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Das Jahr war ein besonderes Jahr in der Weltgeschichte. Goliah regierte die Welt mit strenger Hand. Könige und Kaiser begaben sich zur Palgrave-Insel und betrachteten die Wunder des Energons. Sie verließen die Insel mit Todesangst im Herzen, um am Ende Thronen, Kronen und Erbrechten zu entsagen. Sprach Goliah mit Politikern, gehorchten diese, oder sie starben. Er diktierte universelle Reformen, löste aufsässige Parlamente auf, er schickte seine Todesengel, als es zur großen Konspiration von rebellischen Geldherren und Großindustriellen kam. „Die Zeit, den Narren zu spielen, ist vorbei,“ sagte er ihnen. „Ihr seid ein Anachronismus. Ihr steht der Menschheit im Wege. Auf den Müllhaufen mit euch.“ Denen, die widersprachen, und es waren viele, sagte er: „Das ist nicht die Zeit für Wortgefechte. Ihr könnt jahrhundertelang argumentieren. Das habt ihr in der Vergangenheit immer getan. Ich habe keine Zeit für Dispute. Geht mir aus dem Wege.“

Außer daß er Kriege unterbrach und den allgemeinen großen Plan darlegte, tat Goliah nichts. Indem er Todesfurcht in die Herzen derer säte, die die hohen Positionen einnahmen und die den Fortschritt hemmten, schuf Goliah die Möglichkeit für die Freisetzung der Intelligenz der besten sozialen Denker der Welt. Goliah überließ all die vielfältigen Details der Umgestaltung diesen sozialen Denkern. Sie sollten beweisen, daß sie in der Lage dazu waren, und sie bewiesen es. Es war ihrer Initiative zu verdanken, daß die weiße Pest von der Welt verschwand. Es ging auf sie zurück, daß trotz starker Proteste der Sentimentalisten alle Träger schlimmster Erbkrankheiten isoliert und mit Heiratsverbot belegt wurden.

Goliah hatte auch absolut nichts mit der Gründung der Schulen für Erfinder zu tun. Diese Idee war praktisch gleichzeitig in den Köpfen Tausender von sozialen Denkern entstanden. Zum ersten Male diente die Genialität des Menschen dazu, das Leben zu vereinfachen, anstatt irgendwelche Erfindungen zu ersinnen, mit denen man Geld verdienen konnte. Die Dinge des täglichen Lebens wie Saubermachen, Geschirrspülen, Fensterputzen, Staubwischen, Schrubben, Wäschewaschen und all die endlosen primitiven und notwendigen Kleinigkeiten wurden durch Erfindungen leichter gemacht, bis sie sich ganz und gar automatisch erledigten. Wir können uns heute das elende schmutzige und sklavische Leben vor gar nicht mehr vorstellen.

Die internationale Weltregierung war auch ein Gedanke, den Tausende gleichzeitig hatten. Die erfolgreiche Realisierung dieser Idee war für viele eine Überraschung, aber das war nichts gegen die Überraschung der protestantisch angehauchten Soziologen und Biologen, als unabweisbare Tatsachen die Malthussche Lehre sprengten. Angesichts der Muße und Freude in der Welt, eines sehr viel höheren Lebensstandards, des üppigen Angebots an Erholungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, des Strebens nach Schönheit und edlem Geist sowie all den anderen höheren Eigenschaften sank die Geburtenrate, und zwar erstaunlich. Die Menschen hörten auf, sich unüberlegt zu vermehren. Ja es war sogar unmittelbar spürbar, daß das Niveau der geborenen Kinder höher war. Die Lehre des Malthus löste sich in ein Nichts auf - oder, um mit Goliahs Worten zu sprechen, flog auf den Abfallhaufen.

