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Es war nicht nur Richard Löwenherz, der sie begeisterte. In der kleinen, aber rührenden Rolle der Berengaria, der Frau des großen Kreuzritters, fand Richard Honeydew wahren Pathos. Christopher Millfield war einmal mehr ein hervorragender Musikant. Edmund Hoode hatte für sich selbst eine ausdrucksstarke Szene geschrieben, in der er einen furchtlosen Ritter spielte, der, von einem feindlichen Speer aufgespießt, eine längere Rede über Englands Ehre hält, für die er sofort zu sterben bereit sei. Die deutlich hervorgehobene Erwähnung von York selbst - erst im letzten Moment hinzugefügt - ließ donnernden Applaus aufbranden.

Die »Krieger des Kreuzes« gaben ihnen alles und noch mehr, nicht zuletzt einige unerwartete, aber zum Brüllen komische komödiantische Einlagen von Barnaby Gill als tauber Seneschall, der dem Tanz verfallen ist.

Es war das sensationellste Theaterereignis in York seit zehn Jahren. Magie lag in der Luft, als Richard die Schlußworte des Dramas deklamierte:

In Gottes Diensten finden wir Belohnung, Befriedigung für unsre innern Seelen. Dort ernten wahres Gold wir, der Rest ist nur Gekrätz; voran, Ihr tapfren Seelen, Ihr Krieger für das Kreuz!

Langanhaltender Applaus brach los. Die Stadt öffnete Westfield's Men ihr Herz und bejubelte sie, bis die Kehlen heiser waren. Hart arbeitende Schauspieler wurden wie Helden geehrt. Erinnerungen an Zurückweisungen verwehten ins Nichts angesichts solch freudiger Begeisterung.

Dies war das echte Jerusalem.

*

Humphrey Budden hörte das Jubelgeschrei schon in einer Meile Entfernung und fragte sich, was es zu bedeuten habe. Je näher er York kam, desto sehnlicher wünschte er sich, seine Frau wiederzusehen und sie zu sich zu nehmen. Getrieben von der Hoffnung auf Versöhnung, war er in wahnsinnigem Tempo von Nottingham hergeritten und war beinahe genauso schweißüberströmt wie sein Pferd. Zerknirschung beutelte ihn. York war eine heilige Stadt, in der alle ehelichen Wunden geheilt werden würden. Das Geräusch, das an sein Ohr drang, schien zwar nicht viel mit frommer Verehrung zu tun zu haben, doch es trug jedenfalls dazu bei, ihn auf dem letzten Teil seiner Reise anzufeuern.

Sein Pferd jagte durch Micklegate. Eine kurze Rückfrage sagte ihm, wo die Gruppe spielte, und weiterging es mit klappernden Hufen durch die Straßen. Als er den Gasthof erreichte, strömten die Leute in festlicher, glücklicher Stimmung heraus. Er band irgendwo sein Pferd fest, kämpfte sich gegen den Strom vorwärts und stolperte in den Hof, wo er in den Armen eines überraschten Nicholas Bracewell landete.

»Willkommen, Master Budden. Ihr kommt zu spät, Sir.«

»Ist Eleanor schon weg?«

»Ich sprach von der Aufführung.«

»Wo ist meine Frau?«

»Sie hat sich in ihr Zimmer zurückgezogen.«

»Bringt mich zu ihr, Master Bracewell.«

»Mit größter Freude, Sir.«

Ein neuer Gedanke ließ ihn jedoch innehalten. Vielleicht war Eleanor Budden gar nicht so begeistert, ihren Mann willkommen zu heißen, den sie so seelenruhig in Nottingham verlassen hatte. Sie hatte ihre Augen auf ein ganz anderes Ziel gerichtet, und der verschwitzte Humphrey war vielleicht nicht gerade der Richtige, um sie davon abzubringen, auch wenn er es gut meinte. Nicholas trat zurück, um sich den Mann anzuschauen. Größe und Körperbau waren ideal. Das rosige Gesicht konnte geändert werden. 

»Kommt mit mir, Master Budden.«

»Bringt Ihr mich zu meiner Frau?«

»Wenn es soweit ist, Sir. Alles zu seiner Zeit.«

Genüßliche Vereinigung war auch das Ziel von König Richard. Lawrence Firethorn war von seiner eigenen Vorstellung begeistert und glühte vor Freude über den herzlichen Empfang durch das Publikum, vor allem aber wegen der prall gefüllten Geldbeutel, die die Eintrittskartenverkäufer ihm brachten. Die »Krieger des Kreuzes« waren nicht nur ein künstlerischer Triumph gewesen, sondern auch ein glänzendes Geschäft. Was ihm jetzt noch übrigblieb, waren Feierlichkeiten und triumphale Freudenritte durch die ganze Nacht.

