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»Der Antrag ist angenommen!«, verkündete Mr Lenthall.

Wie der Antrag lautete, wusste ich nicht, und es interessierte mich auch nicht, außer dass ich bald Mr Pyms Rede in den Händen halten würde und gehen könnte. Es gab einen gewaltigen Tumult, noch mehr Geschrei und Füßestampfen und Rufe nach Ordnung, bevor die Abgeordneten herauskamen, immer noch erbittert streitend.

Mr Pym trat mit einem Abgeordneten von etwa vierzig Jahren heraus. Sein Begleiter hatte ein grüblerisches Gesicht, eine lange Nase und einen strubbeligen Bart. Ich kannte ihn nur von den Gelegenheiten, wo er mich mit finsterem Gesicht verjagte, wenn ich zu dicht vor seinen Füßen herumkrauchte. Normalerweise hielt er langatmige Reden über die Trockenlegung der Sümpfe und sah aus, als hätte er diese Arbeit gerade hinter sich gebracht. Jetzt lag ein Ausdruck beinahe religiöser Entzückung auf seinem Gesicht, als er zusammen mit Mr Pym aus dem Saal trat.

»Wenn dieser Antrag nicht angenommen worden wäre, John, hätte ich alles verkauft und wäre nach Massachusetts gegangen.«

Pym lächelte den jüngeren Mann an, aber wie gewöhnlich lag ein Ausdruck der Wachsamkeit und Erschöpfung in seinen Zügen. »Wir haben die Neue Welt noch nicht hier, Oliver. Sie versuchen bereits, sie zu vernichten.«

Er blickte zu einer anderen Gruppe hinüber, in deren Mitte George Goring stand, ein gutaussehender Mann, der wild um sich blickte und energisch gestikulierte.

Sie, die neue Welt?

Goring schrie: »Ihr könnt dem König nicht solche Forderungen unterbreiten!«

Seine Hände wanderten zu seiner Taille, und wenn Degen im Parlament erlaubt gewesen wären, hätte er den seinen gezogen. Er ging auf John Pym zu, doch dieser war bereits mit anderen in einem Besprechungszimmer verschwunden. Ich hörte Goring murmeln, dass es genug der Worte und zu spät für ein Treffen sei.

Die Mitglieder einer weiteren Gruppe um Sir Simon D’Elwes, der in jeder Debatte eine Seite vollkommen überzeugend fand, bis er die Argumente der anderen hörte, stellten fest, dass sie dringende Geschäfte in den Grafschaften zu erledigen hatten und schickten ihre Diener aus, um die Pferde bereitzuhalten.

Verschiedene Abgeordnete schritten durch die Halle und diktierten den Schreibern etwas. Manche von ihnen, wie Mr Ink, hatten tragbare Schreibtische an ihren Hüften befestigt.

»Was ist passiert?«, fragte ich.

Zuerst gab er mir keine Antwort. Er fertigte eine saubere Abschrift der Notizen an, die, wie ich wusste, von Mr Pym selbst stammten und die er mit seinem spinnenhaften Gekritzel hingeschmiert hatte. Er nahm Tinte auf. Die Feder flog über das Papier.

Dann sagte er, wobei er seine Abschrift kaum unterbrach: »Die Große … Remonstranz!«

Selbst in seiner Hast schien er die Worte wie eine Fanfare auszustoßen, als würde er einen Fehdehandschuh werfen.

»Die Große … was? Was ist das?«

Verdrossen schlug er die Hand vor die Stirn und versuchte weiterzuschreiben, aber er hatte den Faden verloren. Er wandte sich mir zu. Einen Moment lang glaubte ich, er würde die tropfende Feder nach mir werfen. Dann wurde sein langes, düsteres Gesicht etwas weicher, obwohl er schon vor langer Zeit deutlich gemacht hatte, dass er mich für einen elenden dummen kleinen Halunken hielt.

»Es ist eine Beschwerdeschrift gegen den König«, sagte er, »von seinen demütigen Dienern, auf dass er unsere reformierte Religion unbehelligt lasse und nicht auf seine heimtückischen Ratgeber höre …«

»So wie seine katholische Königin Henrietta?«, unterbrach ich ihn.

Er schlug mir eine tintenverschmierte Hand auf den Mund und blickte sich nervös um. Aber ich hatte das Gefühl, dass er mich zum ersten Mal beifällig ansah.

