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»Gott im Himmel hat es persönlich gutgeheißen, Sir.«

»Keine Gotteslästerungen!«

»Bei der Hochzeit zu Kanaan hat er Wasser in Wein verwandelt«, sagte Pym. »Das war sein erstes Wunder.«

»Aber offen für jede Art der Interpretation.«

»Wein hat seinen festen Platz«, sinnierte der andere, »aber einen Engländer kann man nicht von seinem Bier wegbekommen. Schaut Euch das Beispiel von Fuenterrabia an.«

»Wo?«

»Das ist in Nordspanien.« Pym grinste ölig, während er seine Lieblingsgeschichte erzählte. »Der erste Feldzug unter der Herrschaft des guten Königs Henry, dem Vater unserer derzeitigen geliebten Königin. Er schickte eine Armee von siebentausend englischen Soldaten, um seinem Schwiegervater, dem König Ferdinand, dabei zu helfen, den Franzosen Navarro abzunehmen, Wißt Ihr, was diese standhaften Männer vorfanden?«     

»Was denn, Sir?«

»Es gab kein Bier in Spanien! Nur Wein und Süßmost.« Er lachte fröhlich. »Die Soldaten meuterten auf der Stelle, und ihr Befehlshaber, der Marquis von Dorset, war gezwungen, sie wieder nach Hause zu führen. Sie konnten nicht mit leerem Magen kämpfen, Sir, und Bier war ihr einziger Wunsch.«

Robert Rawlins hörte sich diese Erzählung mit höflicher Ungeduld an, dann wandte er sich um, um zu gehen, doch jetzt war ihm der Weg versperrt. Auf der Türschwelle standen zwei Konstabler. Einer von ihnen hielt einen Haftbefehl hoch, als er auf ihn zuging. 

»Ihr müßt mit uns kommen, Sir.«

»Unter welcher Beschuldigung?«

»Ich denke, die kennt Ihr.«

Bevor er noch etwas sagen konnte, wurde Rawlins völlig unzeremoniell hinausgeschleppt. Lambert Pym war verblüfft, doch sein Instinkt leitete ihn. Sofort rief er seinen Jungen zu sich.

»Bring sofort eine Nachricht nach Marmion Hall.«

*

»Sir Clarence Marmion hat ein Porträt in Auftrag gegeben.«

»Von ihm selbst, Master Quilley?«

»Ja, Sir.«

»Eine Miniatur?«

»Ich bin Miniaturmaler. Ich mache nichts anderes, Sir.«     

»Euer Ruhm wird immer größer.«

»Genialität ist sich selbst die beste Empfehlung.«

»Freut Ihr Euch darauf, Sir Clarence zu malen?«

»Nein, Sir. Ich hoffe nur ganz einfach, daß er mich für meine Arbeit auch bezahlt.«

Oliver Quilley betrachtete seine Kunst mit realistischen Augen. Aufträge zu bekommen war nie das Problem gewesen. Das lag vielmehr im Einkassieren seines gerechten Lohns. Viel zu viele seiner Modelle, besonders jene am königlichen Hof, waren wohl der Meinung, ihr gönnerhaftes Benehmen sei bereits Bezahlung genug, und Quilley hatte Dutzende der glühendsten Dankesbezeugungen eingeheimst anstelle seines hartverdienten Lohns. Das verursachte bei ihm einen Zynismus, der ihn nie wieder ganz verließ.

Er ritt neben Lawrence Firethorn, als die Gruppe weiter nach Norden zog. Westfield's Men befanden sich im Zustand der Depression. Ohne ihre Kostüme, ohne ihren Lehrling und ohne ihren Regisseur sahen sie keine Überlebens-Chance mehr. Sie bildeten eine jämmerliche Prozession.

»Wie habt Ihr Anthony Rickwood kennengelernt?« fragte Firethorn.

»Durch einen Freund.«

»Habt Ihr ihn nicht für einen Verräter gehalten?«

»Ich habe es ihm am Gesicht angesehen.«

»Aber trotzdem habt Ihr seinen Auftrag angenommen?«

»Sein Geld war genausogut wie das jedes anderen.«

»Aber befleckt, Master Quilley.«

»Wieso?«

»Rickwood hat seine Königin verraten.«

»Er hat mich mit Gold bezahlt«, sagte der Künstler. »Nicht mit dreißig Silberlingen.«

»Ich persönlich könnte nicht für einen solchen Mann arbeiten.«

»Eure Gefühle ehren Euch, Master Firethorn, aber sie sind fehl am Platze. Ihr habt viele hundert Male vor Leuten wie Anthony Rickwood gespielt, jawohl, und vor schlimmeren als ihm.«

»Das weise ich entschieden zurück, Sir!«

»Habt Ihr nicht in Pomeroy Manor gespielt?«

»Ja, das haben wir. Mein Tarquinius hat sie fasziniert. «

»Der wird dort nicht mehr zur Aufführung kommen«, sagte Quilley selbstzufrieden. »Master Pomeroy liegt im Tower in Ketten. Es sieht so aus, als hättet Ihr vor Verrätern gespielt.«

»Ist das wirklich wahr?« fragte Firethorn.

