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Nicholas Bracewell hielt die ganze Sache in Gang und verringerte die Auswirkungen der meisten Schnitzer, doch selbst er konnte George Dart - einen durch und durch unlustigen Vertreter der »Lustigen Gesellen« - nicht davon abhalten, einen Baum umzulegen, indem er ganz zufällig dagegen rannte. Will Scarlet war der einzige, der unbeschädigt aus der ganzen Sache hervorging, und er war es auch, der das Stück mit einer weiteren Ballade zur Laute zu Ende brachte.

Dann sprach der gute Robin, wo er gerade stand:

»Nach Kirksley muß ich morgen gehn, soll meinen Tod erleiden. Sir Roger of Doncaster, der schlief mit der Äbtissin. Mit ihrem falschen Lügenspiel Robin Hood verrieten sie. Der Himmel sei ihm gnädig. Er starb dort auf dem Rad. Er war Bandit, ein tapfrer Mann, der armen Leuten Gutes tat.«

Robin Hood trieb jetzt seine lustigen Gesellen zusammen, als hätte jeder einzelne von ihnen versucht, ihn während der Probe umzubringen. Als Firethorn aufhörte, sie wegen ihrer Unfähigkeit und der bloßen Tatsache ihrer Existenz zusammenzustauchen, waren ihre Wangen so rot wie Will Scarlets Kostüm. Der Oberste Schauspieler sparte nicht mit seiner Kritik, selbst Barnaby Gill mußte einiges einstecken. Martin Yeo ließ sich durch die Kanonade vollständig demoralisieren. Der einzige Darsteller, der ungeschoren davonkam, war Christopher Millfield. Das versetzte ihn in eine heitere Stimmung.

»Wie habt Ihr es gefunden, Master Bracewell?«

»Es ist noch viel Arbeit daran erforderlich.«

»Ich sprach von meiner eigenen Darstellung.«

»Ihr habt besonders lieblich gesungen.«

»Und meine Darstellung des Will Scarlet?«

»Die war befriedigend«, sagte Nicholas ausweichend. »Ihr macht der Gruppe keine Schande, Sir.«     

Millfield ärgerte sich über das schwache Lob. In seinem Wunsch, den anderen zu beeindrucken, hatte er ihn nur damit irritiert, als er so offensichtlich nach Komplimenten fischte. Er beobachtete, wie der Regisseur die Kontrolle übernahm. Jetzt, da die Probe vorbei war, verteilte Nicholas Dutzende von Jobs, die in den letzten beiden Stunden angefallen waren. Mehrere Kulissen waren beschädigt worden und mußten repariert werden; einer der Holzböcke, die die Bühne trugen, brauchte Verstärkung, und bei zwei Instrumenten mußten neue Saiten aufgezogen werden. Kostüme waren während der Kampfszenen beschädigt worden, George Dart erhielt die Aufgabe, sie mit Nadel und Faden wieder zusammenzuflicken. Bei Stephen Judd löste sich die Perücke in ihre Bestandteile auf.     

Nicholas war so in seine Arbeit vertieft, daß er die Gefahr nicht bemerkte, die ihm drohte. Weil er der Bühne den Rücken zuwandte, bemerkte er nicht, daß zwei seiner Helfer damit beschäftigt waren, den Galgen abzubauen, den sie für die Schlußszene des Stückes brauchten. Der Galgen war für die beiden viel zu schwer und viel zu umständlich in der Handhabung, und schließlich gewann sein Gewicht die Oberhand. Bevor sie es verhindern konnten, kippte das große Rundholz um und fiel in Nicholas' Richtung.

Christopher Millfield reagierte blitzschnell.

»Aufpassen da drüben!«

Er warf sich nach vorne, stieß den Regisseur beiseite und wurde selber von dem niederstürzenden Balken gestreift. Nicholas rappelte sich auf und drehte sich um, um zu sehen, was passiert war. Millfield saß auf dem Boden und rieb sich vorsichtig die Schulter.

»Seid Ihr verletzt, Christopher?«

»Nichts Ernstes.«

»Ich schulde Euch vielen Dank.«

Millfield grinste. »Ich habe Euch vor dem Galgen gerettet. «

»Und vor einer todsicheren Verletzung.«

Nicholas stauchte die Helfer zusammen, die den Unfall verursacht hatten, und ließ sie den Galgen wegräumen. Dann gab er Millfield die Hand und zog ihn auf die Füße. Der klopfte sich den Schmutz ab und rieb vorsichtig seine Schulter.