»Und die Bitte, sich unsere bescheidenen Ansichten anzuhören, das Parlament nicht zu entlassen, wenn er sich entscheidet, seinen einfachen Knechten Geld abzunehmen, indem er alles mit Steuern belegt, was er sieht: Steine, Salz, selbst das einfache Stück Seife, mit dem wir uns waschen.«

Da er aussah, als würde er sich mit Tinte waschen, und ich mich im Winter kaum jemals wusch, um nicht den zugefrorenen Eimer im Hof benutzen zu müssen, hielt ich Seife für unwichtig, und dieses ganze Remonstranz-Ding klang eine ganze Ecke zu bescheiden, als dass der König sich auch nur einen Deut darum scheren würde.

Vielleicht waren meine Gedanken mir anzumerken. Mr Inks Gesicht lief rot an. Zum ersten Mal sah er aus, als hätte er Blut statt Tinte in den Adern.

»Aber vor allem ist das Gesuch für dich da«, sagte er.

»Für mich?«, fragte ich erstaunt.

»Für das Volk. Es wird die Welt verändern.«

Die Welt verändern? Was meinte er damit? Keine Steuern mehr auf Seife? Ich hielt ihn für einen Zauberer, wenn sein Schreibpult hüpfte und er die Worte in seinem Kopf, die sich wieder entwirrt hatten, mit fliegender Feder zu Papier brachte. Er sprach, während er schrieb, Mr Pyms klangvoller Tonfall schlich sich in seine Stimme, und einige seiner Redewendungen wie »Das Parlament ist die Seele des Gemeinwesens …« hallten in meinem Kopf wider.

Es war, als hätte er mich verhext. Von den Worten, die in meiner Hand trockneten, ging ein Zauber aus. Sie würden die Welt verändern. Davon war ich restlos überzeugt. Ich selbst würde mich ändern. Als ich durch die dunkle Nacht rannte, beschloss ich, eine reformierte Persönlichkeit zu sein und nicht für ein Bier und ein Würfelspiel mit den anderen Lehrjungen ins Pot Upside Down einzukehren. Bierschänken und Würfel standen ziemlich weit oben auf der Liste der Dinge, die für Lehrjungen verboten waren.

Aber ich muss gestehen, dass meine Schritte sich verlangsamten, als ich die Schänke erreichte. Trotz der späten Stunde drangen aufgeregte Stimmen und Gerüchte über die Debatte durch die Tür. Nur einen Krug, überredete ich mich, damit ich anschließend noch schneller würde rennen können.

In der Nähe der Bar stand ein Fremder, ein Edelmann mit einem Biberhut und einem modisch kurzem Umhang, und befragte die Stammgäste. Ich hörte ihn »rot« sagen. Ich spitzte die Ohren, besonders, als ich dieses Wort hörte. Meine Haare, rot wie Feuer und genauso unbändig, waren ein Fluch für mich. Mein Master konnte mich in jeder Schänke ausmachen, egal wie dämmrig das Licht und rauchgeschwängert die Luft war. Die Leute glaubten, ich hätte schottisches Blut in den Adern, oder, noch schlimmer, irisches, und seit die Papisten da drüben rebellierten, zogen sie mich damit auf, ein Spion zu sein. Ich hatte das aufbrausende Temperament, das mit roten Haaren einherging, und war deswegen schon in mehrere Schlägereien verwickelt worden.

Ich bemerkte, dass der Herr mit dem Biberhut mich anstarrte. Rasch wandte er sich ab, um etwas zu einem Mann zu sagen, den ich für seinen Diener hielt. Der Mann hatte einen breiten Nacken, die Schultern einer Bulldogge und ein pockennarbiges Gesicht.

Manchmal spannten die Zünfte die Nachtwächter ein, um die Lehrjungen in den Schänken zu fangen. Plötzlich fiel mir wieder ein, dass ich eine reformierte Persönlichkeit war und geschworen hatte, nie wieder eine Schänke aufzusuchen. Ich schlängelte mich durch die Menge nach draußen. Die kostbaren Zeilen, die Mr Ink mir gegeben hatte, packte ich fester. Ich glaubte tatsächlich, dass diese Worte mich zum Besseren verändert hatten, obwohl ich sie nicht verstand – oder vielleicht gerade deswegen.

Während ich rannte, stellte ich mir vor, wie die Tatsache, dass ich ein reformierter Charakter war, mich in einen guten Lehrjungen verwandeln würde. Ich würde ein freier Bürger der Stadt werden und trotz meiner Füße Anne heiraten. Ich würde eine eigene Druckerei mit Buchladen am St. Paul’s Kirchhof eröffnen, und in ein paar Jahren würde ich der Lord Mayor von London werden.