»Ich weiß es von Leuten, die es wissen müssen.«

»Der Herr möge uns retten.«

»Für Master Pomeroy kommt Er vielleicht zu spät.«

Firethorn ritt etwas abseits, um über die Folgen dessen nachzudenken, was er gerade gehört hatte. Das bewirkte mehr als nur ein sanftes Kräuseln auf der Oberfläche seiner Eitelkeit. Der Besuch auf Pomeroy Manor war ein Triumph gewesen, den er auf der Rückreise nach London gerne wiederholt hätte. Es war nicht gut für den Ruf von Westfield's Men, wenn sie zugeben mußten, daß einer ihrer begeistertsten Zuschauer ein Feind des Staates gewesen war. Von seiner Speerspitze über Bishopsgate würde Neville Pomeroy keine Theaterstücke mehr sehen.

Der Erste Schauspieler suchte Trost bei der Aussicht auf Eleanor Budden, doch den fand er nicht. Obwohl ihre Schönheit eine Reife hatte, die einfach großartig war, fand er keinen Zugang dazu. Mit gerunzelter Stirn befand sie sich mitten in einer Diskussion mit Christopher Millfield, der jetzt den Wagen fuhr. Die beiden saßen lebhaft debattierend auf dem Kutschbock.

»Ich habe der Stimme Gottes gehorcht«, sagte sie.

»Ihr seid irgendeinem inneren Sehnen gefolgt, Mistress.«

»Sein Wort steht an allerhöchster Stelle.«

»Wenn es das war, was Ihr gehört habt.«

»Dessen bin ich ganz sicher, Master Millfield.«

»Diese Sicherheit haben sie alle«, argumentierte er. »Die Puritaner, die Presbyterianer, die Römisch-Katholischen und noch viele andere. Sie alle sind absolut sicher, daß sie Gottes Wort deutlicher gehört haben als alle anderen. Warum solltet Ihr einen besonderen Zugang zum göttlichen Befehl haben?«

»Weil ich ausgewählt wurde.«

»Von Gott — oder von Euch selber?«

»Hinweg mit Eurer Unverschämtheit, Sir!«

»Ich frage in aller Freundlichkeit, Mistress Budden.«

»Zweifelt Ihr an meiner Aufrichtigkeit?«

»Nicht im geringsten. Eine Frau, die Haus und Familie aufgibt und sich auf eine so beschwerliche Reise begibt, der muß es wirklich ernst sein. Was ich in Frage stelle, ist die Stimme Gottes.«

»Ich habe sie klar und deutlich gehört, Sir.«

»Aber kam sie von außen oder von innen?«

»Ist das wichtig?«

»Ich denke schon.«

»Es steht uns nicht zu, Gottes Geheimnisse ergründen zu wollen.«

»Aber auch nicht, uns ihnen blind zu unterwerfen.«

»Das ist ja Gotteslästerung!«

»Ihr habt Eure Überzeugungen und ich habe meine.«

»Seid Ihr vielleicht ein Atheist, Sir?«

Bevor er noch antworten konnte, tauchten vor ihnen zwei Gestalten auf einem haselnußbraunen Hengst auf. Ein zweites Pferd zog eine Kiste hinter sich, die auf einem Geflecht aus langen, dünnen Ästen befestigt war. Sie erkannten die Kiste sofort. Nicholas Bracewell war wieder da. Er brachte den verschwundenen Lehrling zurück, die gestohlenen Kostüme und sogar Oliver Quilleys Pferd. Die ganze Gruppe brach in laute Rufe aus, als sie vorwärtsstürmten, um ihren Held zu begrüßen.

Die Ankömmlinge wurden von ihren Freunden umringt und mit Fragen bombardiert. Eleanor Budden starrte ihren Geliebten an und rief seinen Namen. Barnaby Gill wollte wissen, ob seinem goldenen Wams auch nichts passiert war. Edmund Hoode fragte, ob sie wüßten, wer seine Rolle als Sicinius gespielt habe. Martin Yeo, Stephen Judd und John Tallis begrüßten ihren wiedergefundenen Freund mit einer Begeisterung, die schon fast an Hysterie grenzte. Susan Becket schnalzte mit der Zunge. George Dart konnte wieder ein lustiger Geselle sein.

Lawrence Firethorn brachte sie alle zur Ruhe und verlangte einen kompletten Bericht. Obwohl sie schmutzig und erschöpft waren, hatten sich die beiden an einer Quelle etwas waschen können und festgestellt, daß ihre Verletzungen nur harmlos waren. Die Wiedervereinigung mit ihren Freunden ließ neue Kraft in ihre Adern strömen.