Выбрать главу

»Woher soll sein Reichtum denn stammen?«

»Ich wünschte, ich wüßte es.«

»Vielleicht hat er einen reichen Gönner irgendwo.«

»Ein Name fällt mir spontan ein.«

»Welcher?«

»Sir Francis Walsingham.«

»Tatsächlich?« sagte Millfield überrascht. »Es fällt mir schwer, das zu glauben. Soll Master Quilley tatsächlich als Informant in seinen Diensten stehen?«

»Wer wäre besser dazu geeignet, Christopher? Er besucht die Häuser reicher Leute, wird bevorzugt behandelt und bekommt Dinge zu sehen, die einem normalen Besucher verborgen bleiben. Sein Beruf ist die ideale Tarnung für einen Spion.«

»Habt Ihr dafür irgendeinen Beweis?«

»Keinen, dem ich nicht mißtraute. Außer einer Sache, die ich in seinen Satteltaschen gefunden habe. Seht Euch das an.«

Christopher Millfield nahm das Papier, das Nicholas ihm reichte, und überflog die Namen. Er nickte zustimmend, als er es Nicholas zurückgab.

»Ihr habt guten Grund für Euren Verdacht.«

»Wirklich?«

»Zwei der Namen sind von Walsingham bereits erledigt worden. Drei der anderen kenne ich seit meiner Zeit mit den Admiral's Men. Ich möchte schwören, daß sie alle wegen ihrer religiösen Überzeugung verfolgt werden.«

»Was ist mit Sir Clarence Marmion und den anderen?«

»Da können wir nur vermuten.«

»Gleich und gleich gesellt sich gern.«

»Eure Schlußfolgerungen daraus?«

»Quilleys sämtliche Auftraggeber sind Katholiken.«

»Könnte er selbst eventuell ein Diener Roms sein?«

Das war eine weitere Möglichkeit, die sie kurz diskutierten, bevor sie sich anderen Dingen zuwandten. Nicholas war froh, daß er sich seinem neuen Freund anvertraut hatte. Millfield betrachtete ihn jetzt sorgenvoll.

»Wie fühlt Ihr Euch, Nick?«

»Schon viel besser.«

»Habt Ihr Euch von den Strapazen vollständig erholt?« fragte der andere besorgt. »Wir haben uns sehr gefreut, als Ihr und Dick Honeydew zurückkehrtet, aber Ihr beide saht mehr als strapaziert aus.«

»Ihr hättet uns sehen sollen, als wir aufbrachen. Wir waren blutbesudelt und so verdreckt, daß Ihr unseren Gestank in hundert Meter Entfernung hättet riechen können.« Die Erinnerung ließ ihn jetzt noch die Nase rümpfen. »Dick und ich machten an einem Fluß Pause und säuberten uns, bevor wir zurückkamen.«

»Ihr müßt jeden Knochen im Körper spüren.«

»Ich muß wohl noch ein bißchen von dieser Salbe machen.«

»Mir hat sie jedenfalls sehr geholfen.«

»Heute nacht werden wir bestimmt gut schlafen, denke ich.«

Millfield lächelte zustimmend, dann sah er zu Richard Honeydew rüber. Dem Jungen sah man noch die Folgen seiner Gefangenschaft an, aber er war ganz offensichtlich froh, wieder bei der Gruppe zu sein, und sein Gesicht wirkte lebhaft.

»Er steht hoffnungslos in Eurer Schuld, Nick.«

»Ich konnte die doch nicht unseren besten Lehrling klauen lassen.«

»Es geht tiefer als das.«

»Wir sind die besten Freunde.«

»Ihr seid für den Jungen wie ein Vater und riskiertet Euer Leben für ihn. Hattet Ihr je ein eigenes Kind?«

»Ich war nie verheiratet, Christopher.«

»Das eine hängt nicht immer vom anderen ab.«

Nicholas lachte ausweichend und wechselte das Thema. Er freute sich über sein Gespräch mit dem Schauspieler und entdeckte immer wieder Dinge, die er mochte. Als Millfield ging, zeigte sich jedoch, daß nicht alle die gute Meinung des Regisseurs über ihn teilten.

Eine besorgte Eleanor Budden kam auf ihn zu.

»Hört nicht auf ihn, Sir«, flehte sie.

»Auf Master Millfield?«

»Das ist ein sehr gefährlicher junger Mann.«

»Wieso, Mistress?«

»Weil er nicht an Gott glaubt.«

»Hat er das selbst gesagt?«

»Mehr oder weniger, Master Bracewell.«

»Ich kann das kaum glauben.«

»Seid auf der Hut, Sir!«

»Wovor?«

»Vor Atheismus in unserer Mitte!«

Nicholas nahm diese Behauptung nicht allzu ernst, und sie verfolgte das Thema auch nicht weiter, denn sie wollte den seltenen Moment mit ihm allein genießen. Liebe ließ ihre Augen wie Edelsteine glänzen. 