Dutzende von schönen, jungen Frauen schwärmten im Gasthof um ihn herum und boten ihm mit flatternden Augenlidern ihre Gunst an. Doch er hatte bereits einen Untermieter für sein Schlafzimmer. Mistress Susan Becket würde die erste sein. Obwohl sich die Dame ihm in ihrem eigenen Gasthof so wunderbar hingegeben hatte, waren ihre Balgereien bis jetzt immer kurz vor dem höchsten Höhepunkt zu Ende gewesen. Eine einzige lange Geschichte eines ständigen Coitus interruptus, weil die Angelegenheiten von Westfield's Men zwischen sie fuhren wie ein nacktes Schwert, das ihnen ihre Keuschheit bewahren wollte. Aber das war jetzt alles vorbei, jetzt konnte er sie nach Herzenslust nehmen, solange er wollte.       

Doch das reichte ihm noch nicht. König Richard hatte auch in der Liebe das Herz eines Löwen und hatte Lust auf einen Nachtisch, der den Geschmack der Hauptmahlzeit versüßen sollte. Susan Becket war Essen und Trinken zwischen den Laken, aber Eleanor Budden, die war Erdbeeren und Schlagsahne. Seine Phantasie ging mit ihm durch. In einer idealen Welt würde er sie beide gleichzeitig haben, in gemeinsamer Ekstase, in der sich jede freudig seinen sinnlichen Lüsten unterwarf und wo sich Heiligkeit und Hurenhaftigkeit zum totalen Höhepunkt männlicher Begierden vereinen würden. Da das jedoch leider nicht möglich war, gab er sich mit einem Kompromiß zufrieden und rief einen der Jungen zu sich.   

»John Tallis!«

»Ja, Master?«

»Bitte Mistress Becket, in mein Zimmer zu kommen.«

»Ja, Sir.«

»Und anschließend bittest du Mistress Budden, das gleiche zu tun. Sag ihr, ich sei jetzt bereit, ihr die Psalmen vorzulesen.«

John Tallis' Kinn fiel hörbar hinunter.

»Sollen sie beide gleichzeitig kommen, Sir?«

»Die eine zuerst und die andere eine Stunde später.«

Er ließ den Lehrling mit seiner Aufgabe allein und ging nach oben, um sich für eine Nacht sinnlicher Freuden vorzubereiten. Er stieß die Tür seines Schlafzimmers auf und schaute zu dem Himmelbett hinüber, dem Schauplatz seiner Lustbarkeiten. Das Lachen blieb ihm im Halse stecken.

Das Bett war besetzt. Ausgebreitet auf der Decke lag sein zweitbester Mantel, wild darüber verstreut Rechnungen seiner Gläubiger. Die Niederlage starrte König Richard ins Gesicht. Der böse Feind trat aus einem Erker auf ihn zu. »Lawrence!«   

Margery Firethorn war an diesem Nachmittag eingetroffen. Nach ihrem langen Ritt hatte sie sich noch nicht wieder eingekriegt und dampfte immer noch wie ein Walroß. Sie war ausgesprochen kampflustig. 

»Ihr habt mich verraten, Sir!« heulte sie.

»Das ist nicht ganz richtig, meine Liebe…«

»Schaut doch hin!« sagte sie und deutete auf das Bett. »Kaum hattet Ihr London verlassen, da stürzten sich die Aasgeier auf mich, um mir den letzten Fetzen Fleisch von den Knochen zu nagen. Eure Schulden wurden mein Ruin, Sir. Ich kann sie nicht bezahlen. Eure Gläubiger drohen Euch mit Zwangsvollstreckung. Wir landen noch alle auf der Straße.«

Firethorn gewann seine Fassung bemerkenswert schnell zurück.

»Aber nicht doch, meine Süße«, sagte er besänftigend. »Seid Ihr den ganzen Weg bis York so voller Sorge hergereist? Das soll sich sofort ändern.« Er warf eine Geldbörse auf das Bett. »Da ist Gold für dich, Margery. Genug, um hundert Rechnungen zu bezahlen, und dann bleibt immer noch etwas übrig. Bei den Göttern, es ist ein Wunder, dich wiederzusehen. Komm, laß mich deine Sorgen fortküssen und deine Schmerzen lindern.«