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Abrupt kehrte Stille ein. Von allen Seiten wurde ich angestarrt, dazwischen Lord Stonehouse’ unheilvolle schwarze Augen. Alles, woran ich denken konnte, war seine kurze und bündige Ablehnung: Er redet zu viel. Es trocknete die Worte in meinem Mund aus. Das Seufzen des Windes draußen und das knackende Holz in dieser zugigen Kammer waren plötzlich zu hören. Ich konnte nicht aufhören zu zittern. Wer war ich, dass ich in diesem erlauchten Kreis das Wort ergriff? Gemein, von niederer Geburt – ein Schreiber! Ein Mann, der Meinungen niederzuschreiben hatte, sie indes nicht selbst haben durfte – geschweige denn, sie äußern. Dann sah ich, wie Cromwell mich anblickte, und dachte an seine Worte – dass ihm ein Mann lieber sei, der wusste, wofür er kämpfte, und liebte, was er kannte, als einer, der ein Edelmann war und sonst nichts. Es war, als hätte er mir die Erlaubnis erteilt, endlich meine eigene Stimme zu finden.

Ich erzählte ihnen, wie es gewesen war, an jenem Tag ein Soldat in der Aufstellung zu sein. Wie die Reihe beim ersten Angriff ihrer Kavallerie zerrissen sei. Ich erzählte ihnen, dass Colonel Cromwell – und ich blickte zu Holles, als ich den Rang voller Stolz betonte – recht hatte. Die Kavallerie musste die wichtigste Waffe werden. Doch es musste eine disziplinierte Kavallerie sein. Die gegnerischen Reiter waren weitergejagt, um den Tross zu plündern. Wenn sie auf dem Absatz kehrtgemacht und unsere Nachhut angegriffen hätten, wäre der Tag verloren gewesen.

Es war die Jugend, es war die Arroganz, die mich antrieb, doch vor allem waren es Wut und Verbitterung über das sinnlose Abschlachten unausgebildeter Männer, und auch hier hatte Cromwell recht. Sie waren zum Exerzieren ausgebildet worden, nicht zum Kämpfen. Ein Lehrjunge brauchte sieben Jahre, um Böttcher, Drucker, Bäcker oder Schmied zu werden. Doch von einem Soldaten erwartete man, dass er in seiner freien Zeit das Kämpfen erlernte? An dieser Stelle verlor ich den Faden. Jedes entlaufene Pferd blieb irgendwann stehen. Ich sah wieder den Kreis aus Gesichtern, als ich langsamer wurde und ins Stocken geriet, sah Holles rotes, verächtliches Gesicht, während meine Knie zu zittern begannen, und ich daran dachte, wo und wer ich war – ein Schreiber mit einer zerbrochenen Feder.

»Und wer, wenn ich fragen darf, seid Ihr, Sir?«, sagte Holles.

Es war eine Frage, die ich mir mein Leben lang gestellt habe. »Thomas«, setzte ich kläglich an, »Thomas …«

»Thomas Stonehouse«, sagte Lord Stonehouse, und seine barsche Stimme hallte durch den Raum. »Er ist Thomas Stonehouse, mein Enkel und Erbe.«

46. Kapitel

Machte Lord Stonehouse diese erstaunliche Bekanntgabe, weil er stolz auf meine Vorstellung war? Weil er Wiedergutmachung leisten wollte? Weil er glaubte, ich sei ein würdiger Erbe? Natürlich glaubte ich das! Welche anderen Motive sollte er sonst haben? Hier und da gab es kleine Ungereimtheiten – Anne, die den Brief aus dem Feuer fischte und mich überredete, zu der Besprechung zu gehen. Mr Pym, der mich vom Tisch der Schreiber fortzog, damit ich neben ihm am Besprechungstisch Platz nahm. Doch ich schob jeden Zweifel beiseite.

Ich schwebte wie auf Wolken, als Lord Stonehouse – mein Großvater sollte ich wohl besser sagen – mich Cromwell vorstellte, der mich fragte, wo er mich erreichen könne.

»Schreibt ihm in die Queen Street, Oliver«, sagte Lord Stonehouse.

Cromwell verbeugte sich vor ihm, dann vor mir. Cromwell verbeugte sich vor mir! Was immer hinter Lord Stonehouse’ Entscheidung steckte, ich verließ das House als ein vollkommen anderer Mensch und nicht mehr als der arme Schreiber, als der ich es betreten hatte. In der Lobby wäre ich beinahe an Mr Ink vorbeigegangen. Er stand hinter einer Säule und sah mich auf eine Weise an, wie Menschen es taten, wenn sie glaubten, man stelle etwas dar. Ich streckte meine Hand aus, doch er weigerte sich, sie zu ergreifen, obwohl meine Finger fast ebenso schwarz waren wie seine.