Alles was Goliah vorausgesagt hatte, hatte die Intelligenz des Menschen mit Hilfe der ihr zur Verfügung stehenden mechanischen Energie erreicht. Menschliche Unzufriedenheit verschwand praktisch. Die Älteren waren die großen Nörgler, aber als sie von der Gesellschaft in dem Augenblick, da sie das Höchstarbeitsalter erreicht hatten, in Ehren pensioniert wurden, hörten die meisten auf, Unzufriedenheit zu äußern. Sie fanden, daß es ihnen besser ging, nun, da sie unter dem neuen Regime ihre alten Tage in Muße verbringen konnten, sie viel mehr Vergnügungen und Bequemlichkeiten genossen als je zuvor während ihrer arbeitsreichen und mühevollen Jugendzeit unter dem alten Regime. Die jüngere Generation hatte sich problemlos an die veränderte Ordnung gewöhnt. Die Summe menschlichen Glücks war gewaltig angewachsen. Die Welt war fröhlich und gesund geworden. Selbst die alten Professorenkäuze der Soziologie, die dem neuen Regime mit Macht entgegengetreten waren, beklagten sich nicht länger. Sie wurden viel besser honoriert als in der alten Zeit und waren dennoch nicht so abgearbeitet. Zudem waren sie mit der Revision der Soziologie und dem Schreiben neuer Lehrbücher zu diesem Gegenstand befaßt. Ja, es ist wahr, hin und wieder gab es atavistische Züge, Menschen, die sich nach den Fleischtöpfen und den kannibalischen Festen des alten vorgeblichen „Individualismus“ sehnten, Geschöpfe mit langen Zähnen und wilden Klauen, die ihre Mitmenschen zur Beute machen wollten: aber solche Wesen wurden als krank betrachtet und in Krankenhäusern behandelt. Ein kleiner Rest erwies sich jedoch als unheilbar und wurde deshalb in Heimen untergebracht, außerdem verwehrte man ihm das Recht zu heiraten. Auf diese Weise verhinderte man, daß es Nachkommen gab, die deren atavistische Züge hätten erben können.

Im Laufe der Jahre zog sich Goliah aus dem Geschäft der Weltleitung zurück. Es gab nichts mehr, das er hätte leiten können. Die Welt leitete sich selbst, und sie tat dies auf milde und schöne Weise. Im Jahre machte Goliah der Welt sein lange versprochenes Geschenk des Energons. Er hatte selbst Tausende von Möglichkeiten vorgesehen, wie dieser kleine Gigant die Arbeit der Welt leisten sollte, und er machte sie alle zur selben Zeit der Öffentlichkeit zugänglich. Sofort griffen die Schulen für Erfinder nach dem Energon und ersonnen hunderttausend weitere Möglichkeiten für seine Verwendung. Wie Goliah in einem Brief vom März bekannte, haben diese Schulen eine Reihe verwirrender Eigenschaften des Energons klären können, die ihm in den vergangenen Jahren Rätsel aufgegeben hatten. Mit der Einführung des Energons wurde der Zweistundenarbeitstag fast auf ein Nichts reduziert. Wie Goliah vorausgesehen hatte, war Arbeit wirklich zum Spiel geworden. So gewaltig war die Produktivität des Menschen dank des Energons und seiner vernünftigen sozialen Verwendungsweise, daß der bescheidenste Bürger in viel reicherem Maße Muße, Zeit und Lebensüberfluß genoß als der Privilegierteste unter dem alten anarchistischen System.

Niemand hatte Goliah je gesehen, und alle Menschen stimmten in den Ruf ein, daß sich ihr Heilsbringer zeigen möge. Ohne die Bedeutung der Entdeckung des Energons schmälern zu wollen, war man doch der Meinung, daß Goliahs große soziale Vision noch bedeutender war. Er war ein Übermensch, ein wissenschaftlicher Übermensch, und das Bedürfnis, ihn zu sehen, war fast unerträglich geworden. Im Jahre schließlich verließ er nach langem Zögern die Palgrave-Insel. Er kam am . Juni in San Francisco an, und zum erstenmal seit seinem Rückzug auf die Insel sah die Welt sein Gesicht. Und die Welt war enttäuscht. Ihre Phantasie hatte eine Heldengestalt aus Goliah gemacht. Er war der Mensch, ja der Halbgott, der den Planeten umgewälzt hatte. Die Taten Alexanders, Cäsars, Dschingis Khans und Napoleons waren ein Kinderspiel gegen seine kolossalen Errungenschaften.

Durch die Straßen von San Francisco schritt oder fuhr ein kleiner alter Herr von fünfundsechzig, gepflegt, mit rosaweißlichem Teint und einer kahlen Stelle auf dem Kopf von der Größe eines Apfels. Er war kurzsichtig und trug eine Brille. Ohne Brille zeigten sich fragende blaue Kinderaugen, die sanftes Staunen über die Welt ausdrückten. Seine Augen hatten eine Art zu zwinkern - wobei sich das ganze Gesicht verzog - , daß man den Eindruck gewann, er lache sich eins über den Riesenspaß, den er sich mit der Welt geleistet hatte, als er sie wider ihren Willen zu Glück und Frohsinn gezwungen hatte.