»Es war wunderschön, als Ihr wieder zurückkamt!«

»Ich teile Eure Freude, Mistress.«

»Ich wußte, daß Gott Euch nicht von mir nehmen würde.«

»Mein Platz ist hier bei der Gruppe.«

»Und ich gehöre neben Euch.«

»Wir bringen Euch ohne Verzögerung nach York.«

»In Euch habe ich den wahren Weg gefunden!«

Ihre Inbrunst ging ihm ziemlich auf die Nerven, hilfesuchend blickte er sich um. Sich von Straßenräubern überfallen oder von seinen Rivalen gefangennehmen lassen war nichts im Vergleich dazu, von Eleanor Budden bedrängt zu werden. Wenn er nicht aufpaßte, würde sie ihm noch etwas rauben, was er nicht verlieren wollte, und ihn auf eine Weise gefangennehmen, die ihm nicht gefiel. Er hielt sie mit Fragen in Schach.       

»Wie gefällt Euch die Kameradschaft der Schauspieler?«

»Eure Gesellschaft ist die einzige, die ich suche, Master Bracewell.«

»Interessiert Euch denn sonst niemand, Mistress?«

»Die verblassen alle neben Euch, Sir.«

»Was ist mit Master Quilley? Das ist ein berühmter Künstler. Habt Ihr Euch bereits mit ihm unterhalten?«

»Nur wenn ich ihn unterbreche«, sagte sie. »Er war ärgerlich, als ich ihn dabei überraschte, wie er mit seinen Karten spielte.«

»Karten?«

»Solche habe ich noch nie gesehen. Da waren merkwürdige Bilder drauf, die er alle mit großer Aufmerksamkeit studierte. Es war fast, als suche er irgendeine Botschaft darin.«

Nicholas Bracewell lächelte dankbar. So unerwünscht ihm ihre Aufmerksamkeit war, so hatte er doch das Gefühl, daß sie ihm eine wertvolle Information gegeben hatte. 

Sein Mißtrauen gegenüber Oliver Quilley vertiefte sich.

*

Tage ohne seine Frau und Nächte ohne ihre lustvolle Zärtlichkeit hatten Veränderungen in Humphrey Buddens Leben bewirkt. Das Haus wirkte leer, die Kinder waren zänkisch, sein ganzes Dasein wirkte hoffnungslos und verödet. Langen Gesprächen mit Miles Melhuish folgten noch längere mit dem Dekan. Letzterer war es auch, der einen Vorschlag machte.

»Ihr habt gegen Eure Frau gesündigt.«

»Die Erinnerung daran bedrückt mich.«

»Ihr müßt ihre Vergebung suchen.«

»Wie soll ich das machen?«

»Nicht hier in Nottingham, das ist mal sicher.«

»Wo denn dann?«

»In York«, sagte der Dekan ernst. »Es gibt keinen besseren Ort, um Euch zu reinigen und zu versöhnen. Geht nach York, Sir. Sucht Eure entfremdete Frau in jenem Monument christlicher Hingabe. Das ist der Ort, wo Eure Hoffnungen liegen.«

»Wird sie mich denn zurücknehmen?«

»Wenn Ihr es verdient, Master Budden.«     

»Sollte ich die Kinder mitnehmen?«

»Allein, Sir. Das ist eine Angelegenheit zwischen Euch beiden.« Er senkte seelsorgerisch die Lider. »Und zwischen Euren Körpern.«

Humphrey Budden trat am nächsten Tag die Reise nach York an.

*

Eine Glocke hatte die Eröffnung des Pfingstmarktes verkündet, und schon brach der Teufel los. Straßen, die normalerweise schon sehr belebt waren, waren jetzt verstopft. Läden und Stände, die üblicherweise sehr beschäftigt waren, sahen sich jetzt vollkommen umlagert. York barst vor Leben. Kesselflicker, Reisende, Pilger, Landvolk, Händler, Ritter und viele mehr strömten durch vier Tore in die Stadt. Straßensänger, Komödianten, Akrobaten und Jongleure wetteiferten um Aufmerksamkeit. Kindergeschrei und das Gekläff von Hunden steigerten noch eine Kakophonie, die durch das ununterbrochene Glockengeläut geradezu ohrenbetäubend wurde. Drei heilige Tage lang war die Stadt wie verrückt.