»Ich kümmere mich um die Wachen«, sagte er. »Du schlüpfst an dem aufgeblasenen Lackaffen vorbei.«
Ich verbarg mich in der Dunkelheit hinter einer Säule. Ich konnte Mr Pyms klangvolle Stimme hören. »Die Streitmacht für Irland versammelt sich, und der hochverehrte Lord Warwick hat ein Schiff von vierhundert Tonnen verproviantiert und bewaffnet …«
Argumentierend und gestikulierend bestand Mr Ink darauf, dass er unbedingt zu Mr Pym müsse. Ich schlich an der Mauer entlang. Der Serjeant hatte mir den breiten Rücken zugekehrt.
»Das Schiff kann sechshundert Mann aufnehmen und liegt bereit, um vom Hafen in London loszusegeln …«
Ich sah, wie die Royalisten protestierend aufheulten. Der Speaker übergab das Wort an Sir Edward Hyde.
»Sind Chester und Bristol nicht die üblichen Häfen, um sich nach Irland einzuschiffen? Ist das nicht ein Versuch des hochverehrten Abgeordneten, unter dem Vorwand, gegen die Papisten zu kämpfen, eine Streitmacht nach London zu bringen, um gegen den König zu kämpfen?«
Ich war zehn, fünfzehn Schritte von Mr Pym entfernt. Ich hatte vor, am Serjeant-at-Arms vorbeizuflitzen und zu Mr Pym zu rennen, aber als ich mich bereit machte, loszustürmen, drehte der Mann sich um und blockierte durch seine ungeheure Größe meinen Weg. Ich hielt den Brief hoch.
»Für Mr Pym.«
Es bedachte mich mit einem empörten Blick. »Was in Satans Namen tust du hier?«
»Er muss ihn auf der Stelle haben!«
Im fleischigen Gesicht des Serjeants spiegelte sich seine ganze Empörung über die Missachtung des vorgeschriebenen Ablaufs. Mr Ink wurde von einer der Wachen abgeführt, und der Serjeant rief den anderen Mann herbei, damit er sich meiner annähme. Er würde den Brief nicht einmal berühren. Er sagte, es sei schon einmal ein ähnlicher Brief an Mr Pym geschickt worden, und der hatte den Verband eines Pestkranken enthalten. Ich wusste, dass das stimmte. Es hieß, der Brief sei von einem Papisten geschickt worden, in der Absicht, Mr Pym zu töten. Überzeugt, dass er ein ähnliches Komplott vereitelt hatte, packte er mich mit dem Griff eines Bären. Ich trat um mich und schrie, Tränen der Enttäuschung brannten mir in den Augen.
»Der Brief wird sein Leben retten, nicht ihn töten! Der König hat Soldaten auf den Weg hierher geschickt!«
»Serjeant!«
Es war der Speaker, William Lenthall, ein freundlich gestimmter Rechtsanwalt von etwas fünfzig Jahren mit sorgfältig gestutztem Bart und Schnurrbart sowie einem verschleierten Blick, der ihn stets aussehen ließ, als befände er sich im Halbschlaf. Er hatte eine leise, fast furchtsame Stimme, die bei einem Tumult äußerst wirksam war, allein weil die Abgeordneten des Parlaments gezwungen waren, Ruhe zu geben, wenn sie ihn verstehen wollten.
»Du hast einen Brief für Mr Pym, Serjeant?«
»Ich glaube, er enthält einen weiteren pestverseuchten Verband, Sir.«
In diesen Tagen um Weihnachten herum brachte jeder Tag neue Gerüchte über Verschwörungen und Gegenverschwörungen hervor, es wurde sogar überlegt, das House zu seinem besseren Schutz ins Rathaus umziehen zu lassen. Dass der Speaker Lenthall jetzt seinen Platz verließ, zeigte das Ausmaß der Nervosität des Parlaments. Ich konnte sehen, wie Mr Pym sich erhob. Zu beiden Seiten verrenkten sich die Abgeordneten die Hälse, um besser sehen zu können.
»Frag den Boten, ob er so gut wäre, den Brief zu öffnen«, sagte Mr Lenthall höflich.
Ich erbrach das Siegel, zeigte, dass nichts darin war, und ohne einen Kommentar, eine Frage oder Getue, bedeutete Mr Lenthall dem Serjeant, den Brief zu Mr Pym zu bringen. Niemand schien es besonders eilig zu haben. Ich dachte an die aufschneiderischen Höflinge, die in Whitehall ihre Schwerter gegürtet hatten, an die verwitterten, scharf geschnittenen Gesichter der Söldner, und beobachtete in quälender Ungeduld, wie der Serjeant sich feierlich vor dem Sessel des Speakers verbeugte, ehe er quer durch den Saal zu Mr Pym schritt. Dieser schien eine Ewigkeit zu brauchen, um den Brief zu entfalten, ihn zu lesen und wieder zusammenzufalten, ehe er sich räusperte und das Wort ergriff.
