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Westfield's Men kamen durch Micklegate in die Stadt und suchten sich ihren Weg durch die Massen zum Trip to Jerusalem, einem Ort, der für sie eine besondere Bedeutung hatte. Lambert Pym hieß sie übertrieben willkommen und geleitete sie bartkratzend zu ihren Zimmern. Auch für Oliver Quilley und Eleanor Budden wurden Zimmer gefunden. Die überschwengliche Susan Becket bestimmte sich erneut zu Lawrence Firethorns Bettgenossin. Jerusalem war eine sehr weiträumige Metapher.     

Nicholas Bracewell wurde auf der Stelle zum Oberbürgermeister geschickt, um die Aufführungserlaubnis einzuholen. Als er mit dem Papier in der Hand zurückkam, fand er Lawrence Firethorn vor, der über einem Brief von Sir Clarence Marmion grübelte. Es war eine Einladung, in seinem Hause aufzutreten. Das waren wirklich gute Nachrichten. York zeigte sich als wichtiger Schrein für jegliche Pilgerfahrten. Jetzt wurde keine Zeit verloren. Plakate wurden gedruckt und ausgehängt, im Hof des Gasthauses wurde eine Bühne aufgerichtet, die erste Probe abgehalten. Die Hektik all dieser Aktivitäten ließ sie den Eindruck gewinnen, als seien sie zurück im Queen's Head.

Ein neues Drama von Edmund Hoode sollte seine Erstaufführung außerhalb Londons erleben. »Krieger des Kreuzes« hatte eine besondere Verwandtschaft mit ihrer eigenen Reise, denn es ging um einen Kreuzzug und führte Richard Löwenherz durch eine Reihe epischer Schlachten.

Westfield's Men hatten früher schon einmal ein Kreuzzugs-Stück aufgeführt, ein neues Stück eines gewissen Roger Bartholomew, eines Oxford-Schülers, der falschverstandene Vorstellungen vom Theater hatte. Hoodes Arbeit zeigte indes die Kennzeichen des echten Meisterwerks. Es war flüssig geschrieben, hatte Feuer und Leidenschaft und mitreißende Szenen. In dem Stück über Robin Hood hatte derselbe König nur eine geringfügige Rolle, in der er gegen Ende des Stückes den Held zum Ritter schlug.

»Krieger des Kreuzes« machte ihn zum Mittelpunkt der Handlung, und Firethorns Darstellung erhöhte ihn noch zusätzlich.

Nicholas Bracewell war fleißig und aufmerksam. Er brachte die Probe in Gang und merkte sich alle Fehler und Auslassungen im Verlauf der Handlung. Seine Bühnenarbeiter bekamen eine lange Liste mit Aufträgen, als alles vorbei war. Er selbst arbeitete bis zum späten Abend und begab sich dann in den Schankraum.

Oliver Quilley probierte den Malvasierwein.

»Master Bracewell, laßt mich Euch einen Drink spendieren.«

»Ich kann nicht hierbleiben.«

»Aber ich habe Euch noch gar nicht gedankt, daß Ihr mein Pferd gefunden habt.«

»Ich habe noch etwas anderes gefunden.«

Nicholas zog die Liste aus der Satteltasche hervor und gab sie dem Künstler. Quilley riß sie ihm geradezu aus der Hand.

»Ich sehe, daß einige Namen abgehakt sind, Master.«

»Diese Aufträge sind bereits erledigt.«

»Neben einer Person befindet sich ein Fragezeichen.«

»Wirklich?«

»Sir Clarence Marmion.«

»Ich kann nichts sehen.«

Quilley warf einen Blick auf die Liste, faltete sie zusammen und steckte sie ein. Ein merkwürdiges Lächeln hielt Nicholas in Schach. Der Regisseur sah den Künstler fest an.

»Woher wußtet Ihr etwas über Master Pomeroys Festnahme?«

»Nachrichten reisen schnell.«

»Nur mit besonderen Boten.«

»Ich habe meine Kontakte, Sir.«

»Das glaube ich auch.«

Der Künstler rückte mit nichts heraus. Seine unerschütterliche Ruhe war eine Herausforderung für Nicholas, der er sich jetzt jedoch nicht widmen konnte. Der Regisseur hatte eine wichtigere Aufgabe und entschuldigte sich. Er würde auf Oliver Quilley zurückkommen.

Die Nacht machte ihre ersten Schritte auf York zu, als Nicholas sich durch die Menschenmassen auf den Weg machte. Sogar im Durcheinander ihrer Ankunft hatte er Zeit gefunden, sich nach anderen Theatergesellschaften zu erkundigen. Banbury's Men waren am selben Tag in der Stadt eingetroffen. Sie waren im Three Swans in Fossgate abgestiegen. Er überquerte Ouse Bridge und hielt nach Norden zu, während er sich durch lärmende Straßen bewegte, an die er sich von einem mehrere Jahre zurückliegenden Besuch in der Stadt halbwegs erinnern konnte, und dem Yorkshire-Dialekt lauschte, den er von allen Seiten hörte. 

