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Das behauptete er jedenfalls immer wieder, bis ich neugierig wurde. Aber an dem betreffenden Morgen war ich enttäuscht, denn es war kein Hund zu sehen.

„Kümmere dich nicht darum“, ließ Paul unbeteiligt fallen. Dann machten wir uns auf den Weg durch die Felder.

Ich wußte zu diesem Zeitpunkt nicht, was mir fehlte, aber in mir war die Ahnung einer drohenden tödlichen Krankheit. Ich war mit den Nerven am Ende, und nach den erstaunlichen Streichen zu urteilen, die meine Sinne mir gespielt hatten, schienen diese völlig durcheinander zu sein. Unerklärliche Geräusche belästigten mich. Manchmal hörte ich das Rascheln von Gras, das auseinandergeschoben wird, und einmal auch Fußtritte auf einem Stück steinigen Bodens.

„Hast du etwas gehört, Paul?“ fragte ich einmal. Aber er schüttelte nur den Kopf und schritt ruhig vorwärts.

Während ich über einen Zaun stieg, hörte ich das leise, ungeduldige Winseln eines Hundes, scheinbar nur wenige Fuß von mir entfernt. Aber als ich mich umwandte, konnte ich nichts sehen.

Erschlafft und zitternd sank ich zu Boden. „Paul“, sagte ich, „wir sollten besser zum Haus zurückgehen. Ich glaube, ich werd krank.“

„Unsinn, alter Junge“, antwortete er. „Dir ist nur der Sonnenschein wie Wein zu Kopf gestiegen. Gleich geht’s dir wieder besser. Wir haben doch wunderbares Wetter.“

Aber als wir den schmalen Weg durch ein Pappelwäldchen passierten, streifte irgend etwas meine Beine, so daß ich strauchelte und beinahe hinfiel. Mit plötzlicher Angst blickte ich Paul an.

„Was ist denn los?“ fragte er. „Bist du über deine eigenen Füße gestolpert?“

Ich biß die Zähne zusammen und schleppte mich weiter, obwohl ich sehr verwirrt und vollkommen überzeugt war, das irgendeine akute und geheimnisvolle Krankheit meine Nerven befallen hatte. Bis jetzt waren meine Augen ver- schont geblieben, aber als wir wieder auf offenes Gelände kamen, ließen sogar sie mich im Stich.

Buntes Regenbogenlicht begann auf dem Weg vor mir aufzublitzen und wieder zu verschwinden. Noch konnte ich mich beherrschen, aber dann blieb das bunte Licht volle zwanzig Sekunden lang sichtbar. Es tanzte und blitzte fortwährend. Als es endlich vorüber war, mußte ich mich setzen, schwach und zitternd. „Ich bin am Ende“, keuchte ich und bedeckte die Augen mit den Händen.

„Jetzt auch noch die Augen. Paul, schaff mich nach Hause.“ Aber Paul lachte lange und laut. „Was hab ich dir gesagt? Der wunderbarste Hund, nicht wahr? Na, was denkst du?“

Er wandte sich halb von mir ab und begann zu pfeifen. Ich hörte Fußtritte, das Keuchen eines erhitzten Tieres und das unverwechselbare Bellen eines Hundes. Dann bückte sich Paul und machte eine Handbewegung als würde er ein Tier streicheln.

„Hier! Gib mir deine Hand.“ Und er führte sie über die kalte Nase und die Kehle eines Hundes. Es war zweifellos ein Hund. Er hatte die Gestalt und das glatte, kurze Fell eines Pointers.

Ich kann sagen, daß ich meine Sinne sehr schnell wieder unter Kontrolle bekam. Paul legte dem Tier ein Halsband um und band ihm ein Taschentuch an den Schwanz. So genossen wir den erstaunlichen Anblick eines durch das Gelände springenden leeren Halsbandes und eines wedelnden Taschentuches, und es war schon sehenswert, wie Halsband und Taschentuch einen Schwärm Wachteln in einer Gruppe weißer Akazien in Schach hielt, der starr und unbeweglich blieb, bis wir die Vögel geschossen hatten.