»Ich werde Euch das nicht vergessen«, sagte Nicholas.

»Ihr hättet für mich das gleiche getan.«

»Ich an Eurer Stelle hätte mich vielleicht zurückgehalten.«

»Weil Ihr mich nicht mögt?«

»Das wäre Grund genug.«

»Aber ich mag Euch, Master Bracewell.«

Jetzt war Nicholas mit Grinsen an der Reihe. Millfields Art war richtig entwaffnend, was es einem schwermachte, auf ihn böse zu sein. Der Regisseur machte eine Konzession.

»Eure Darstellung war ausgezeichnet, Christopher.«

»Dankeschön!«

»Um ohrlich zu sein, ich bin nicht sicher, ob Gabriol Hawkes das besser gemacht hätte.«

»Das ist für mich das schönste Lob.«

»Ein besseres bekommt Ihr auch nicht.«

Beide lachten, viel von der Spannung, die zwischen ihnen herrschte, löste sich auf. Alle Schauspieler suchten Lob und Anerkennung, aber Millfield schien besonders viel an einem Lob des Regisseurs zu liegen. Darüber konnte er die Schmerzen in seiner Schulter vergessen. Er streckte die Hand aus und nahm Nicholas' Arm.

»Ich möchte Euch etwas beichten«, sagte er.

»Muß ich jetzt Euer Priester sein?« scherzte der andere.

»Es ist mir Ernst, Master Bracewell.«

»Dann redet.«

»Gabriel war der bessere Schauspieler.«

»Nur in einigen Punkten.«

»Ich bin ehrlich genug, um es zuzugeben«, sagte Millfield ernsthaft. »Er hatte mehr Reichweite, mehr Tiefe. Als Ihr zwischen uns Eure Wahl traft, tatet Ihr gut daran, Gabriel Hawkes zu wählen.«

»Kein anderer Schauspieler würde das zugeben.«

»Warum soll man die Wahrheit verschweigen, wenn der Mann nicht mehr unter uns ist?« Sein Griff wurde fester. »Ich haßte ihn, weil er mir im Wege stand. Ich wünschte ihm den Tod, damit ich an seine Stelle treten konnte, aber ich habe sein Ende nicht herbeigeführt, das schwöre ich. Wenn er ermordet wurde, wie Ihr annehmt, dann war es jedenfalls jemand anders. «

Nicholas sah ihm tief in die Augen und spürte, wie viele der Verdächtigungen und Vorbehalte, die er diesem Mann gegenüber hegte, verschwanden. Christopher Millfield hatte seine Fehler, aber es waren größtenteils die typischen Fehler seines Berufes. Der Regisseur besiegelte ihre neue Freundschaft mit einem kräftigen Händedruck, der den anderen aufheulen ließ. Nicholas machte sich Sorgen.

»Laßt mich mal Eure Schulter sehen.«

»Das ist nur eine Kleinigkeit.«

»Aber ich sehe, daß Ihr immer noch Schmerzen habt.«

Millfield ließ sich schließlich dazu überreden, sein rotes Kostüm abzulegen, damit Nicholas die Verletzung untersuchen konnte. Die Schulter zeigte heftige Abschürfungen, wo sie von dem Balken getroffen worden war, aber es hatte nicht geblutet. Nicholas betastete die Verletzung mit vorsichtigen Fingern, dann ließ er Millfield den Arm steil nach oben strecken und im Kreis bewegen. Dann stellte er seine Diagnose.

»Ihr habt Glück, Christopher. Nichts ist gebrochen.«

»Ich komme mit ein paar Schrammen davon.«

»Und einer ziemlichen Steifheit«, sagte Nicholas. »Gebt mir etwas Zeit, dann mache ich eine Salbe zurecht, die wir auf die Schulter streichen. Das lindert die Schmerzen.«

»So etwas kann ich gut gebrauchen. Wie wollt Ihr sie machen?«

»Aus Kräutern.«

»Seid Ihr auch noch Arzt?«

»Ich habe viel vom Schiffsarzt gelernt, als ich zur See fuhr. Beulen und Schmerzen gehören zum täglichen Brot eines Seemannes, und ich habe die Mittel studiert, mit denen man sie lindern kann. Dieses Wissen hat mir schon häufig geholfen.«