»Lieber Mr Ink! Kommt, ich bin doch noch derselbe wie vorher!« Man könnte zu dem Schluss kommen, dass sich bereits der erste Hauch von Gönnerschaft in meine Stimme geschlichen hatte.

»O doch, Ihr seid ein anderer, Sir. Ihr redet anders. Ihr geht anders.« Schüchtern überreichte er mir zwei Blatt Papier, ebenso tintenbefleckt wie das allererste Dokument mit Mr Pyms Worten, mit dem ich durch die Straßen gerannt war. »Eure Rede, Sir.«

»Danke. Und Gott segne Euch, Mr Ink.« Ich lachte und umarmte ihn, weil er mich gelehrt hatte, an Worte zu glauben und auf die Zukunft zu hoffen, und weil es für einen Mann nichts Besseres gab.

Erst als ich an jenem Abend kurz vor sieben die Queen Street erreichte, um Lord Stonehouse die Sitzungsprotokolle zu überreichen, begannen mich Zweifel zu beschleichen. Es musste irgendeinen Haken geben. Ich geriet ins Straucheln. Doch die Diener verbeugten sich, Mr Cole entbot mir seine Glückwünsche und brachte mich im Handumdrehen nach oben.

Allein Lord Stonehouse – es ist schwer, einen Mann Großvater zu nennen, der einen einst in der Pestgrube verschwinden lassen wollte – war beängstigenderweise so wie immer. Ich stand an der leicht abgewetzten Stelle auf dem orientalischen Teppich, der Stelle, die Richard den Galgenplatz nannte, so wie ich schon einige Male zuvor dort gestanden hatte, während Lord Stonehouse Briefe unterzeichnete und sie Mr Cole zum Siegeln gab. Nachdem der Sekretär gegangen war, las er das Protokoll der Sitzung, immer noch, ohne von meiner Gegenwart Notiz zu nehmen. Mein Herz sank, als er die Seiten umblätterte. Der Haken musste Anne sein. Er würde niemals in eine Heirat mit ihr einwilligen. Und wenn er es nicht tat, würde ich fortgehen. Er kam zum Ende von Mr Inks Seiten, nahm die Augengläser ab, hustete und räusperte sich.

»Du hast gut gesprochen.«

»Nicht zu viel, Sir?«, wagte ich zu sagen.

Er hob die Lider und warf mir seinen Basiliskenblick zu. »Dein Schlusswort war mangelhaft. Holles hätte dich dort festnageln können.«

Er öffnete die Schublade, von der ich wusste, dass es meine war, und hielt einen Moment inne, ehe er die Rede hineinfallen ließ. »Hast du Cromwell in Edgehill gesehen?«

Ich hatte mich weit von dem Jungen entfernt, als der ich zum ersten Mal in diesem Zimmer gestanden hatte, ungestüm in seinen Träumen und Worten. Ich hatte gelernt, keinen Muskel in meinem Gesicht zu verziehen, solange ich vor ihm stand. Holles war nicht der Einzige, der Cromwell angriff. Seine Feinde hatten die Geschichte in Umlauf gebracht, er habe den Glockenturm einer Kirche erklommen, gesehen, dass das Parlament verlor, und sei geflohen.

»Es wurde schon dunkel. Ich sah jemanden, der ihm sehr ähnlich sah, Mylord.«

In seinem Gesicht regte sich kein Muskel. »Hast du Cromwell gesehen?«

»Ich bin sicher, dass Cromwell nicht lügen würde, Mylord.«

Seine Wangen zitterten leicht, die Andeutung eines trockenen Lächelns. Er blickte erneut auf die Rede, dann schloss er die Schublade. »Setz dich.«

Es war eine neue Erfahrung für mich in diesem Zimmer, und ich blickte mich fahrig um. Schweigend deutete er auf einen eleganten Stuhl aus Walnussholz mit fein geschnitzter Lehne. Der unvermeidliche Falke funkelte mich bösartig daraus an, als wüsste wenigstens er, dass ich ein Blender war. Lord Stonehouse ging zum Fenster, die Hände hinterm Rücken verschränkt, und starrte hinaus auf die dunkle Straße. Eine Kutsche ratterte vorbei, dann war es so leise, dass ich die Kerzen knistern hörte. Als er sprach, war es das Letzte, was ich zu hören erwartete.

»Ist dein Bein verheilt?«

Verwirrt starrte ich seinen breiten Rücken an. »Mein Bein?«

Er schwang herum, als hätte ich ihn beleidigt. »Dein Bein!«, blaffte er. »Ist es verheilt? Nach der Verbrennung mit dem Pech?«

»Ja, Mylord. Sehr gut. Ich habe nur eine Narbe behalten.«