»Mr Speaker, es hat den Anschein, als würde Seine Majestät in Kürze an diesem Ort eintreffen, um mich festzusetzen …«, bestürzte Schreie kamen auf. »… sowie vier weitere hochgeehrte Mitglieder unter Arrest zu stellen. Mr Hampden, Mr Haselrig, Mr Holles und Mr Strode. Ich erbitte Eure Erlaubnis, uns zurückziehen zu dürfen.«
Speaker Lenthall zeigte erste Anzeichen von Anspannung und trommelte mit den Fingern auf die Armlehnen seines thronähnlichen Sessels.
»Ihr habt meine Erlaubnis, Mr Pym«, sagte der Speaker. »Von der Ihr, wie ich vorschlage, schnellstmöglich Gebrauch macht.«
Während alle Blicke auf Mr Pym gerichtet waren, schlich ich in eine Nische im Hintergrund des Saals und kauerte mich dicht am Boden zusammen.
Der Serjeant, der Gelegenheit beraubt, einen Giftmörder festzunehmen, blickte zur Stelle, an der ich gestanden hatte. Ich drückte mich noch weiter in mein Versteck und hielt den Atem an. Mr Pym und drei weitere Abgeordnete eilten zur Lobby, doch der fünfte, William Strode, erhob sich, um eine Rede zu halten. Er sei niemals ein Mann der Zugeständnisse gewesen, erklärte er, und jetzt sei die Zeit gekommen, dem König zu trotzen.
»Kommt schon, Bill«, sagte ein Abgeordneter. »Ihr werdet doch nicht noch einmal zehn Jahre im Tower verbringen wollen.«
Doch es schien, als habe er genau das vor. Erst als draußen das Rattern einer herannahenden Kutsche zu hören war, verlor Mr Pym einen Teil seiner Würde und Beherrschung und rief: »Es werden keine zehn Jahre, sondern der Richtblock! Schafft ihn hier raus!«
Zwei der kräftigsten Abgeordneten packten Strode und bugsierten ihn unsanft am Sessel des Speakers vorbei. Speichel spritzte ihm aus dem Mund, als er energisch protestierte und sich auf die Rechte und Privilegien des Parlaments berief. Die fünf Mitglieder des Unterhauses verschwanden, während auf der Treppe von Westminster Hall Stimmengewirr und Gelächter sowie Stiefelgepolter zu hören war. Der Rest des Unterhauses sprach aufgeregt und ängstlich in kleinen Gruppen.
Der Speaker nahm wieder auf seinem Sessel Platz und sagte: »Ruhe bitte! Ruhe! Sir Edward Hyde trug ein Argument vor, die Einschiffung der Truppen für Irland vom Hafen in London betreffend. Wünscht jemand etwas darauf zu erwidern?«
Die Mitglieder des Parlaments folgten seinem Beispiel und kehrten zu ihren Plätzen zurück. Mr Hyde erhob sich und sagte, vielleicht könne er seine Anmerkung noch weiter ausführen, und die Mitglieder lauschten aufmerksam, als hätte es nie eine Unterbrechung gegeben. Das Trommeln der Stiefel und das Klirren der Schwerter draußen in der Lobby wurden lauter. Die Tür öffnete sich.
Edward Hyde nahm seinen Hut ab. Alle Mitglieder des Parlaments erhoben sich gleichzeitig und nahmen ihre Hüte ab. Ich sah allein die Wirkung, nicht die Ursache, doch als alle Augen auf die geöffnete Tür gerichtet waren, hob ich vorsichtig den Kopf und erblickte den König, der seinen Hut ebenfalls abnahm und allein den Sitzungssaal betrat. Lächelnd nickte er Mr Hyde und einigen anderen Parlamentsmitgliedern zu, die er auf seiner Seite wähnte. Er wirkte so ungezwungen, so zuvorkommend, dass es wie ein Höflichkeitsbesuch hätte aussehen können, wäre da nicht das raue Gesicht des Earl of Roxburgh gewesen, der finster dreinblickend in der Tür stand, hinter ihm ein Trupp Söldner, die ihre Schwerter aus den Scheiden zogen. Einige der jüngeren Höflinge grinsten und spannten ihre Pistolen, doch es waren die Söldner, die mich erschaudern ließen. Reglos und stumm standen sie da, den kalten Blick in den Saal gerichtet, die Hände locker in der Nähe der schräg hängenden Schwerter.