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»Wer hat den Jungen entführt?« fragte Firethorn.

»Banbury's Men«, antwortete Nicholas.

»Diese widerlichen Hunde! Dafür schleppen wir sie vor Gericht!«

»Es gibt andere Möglichkeiten, es ihnen heimzuzahlen.«

»Und die Kostüme, Nick?«

»Das waren dieselben Übeltäter.«

»Wo habt Ihr mein Pferd gefunden?« fragte Quilley.

»Das war durch göttliche Vorsehung bewirkt.,«

Nicholas erzählte die Geschichte und spürte, daß Eleanor Budden ihn bewundernd anblickte. Als er davon berichtete, wie er vier Männer in die Flucht geschlagen hatte - und er berichtete in einfachen Worten - verspürte auch Susan Becket ein gewisses Herzflattern. Diese weiblichen Reaktionen blieben Lawrence Firethorn nicht verborgen, der versuchte, wenigstens ein paar dieser bewundernden Blicke auf sich zu lenken.

»Beim Himmel!« brüllte er, riß sein Schwert heraus und reckte es gen Himmel. »Ich werde diesem Giles Randolph so viele Löcher in den Pelz brennen, daß er  Pfeiftöne macht, wenn er über die Bühne geht! Ich fordere ihn zu einem Duell heraus und mache den Schuft ein paar Nummern kleiner! Ich lasse ihn für jedes Verbrechen zahlen, das er gegen uns verübt hat! An den Galgen mit ihm!«

»Macht Euch wegen Master Randolph keine Sorgen«, sagte Nicholas.

»Froschlaich in Menschengestalt!«

»Der hat genug eigene Probleme.«

»Das Gefängnis ist zu gut für so einen Halunken!« kreischte Firethorn. »Er hat es gewagt, ›Pompeius den Großem zu stehlen!«

»Mein Stück«, rief Hoode. »Meine Rolle des Sicinius.«

»Das werden sie nicht mehr aufführen, Edmund.«       

»Wieso könnt Ihr da so sicher sein, Nick?«

»Weil wir sie gestoppt haben.« Er winkte seinem Begleiter. »Zeig sie ihnen, Dick.«

Der Junge rannte zu der Kostümkiste, öffnete sie und holte einen ganzen Packen Textbücher hervor. Laut las er die Titel seinem begeisterten Publikum vor.

»Narretei und Liebe, Zwei Mädchen aus Milchester, Doppelte Täuschung, Eheglück und Mißvergnügen, Pompeius der Große.«

»Alle wieder da, wo sie hingehören«, sagte Nicholas. »Sie können unsere Stücke ohne diese Textbücher nicht mehr aufführen.«

»Bei allem, das ist ja wunderbar!« schrie Firethorn. »Laßt mich Euch beide umarmen, meine tollen Teufel!«

Er sprang vom Pferd und legte den beiden gratulierend die Arme um die Schultern. Die schlimmste Nacht seines Lebens war von einem der besten Tage abgelöst worden. Nicholas fügte noch weiteren Grund zur Freude hinzu. 

»Die Zeit wird ihre Rache bringen, Sir.«

»Was meint Ihr damit?«

»Master Randolph hat heute morgen nichts zu lachen.«

»Ihr habt einen Schlag für Westfield's Men geführt?«

*

»Ich denke schon.«

Giles Randolph starrte die leere Kiste an mit einer Mischung aus Furcht und Schrecken. Sie hatte die ganze Nacht unter seinem vierpfostigen Bett gestanden, an einen der Füße gekettet. Das schwere Schloß war offenbar unversehrt, und dennoch war die Kiste leer. Der wertvollste Besitz der Gruppe war verschwunden. Randolph kreischte einen Namen, Mark Scruton kam angerannt. Ein einziger Blick auf die Kiste ließ ihn schneeweiß werden.

»Wann habt Ihr das entdeckt, Sir?«

»Gerade eben.«

»Habt Ihr die Kiste letzte Nacht geöffnet?«

»Die Rückfahrt von Lavery Grange war zu anstrengend, und es war viel Wein getrunken worden. Ich fiel sofort ins Bett und habe bis heute morgen tief geschlafen.« Randolph gab der leeren Kiste einen Tritt. »Wenn ich das gewußt hätte, hätte ich kein Auge zugetan.«     

Mark Scruton überlegte schnell und blickte zur Tür. Dann winkte er dem anderen, ihm zu folgen, rannte aus dem Schlafzimmer und die Treppe hinunter zu der Tür, die in den Hof führte. Mit Randolph auf den Fersen lief er über den Hof und zu dem Schuppen jenseits der Stallungen. Er entriegelte die Tür, riß sie auf und erblickte etwas, das unter anderen Umständen komisch gewirkt hätte. Der stämmige Pferdeknecht war an Händen und Füßen gefesselt und am Fenstergitter angebunden. Man hatte ihm einen dicken Apfel in den Mund gesteckt und mit einem Lappen um den Kopf befestigt. Seine Augen waren rotunterlaufen und so groß wie Tomaten.

