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»Der Herr hat uns zusammengeführt«, sagte sie.

»Wirklich?«

»Spürt Ihr das nicht?«

»Um ehrlich zu sein, nein.«

»Wohin Ihr auch geht, ich werde Euch folgen.«

»Das kommt überhaupt nicht in Frage«, sagte er alarmiert.

»Ihr seid mir als mein Führer geschickt worden.«

»Aber wir gehen überhaupt nicht nach Jerusalem, fürchte ich.«

»Was ist denn dann Euer Ziel?«

»York.«

»Ich wußte es!«

Eleanor warf sich auf die Knie und beugte sich nieder, um ihm die Schuhe zu küssen. Nicholas sprang erschreckt zurück, als sie versuchte, ihn zu umarmen. Im Vergleich zu dem hier war eine Horde wütender Zigeuner ein Kinderspiel gewesen. Eleanor war ein Muster an Beharrlichkeit, ein Mühlstein um seinen Hals.

»Ich muß mit Euch kommen, Master Bracewell.«

»Wohin?«

»Nach York. Ich muß zum Erzbischof.«

»Dann reist auf andere Weise in die Stadt.«

»Ihr seid mein vorherbestimmter Wächter.«

»Mistress, ich gehöre zu einer Theatergesellschaft.«

»Dann gehe ich mit Euch und Euren Freunden.«

»Das ist unmöglich.«

»Wieso, Sir?«

»Aus einem Dutzend Gründen«, sagte er und wünschte, er könne sich wenigstens an ein paar erinnern. »Vor allem, weil wir nur Männer sind, die zusammen reiten. Keine Frau kann uns dabei begleiten.«

»Das ist eine Regel, die Gott ändern kann.«

»Master Firethorn wird das nicht gestatten.«

»Laßt mich mit ihm reden.«

»Das wird nichts nützen.«

Eleanor Budden stand auf und blickte ihn mit ihren blauen Augen voll unverhüllter Inbrunst an. Sie trat nahe an ihn heran, so daß die langen nassen Strähnen ihres Haares seine Wangen berührten.                       

»Ihr müßt mich mit nach York nehmen«, sagte sie nachdrücklich.

»Aus welchem Grund?«

»Ich liebe Euch.«

Nicholas Bracewell ließ den Mut sinken. Er sah Probleme auf sich zukommen.

*

Lawrence Firethorn wurde langsam verzaubert. Genauer gesagt, er roch Geld. Oliver Quilley hatte ihn in sein Zimmer eingeladen, um ihm einen Vorschlag zu unterbreiten, und nachdem Firethorn zunächst alles rundweg abgelehnt hatte, ließ er sich jetzt langsam überzeugen.

Der Künstler ließ sich langatmig über sein Werk aus.

Herausgeputzt wie ein Truthahn stolzierte er im Zimmer umher und erläuterte, warum er Miniaturenmaler geworden sei.

»Porträtmalerei unterscheidet sich grundsätzlich von normaler Malerei und von der Zeichenkunst und übertrifft jede andere Kunst in mehreren Aspekten.«

»Erklärt mir mehr davon.«

»Die Technik der Porträt-Miniaturmalerei stammt von der Manuskript-Illustration ab. Doch Meister Holbein, der erste unserer Zunft, malte noch in der Tradition großformatiger Porträts, die maßstabsgetreu verkleinert wurden.«

»Und Ihr, Master Quilley?«

»Mein Stil ist einzigartig, Sir.«

»Erkennt Ihr keine Vorbilder an?«

»Ich nehme ein wenig von Holbein und etwas mehr von Hilliard, aber Oliver Quilley unterscheidet sich von allen anderen Porträtmalern. Aber urteilt selber.«

Er öffnete seinen Lederbeutel und zog vier in Samt eingewickelte Miniaturen hervor. Er packte sie aus und legte sie auf den Tisch. Firethorn war von ihrer Schönheit überwältigt. Drei der Porträts zeigten eine Frau, das vierte einen Mann. Alle waren mit einmaliger Feinheit in Farben ausgeführt, die absolut lebensecht wirkten. Quilley spürte, was Firethorn dachte, und hatte Erklärungen zur Hand.

»Das Wichtigste beim Zeichnen oder Malen nach lebendigen Vorbildern ist die Echtheit der Strichführung.« Er deutete auf seine Arbeiten. »Seht Ihr, Sir? Hier gibt es keinerlei Schattieren. Ich glaube an die Eigenständigkeit der Linienführung und an die Magie der Farben.«

»Sie sind wirklich großartig!«

»Alle Gemälde imitieren die Natur oder das Leben, aber Perfektion beweist sich erst bei der Abbildung des Menschen.« 

»Besonders der Frauen«, sagte Firethorn und betrachtete die hübscheste der drei porträtierten Damen.