Das erste, was er sah, als er Fossgate betrat, war die Merchant Adventurers Hall, ein schönes, dreischiffiges Gebäude mit einer Kapelle, die zum River Foss hinüberblickte. Erbaut aus Ziegelwerk und halbem Fachwerk, war es ein langes, hohes Gebäude, das die wichtige Stellung der Merchant Adventurers unter den fünfzig Gilden der Stadt unterstrich. Nicholas erinnerte sich an etwas, das er während seines Lebens in London vergessen hatte. Auch York hatte seinen Reichtum.

Three Swans war ein Haus mittlerer Größe, das um einen wellenförmigen Hof herumgebaut war. Banbury's Men waren noch bei der Probe. Laute Stimmen erklangen hinter den Hoftoren, die geschlossen worden waren, um die Neugierigen auszusperren. Nicholas betrat das Gasthaus, kaufte sich einen Becher Ale und schlenderte durch den Schankraum zu einem Fenster, von dem er den Innenhof einsehen konnte. Es gab Galerien auf zwei Ebenen; Nicholas schätzte, daß sich morgen an die vierhundert Zuschauer hier drängen würden. Jerusalem mit dem größeren Hof hatte alle Vorteile auf seiner Seite. Lawrence Firethorn würde das gefallen.

Das Licht wurde jetzt zusehends schwächer, doch die Schauspieler blieben bei der Arbeit und versuchten voller Hektik, die unzähligen Fehler auszubügeln, die ihnen durch die ruinierten Textbücher entstanden waren. Nicholas wartete, bis niemand in seine Richtung schaute, dann huschte er eine Treppe hinauf und öffnete eine Tür. Er befand sich jetzt auf der Galerie der ersten Ebene und konnte den letzten Teil der Probe sehen. Es handelte sich um ein rustikales, derbes Stück von unerheblicher Qualität, und sie spielten es ohne Feuer oder Überzeugung. Durch einen Spalt in dem Vorhang, den sie vor ihrer Garderobe angebracht hatten, konnte er ihren Regisseur sehen, der das Textbuch weit von sich hielt und die Seiten sehr vorsichtig umdrehte.

Giles Randolph hatte wie üblich die Hauptrolle, die anderen Teilhaber waren um ihn gruppiert. Doch soviel er auch schaute, Nicholas konnte das Gesicht, das er am meisten suchte, nicht finden. Er starrte immer noch mit aller Kraft seiner Augen in die Dämmerung, als eine Stimme hinter ihm ihn herumfahren ließ.

»Seid Ihr gekommen, um mich zu sehen, Nick? Hier bin ich.«

Der Regisseur sah sich einem gezückten Schwert gegenüber, und der junge Mann war entschlossen, es zu benützen, falls das nötig sein würde. Selbst nach Richard Honeydews Warnung war er immer noch wie vom Donner gerührt. Hier war der letzte Mensch auf der Erde, den er erwartet hätte. Lawrence hatte gesehen, wie er in einem Massengrab in London verscharrt worden war. 

Es war Gabriel Hawkes.

10. KAPITEL

Die Schwertspitze berührte seine Kehle und zwang ihn mit dem Rücken gegen einen der Pfosten, die den oberen Giebelbalken trugen. Nicholas Bracewell war hilflos. Er konnte sich keinen Zentimeter bewegen. Hinter ihm und unter ihm im Hof befand sich eine Gruppe Schauspieler bei einer Theaterprobe, dennoch konnte er nicht um Hilfe rufen. Ihm blieb nur übrig, den Mann scharf zu beobachten, den er einst so sehr gemocht und respektiert hatte. Es gab einen weiteren Schock, den er zu verkraften hatte. Am Ohr seines Angreifers befand sich ein juwelenbesetzter Ohrring, der hinter seiner Leiche in das Grab geworfen worden war. Nicholas riß den Mund auf.       

»Ihr seid von den Toten auferstanden, Sir«, sagte er.

»Das ist nur Einbildung.«

»Wir haben aber beobachtet, wie Gabriel Hawkes mit den anderen Pestopfern weggekarrt und in sein Grab geworfen wurde.«

»Eure Augen haben Euch nicht betrogen, Nick.«

»Wieso steht Ihr dann hier vor mir?«

»Weil ich nicht Gabriel bin«, sagte der junge Mann. »Mein Name ist Mark Scruton. Der arme Kerl, der gestorben ist, war tatsächlich Gabriel Hawkes. Das war ein Verwandter von mir, der eine Pechsträhne hatte und in diesem ekelhaften Schuppen in der Smorrall Lane landete. Es paßte mir, seinen Namen und seine Adresse anzunehmen, während ich in Wirklichkeit in einer viel besseren Wohnung lebte.«