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Für einen wissenschaftlichen Übermenschen und Welttyrannen zeigte er bemerkenswerte Schwächen. Er aß gern Süßes und war ganz verrückt nach gesalzenen Mandeln und Nüssen, besonders nach letzteren. Er trug immer eine Tüte davon in der Tasche und sagte häufig, daß die chemische Beschaffenheit seiner Natur dies verlange. Seine erstaunlichste Schwäche war wohl seine tiefverwurzelte Abneigung gegen Katzen. Man wird nie vergessen, wie er vor Angst plötzlich in Ohnmacht fiel, als während seiner Rede im Palast der Brüderschaft die Katze des Hausmeisters über die Bühne lief und an seinen Beinen vorbeistrich.

Kaum hatte er sich der Welt entdeckt, da hatte man ihn auch schon identifiziert. Freunde aus der alten Zeit erkannten in ihm unschwer Percival Stultz wieder, den Deutschamerikaner, der in der Gewerkschaft der Metallarbeiter gearbeitet hatte und zwei Jahre lang Sekretär der Gruppe der Internationalen Bruderschaft der Maschinenarbeiter gewesen war. , fünfundzwanzigjährig, hatte er wissenschaftliche Kurse an der Universität von Kalifornien belegt und sich etwas Geld verdient, indem er Kunden für eine Sache warb, die damals als Lebensversicherung bekannt war. Seine Zeugnisse aus der Studentenzeit sind im Universitätsmuseum aufbewahrt, und sie sind durchaus nicht von beneidenswerter Qualität. Die Professoren, bei denen er Vorlesungen hörte, erinnerten sich an ihn als einen ständig geistesabwesenden Studenten. Zweifellos existierten schon damals Bruchstücke jener grandiosen Vision, die ihn später einmal ganz erfüllen sollte.

Daß er sich Goliah genannt und in geheimnisvolles Dunkel gehüllt habe, sei ein kleiner Spaß gewesen, erklärte er später. Als Goliah oder etwas ähnliches sei er in der Lage gewesen, die Vorstellungskraft der Welt anzuregen und sie umzuwandeln, als Percival Stultz jedoch, der einen Backenbart und eine Brille trug und mit einem Gewicht von hundertachtzehn Pfund hätte er keine Nuß umwenden können, „nicht einmal eine gesalzene“.

Aber die Welt überwand ihre Enttäuschung über seine persönliche Erscheinung und sein Vorleben bald. Sie kannte und verehrte ihn als das größte Genie aller Zeiten, sie liebte ihn um seiner selbst willen, wegen seiner forschenden Augen und der unnachahmlichen Art, in der er sein Gesicht verzog, wenn er lachte, sie liebte ihn wegen seiner Einfachheit und Kameradschaftlichkeit wie auch Warmherzigkeit, wegen seiner Liebe zu gesalzenen Nüssen und seiner Abneigung gegen Katzen. Heute erhebt sich in der Wunderstadt von Asgard in eindrucksvoller Schönheit sein Denkmal, das alle Pyramiden sowie monströsen blutbefleckten Monumente der Antike in den Schatten stellt. Und auf dem Denkmal steht, wie alle wissen, in unvergänglicher Bronze die Prophezeiung und die Erfüllung: „Alle werden ihres Glückes Schmied sein, und ihre Bestimmung ist es, aus dem klingenden Amboß des Lebens das Lachen zu schlagen.“ Anmerkung des Herausgebers: Diese bemerkenswerte Arbeit ist das Werk von Harry Beckwith, einem Studenten an der Lo-well High School in San Francisco. Sie wird hier vor allem wegen des jugendlichen Alters des Autors abgedruckt. Wenngleich es ganz und gar nicht unsere Art ist, unsere Leser mit alter Geschichte zu belasten, so wird man doch unseren Beweggrund verstehen, wenn man erfährt, daß Harry Beckwith erst fünfzehn Jahre alt war, als er die vorliegende Geschichte schrieb. „Goliah“ gewann den ersten Preis im High SchoolWettbewerb im Jahre . Im vergangenen Jahr genoß Harry Beckwith das Vorrecht, zu einem sechsmonatigen Aufenthalt in Asgard auserwählt worden zu sein. Der Reichtum an historischem Detail, die Atmosphäre jener Zeit sowie der reife Stil sind besonders bemerkenswert für einen so jungen Menschen.

Ein seltsames Fragment

Nachforschungen ergaben, daß der in diesem Bericht erwähnte Kapitalist oder Industrieoligarch, Roger Vanderwater, der neunte aus dem Geschlecht der Vanderwaters war, das seit Hunderten von Jahren die Baumwollfabriken des Südens kontrollierte. Roger Vanderwater stand während der letzten Jahrzehnte des sechsundzwanzigsten Jahrhunderts nach Christus auf dem Gipfel seiner Macht - das war das fünfte Jahrhundert der entsetzlichen Industrieoligarchie, die auf den Ruinen der ersten Republik errichtet worden war.