»Wer ist die Dame, Sir?«

»Eine französische Gräfin. Und die andere ist ihre Schwester.«

»Und die dritte?«

»Das ist Lady Delahaye. Ihr Gatte hat mich beauftragt, es pünktlich zu ihrer Hochzeit fertigzustellen. Es ist so gut wie vollendet, ich kann es abliefern, sobald ich nach London zurückkehre.«

Firethorn erwärmte sich für den kleinen Mann, denn er spürte, daß er sich in der Anwesenheit eines Künstlers befand, jemand, der Umgang mit adligen Kreisen hatte und dessen Arbeiten als Anhänger oder Broschen bei Hofe getragen wurden, zugleich aber auch jemand, der mit seiner wunderbaren Kunst kein Vermögen verdiente. Der Schauspieler kannte dieses Lied nur allzu gut, denn es war auch sein eigenes Lied. Außergewöhnliche Talente, die niemand richtig zu würdigen wußte. Dieses Leben von der Hand in den Mund, das seiner Kunst enge Grenzen setzte und ihre Resonanz einengte.

»Bedenkt nur, Sir, welch ein Zufall!« sagte er. »Ihr und ich hier zusammen. Geniale Männer, die London verlassen müssen, um sich die paar Pennies zu verdienen, die wir hier zusammenkratzen können.«

»So ist es«, stimmte Quilley zu. »Und dann wird es einem von mörderischen Straßenräubern wieder abgenommen. Wenn sie statt dessen diese Miniaturen gestohlen hätten, wäre ich ruiniert gewesen.«

In Firethorns Kopf begann sich ein Gedanke zu formen. »Ihr sagt, Ihr möchtet mit uns reisen?«

»Nur aus Sicherheitsgründen, und nur bis York.«

»Wir nehmen aber keine Passagiere mit.«

»Ich würde für meine Passage zahlen, Master Firethorn, da könnt Ihr ganz sicher sein.«

»Dazu komme ich noch, Sir.« Er überlegte, wie er seinen Gedanken dem Künstler am günstigsten präsentieren konnte. »Wäre es möglich- ich frage das völlig unbefangen —, daß Ihr auch von mir ein solches Porträt malen könntet?«

»Von Euch oder jedem anderen Mann. Gegen Gebühr.«

»Die Garantie Eurer Sicherheit?«

»Ich würde ein eigenes Pferd brauchen.«

»Notiert, Sir!«

»Und ein eigenes Zimmer für mich allein in jedem Gasthaus, in dem wir absteigen?«

»Das soll der erste Punkt unserer Vereinbarung sein.«

»Wir beide verstehen uns, Sir.«

»Ein solches Porträt wäre mir sehr wertvoll.«

»Mir auch, Master Firethorn«, sagte Quilley mit schelmischem Ernst. »Die Einzelheiten der Arbeit können zu einem späteren Zeitpunkt besprochen werden, inzwischen gebe ich Euch dies hier als Zeichen meines guten Glaubens.« Er reichte Firethorn die Miniatur des Mannes. »Das Bild ist viel mehr wert, als ich Euch kosten werde. Ich bin nur klein und keine schwere Last.«

Firethorn betrachtete die exquisite Miniatur in seiner Hand. Sie zeigte Feuer, Eleganz und Detailtreue. Der Mann starrte ihm aus dem Bild entgegen, mit stolzem Blick und in stolzer Haltung. Firethorn war von der Großzügigkeit des Künstlers überwältigt.

»Ist das für mich, Sir?«

»Als Besiegelung unserer Freundschaft und um mir eine sichere Reise zu verschaffen.«

»Es ist die wahre Perfektion der Kunst, Sir.«

»Mein Werk ist niemals weniger als das.«

»Aber wird der Abgebildete das Bild nicht selber haben wollen?«

»Ich fürchte nicht, Sir.«

»Ich möchte niemandem ein persönliches Besitzstück wegnehmen.«

»Der Mann hat jetzt keinen Bedarf mehr dafür.«

»Warum nicht?«

»Weil das Anthony Rickwood ist, da in Eurer Hand.«

»Der Name kommt mir bekannt vor.«

»Ich denke, Ihr habt sein Bild schon früher gesehen.«