»Wo sind sie?« fragte Scruton.

Der stämmige Mann schüttelte den Kopf und hob die Schultern.

Giles Randolph stieß ein Geheul aus und kniete nieder. Mitten auf dem Stroh sah er einen Stapel Textbücher, die klatschnaß und dick von Kot bedeckt waren. Der Symbolismus entging ihm nicht. Er sprang entsetzt wieder hoch und zeigte mit zitterndem Finger auf seinen verdreckten Besitz.     

»Mark Scruton!« zischte er.

»Ja, Sir?«

»Das ist Eure Schuld.«

»Ich bitte tausendmal um Entschuldigung.«

»Bringt Euren Mist in Ordnung!«

Kochend vor Wut verließ er diesen Ort des Entsetzens.

*

Der Hufschmied schlug den letzten Nagel ein, dann ließ er das Bein des Pferdes sinken. Mit einem haarigen Arm wischte er sich den Schweiß von der Stirn und drehte sich zu der vollbusigen Frau um, die die Zügel hielt.

»Geht ein bißchen vorsichtiger mit dem Tier um, Madam.«

»Dafür fehlt mir die Zeit, Sir.«

»Es wurde auf rauhem Grund zu hart geritten«, sagte der Hufschmied. »Deshalb hat es auch das Hufeisen verloren.«

»Davon wird es vielleicht noch mehr verlieren, bevor wir am Ziel sind.«

»Wohin reitet Ihr?«

»Nach York.«

»Das ist noch eine ganz schöne Strecke, Mistress.«

»Dann haltet uns nicht mit Eurem Geschwätz auf.«

Margery Firethorn steckte den Fuß in den Steigbügel und hievte sich in den Sattel, ohne irgend jemand um Hilfe zu bitten. Mit herrischem Fingerschnippen brachte sie einen der livrierten Diener an ihre Seite.

»Bezahl den Burschen!«

Dann galoppierte sie mit noch größerer Geschwindigkeit davon.

*

Als Westfield's Men den ersten Blick auf York warfen, blieben sie stehen und betrachteten die Stadt in all ihrer Größe. Aus dieser Entfernung und Höhe sah sie aus wie eine Märchenstadt vor einer gemalten Kulisse, und sogar die, die die Stadt früher schon gesehen hatten, staunten aufs neue.

Eleanor Budden faßte alles in einem Wort zusammen: »Jerusalem!«

Sie machten eine Pause, um Erfrischungen zu sich zu nehmen und die Kräfte für die letzten paar Meilen einer Reise zu sammeln, die immer anstrengender geworden war, seit sie die Grenze der Grafschaft überschritten hatten. Die Pferde wurden getränkt, Proviant verzehrt. Nicholas Bracewell wählte diese Pause, um allein mit Christopher Millfield zu sprechen. Obwohl er den Schauspieler zu Beginn der Reise überhaupt nicht gemocht hatte, wurde er ihm jetzt zunehmend sympathischer.

»Wie ist es Euch während meiner Abwesenheit ergangen, Christopher?«

»Unser Vertrauen in Euch war unerschütterlich.«

»Ich bin froh, daß die Sache so gut ausgegangen ist.«

»Ihr seid mit großer Beute heimgekehrt«, sagte Millfield. »Master Quilley freute sich, als er sein Pferd zurückbekam.«

»Ein glücklicher Zufall.« Nicholas sah den Schauspieler an. »Was haltet Ihr von unserem Miniaturmaler?«

»Maler sind immer ein bißchen verrückt.«

»Ist Euch irgend etwas an ihm aufgefallen?«

»Verschiedenes, aber das habe ich auf seinen Beruf zurückgeführt.«

»Schaut Euch diese Kleidung an«, sagte Nicholas. »Sehr teuer für einen Mann, der behauptet, kein Geld zu haben. Dann die Qualität seines Pferdes und vor allem die Satteltaschen aus feinstem Leder und mit goldverziertem Monogramm. Master Quilley ist nicht der arme Mann, der zu sein er vorgibt.«