Hin und wieder sandte der Hund die vielfarbigen Lichtblitze aus, die ich schon erwähnt habe. Das einzige, wie Paul erklärte, was er nicht vorausgesehen hatte und was wahrscheinlich nicht beseitigt werden konnte. „Von diesen Erscheinungen gibt es eine ganze Familie“, sagte er, „Nebensonnen, Regenbögen,

Heiligenscheine. Sie entstehen, wenn Lichtstrahlen an den Kristallen von Mineralien oder Eis, am Nebel, Regen-, Sprühregen und so fort gebrochen werden. Ich glaube, die Blitze sind der Preis, den ich für die Unsichtbarkeit zu zahlen habe. Ich konnte Lloyds Schatten umgehen, traf dafür aber auf den Regenbogenblitz.“

Ein paar Tage später empfing mich vor dem Eingang zu Pauls Laboratorium ein entsetzlicher Gestank. Er war so intensiv, daß man seine Ursache leicht entdecken konnte. Auf den Stufen lag eine faulige Masse, die von der Form her an einen Hund erinnerte. Paul war bestürzt, als er meinen Fund untersuchte. Es war sein unsichtbarer Hund - oder besser das, was einmal sein unsichtbarer Hund gewesen war, denn jetzt konnte man ihn deutlich sehen. Noch vor ein paar Minuten war er gesund und munter umhergetollt. Eine genauere Untersuchung ergab, daß der Schädel durch einen schweren Schlag zertrümmert worden war. Erschien es schon rätselhaft, daß das Tier getötet wurde, unerklärlich war der Fakt, daß es so schnell in Verwesung überging.

„Die Substanzen, die ich ihm injiziert hatte, waren harmlos“, erklärte Paul. „Aber sie waren wirksam, und es scheint, daß sie nach dem Tode praktisch die sofortige Verwesung bewirkten. Bemerkenswert, höchst bemerkenswert! Nun, es kommt halt darauf an, nicht zu sterben. Sie tun einem nichts, solange man lebt. Aber ich möchte wissen, wer dem Hund den Kopf zertrümmert hat.“

Licht kam allerdings in die Sache, als ein verängstigtes Hausmädchen die Nachricht brachte, daß Gaffer Bedshaw an diesem Morgen, vor weniger als einer Stunde, völlig den Verstand verloren habe und zu Hause in der Jagdhütte mit Riemen gefesselt werden mußte, wo er vom Kampf mit einer wilden, riesigen Bestie faselte, mit der er auf Tichlornes Rasen zusammengestoßen war. Er behauptete, daß das Geschöpf, was immer es gewesen sein mochte, unsichtbar war; mit eigenen Augen habe er gesehen, daß es unsichtbar war, woraufhin Frau und Töchter nur unter Tränen die Köpfe schütteln konnten und er um so heftiger tobte, so daß der Gärtner und der Kutscher die Riemen noch ein Loch enger ziehen mußten.

Hatte nun Paul Tichlorne das Problem der Unsichtbarkeit auf seine Weise gelöst, so stand ihm Lloyd Inwood in nichts nach. Er bat mich, seine Fortschritte in Augenschein zu nehmen, und ich ging zu ihm hinüber. Sein Laboratorium lag jetzt inmitten seines riesigen Anwesens versteckt. Es war in einer hübschen kleinen Lichtung errichtet worden, die zu allen Seiten von dichtem Gehölz umgeben war, so daß man nur über einen gewundenen, verwilderten Pfad dorthin gelangen konnte. Ich war allerdings diesen Weg schon so oft gegangen, daß ich dort jeden Stein kannte. Wie groß war meine Überraschung, als ich die Lichtung betrat und kein Laboratorium vorfand. Der malerische Hallenbau mit dem roten Sandsteinkamin war nicht da. Es schien, als sei er nie dort gewesen. Es gab keine Ruine, keine Trümmer, nichts.

Ich ging auf die Stelle zu, wo das Laboratorium gestanden hatte. „Hier“, sagte ich zu mir, „müßten die Stufen zur Tür sein.“ Kaum war dieser Satz über meine Lippen, als mein Fuß gegen ein Hindernis stieß. Ich fiel nach vorn und prallte mit dem Kopf gegen etwas, was sich wie eine Tür anfühlte. Ich streckte die Hand aus. Es war eine Tür. Ich fand den Knauf und drehte ihn. Da plötzlich, als sich die Tür in ihren Angeln nach innen drehte, wurde das ganze Innere des Laboratoriums sichtbar. Nachdem ich Lloyd begrüßt hatte, schloß ich die Tür wieder und ging rückwärts ein paar Schritte den Weg hinunter. Von dem Gebäude war nichts zu sehen. Ich kam zurück und öffnete die Tür, da wurden plötzlich die Möbel und alle Einzelheiten des Innern sichtbar. Das war wirklich atemberaubend - dieser unvermittelte Übergang von einem Nichts zu Licht, Form und Farbe.

„Na, was sagst du dazu?“ fragte Lloyd, während er meine Hand heftig drückte. „Gestern nachmittag habe ich das Haus ein paarmal von außen mit dem absoluten Schwarz gestrichen, um zu sehen, wie es wirkt. Was macht dein Kopf? Du mußt ihn dir ganz schön gestoßen haben.“