Inneren Beweisen zufolge sind wir der Überzeugung, daß der nachfolgende Bericht nicht vor dem neunundzwanzigsten Jahrhundert schriftlich niedergelegt wurde. Nicht allein deswegen, weil es in jener Zeit gegen die herrschenden Gesetze verstieß, etwas Derartiges aufzuschreiben oder zu drucken, sondern weil die Arbeiterklasse in solchem Maße analphabetisch war, daß ihre Vertreter nur in den seltensten Fällen lesen oder schreiben konnten. Es war die düstere Herrschaft des Großen Aufsehers, in dessen Rede die Masse des Volkes als „Herdentiere “ charakterisiert wurde. Jegliches Schrifttum war verpönt und wurde ausgemerzt. Aus den damaligen Gesetzbüchern kann zum Beispiel das Schwarze Gesetz angeführt werden, das jeden Mann zum Kapitalverbrecher erklärte, der - egal welcher Klasse er angehörte - einem Vertreter der Arbeiterklasse nur das Alphabet beibrachte. Solche strengen Bildungsbeschränkungen von seiten der herrschenden Klasse waren notwendig, wenn diese Klasse weiter an der Macht bleiben wollte.

Ein Ergebnis dieses Vorgehens war die Entwicklung berufsmäßiger Geschichtenerzähler. Diese Geschichtenerzähler wurden von der Oligarchie bezahlt, und die erzählten Geschichten waren legendenhaft, mythisch, romantisch und harmlos. Aber der Freiheitsgeist erstarb nie ganz, und getarnt als Geschichtenerzähler predigten seine Verkünder der Sklavenklasse den Aufstand. Daß die nachfolgende Geschichte von den Oligarchen verboten wurde, beweisen Akten des Kriminalgerichtshofes von Ashbury, denen zufolge am . Januar ein gewisser John Tourney für schuldig befunden wurde, diese Geschichte in einer Arbeiterkneipe erzählt zu haben, und der daraufhin zu fünf jähriger Strafarbeit in den Boraxminen der Arizona-Wüste verurteilt wurde. - Anmerkung des Herausgebers.

Ein seltsames Fragment

Höret, meine Brüder, ich will euch die Geschichte eines Armes erzählen. Es war der Arm von Tom Dixon, und Tom Di-xon war ein erstklassiger Weber in einer Fabrik jenes Höllenhundes und Herrn, Roger Vanderwater. Die dort schuftenden Sklaven hatten diese Fabrik „Höllenarsch“ getauft. Vermutlich wußten sie weshalb, und sie befand sich in Kingsbury, am

anderen Ende der Stadt von Vanderwaters Sommerschloß aus gesehen. Ihr wißt nicht, wo Kingsbury liegt? Es gibt vieles, was ihr nicht wißt, meine Brüder, und das ist traurig. Das kommt daher, weil ihr nicht wißt, daß ihr Sklaven seid. Wenn ich euch diese Geschichte erzählt habe, möchte ich gern eine Schulklasse bilden, damit ihr geschriebene und gedruckte Rede kennenlernt. Unsere Herren lesen, schreiben und besitzen viele Bücher, und nur deshalb sind sie unsere Herren, leben in Schlössern und arbeiten nicht. Wenn die Zwangsarbeiter lesen und schreiben lernen - alle - , werden sie mächtig; dann werden sie ihre Macht gebrauchen, um die Ketten zu zerbrechen, und es wird nicht länger Herren und Sklaven geben.

Kingsbury, meine Brüder, liegt im alten Staat Alabama. Seit dreihundert Jahren gehört Kingsbury mit all seinen Sklavenbaracken und Fabriken den Vanderwaters, dazu noch weitere Sklavenbaracken und Fabriken in vielen anderen Orten und Staaten. Ihr kennt die Vanderwaters - wer kennt sie nicht - , aber laßt mich erzählen, was ihr nicht von ihnen wißt. Der erste Vanderwater war ein Sklave, einer wie du und ich. Versteht ihr? Er war Sklave, und das ist über dreihundert Jahre her. Sein Vater war Maschinist in Alexander Burrells Sklavenbaracken -und seine Mutter war dort Waschfrau. Darüber besteht kein Zweifel. Ich erzähl euch die Wahrheit. Das ist Geschichte. Es steht gedruckt - jedes Wort - in den Geschichtsbüchern unserer Herren; in den Büchern, die ihr nicht lesen könnt, weil es euch eure Herren nicht erlauben, lesen zu lernen. Ihr werdet begreifen, weshalb man euch nicht erlaubt, das Lesen zu erlernen, wenn derartiges in den Büchern steht. Sie wissen es, und sie sind sehr klug. Wenn ihr solche Sachen lesen würdet, könntet ihr es euren Herren gegenüber an Achtung fehlen lassen, und das wäre gefährlich... für eure Herren. Aber ich weiß es, denn ich kann lesen, und ich erzähle euch, was ich mit eigenen Augen in den Geschichtsbüchern unserer Herren gelesen habe.