpften jetzt mit ihrem Zorn.

Margery fühlte sich verraten. Ohne ihn zurechtzukommen, war schon schwierig genug, aber er hatte ihre Lage noch viel schlimmer gemacht. Das war typisch für ihn, sie ärgerte sich, daß sie das nicht vorhergesehen hatte. Von Firethorn war bisher keine Nachricht gekommen, und falls eine kam, war sie sicher, daß kein Geld dabei sein würde. Sie stand allein, hatte hungrige Mäuler zu stopfen und Kaufleute in die Flucht zu treiben.

Wütend betastete sie den Mantel. Es geschähe ihm recht, wenn der Mantel weg wäre, wenn er nach Hause kam. Margery nahm den Mantel über den Arm und ging zur Tür. Dann blieb sie wie angewurzelt stehen. Ihr Gewissen regte sich. Sie würde seinen Verrat mit einem noch größeren Verrat beantworten. Welche Fehler ihr Mann auch immer hatte, es gab eine überragende Tugend, die sie an ihm schätzte. Er liebte das Theater. Mit einer Leidenschaft, die schon an Besessenheit grenzte, liebte er jeden Aspekt seines erwählten Berufes, hegte und pflegte jeden Preis und jedes Erinnerungsstück, das er gesammelt hatte. Selbst auf dem Höhepunkt ihres Zorns brachte sie es nicht übers Herz, Firethorn von hinten ein Messer in den Rücken zu stoßen, direkt durch das Seidenfutter seines zweitbesten Mantels.

Zitternd vor Enttäuschung warf sie den Mantel beiseite.