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Ich fing gerade an, meine Leichtgläubigkeit zu belächeln, als Dover neben sich ein Schubfach aufzog und eine Phiole mit Metallverschluß ans Licht zog. Ich gestehe meine bittere Enttäuschung, als ich die darin enthaltene, ganz gewöhnliche Flüssigkeit erblickte - eine dickflüssige, fast farblose Substanz, die nichts von jenem leuchtenden Schillern hatte, das man selbstverständlich von einem solchen Wundermittel erwarten würde. Liebevoll, fast zärtlich schüttelte er sie; aber okkulte Eigenschaften offenbarten sich nicht. Dann öffnete er eine schwarze Lederkassette, in der eine subkutane Injektionsspritze auf einem Samtkissen lag, und nickte bedeutungsvoll. Das Brown-Sequard-Elixier und Kochs Experimente mit Impfstoff schössen mir in den Sinn. Ich lächelte belustigt, aber voller Zweifel; er jedoch - meine Gedanken erahnend - beeilte sich zu sagen: „Nein, sie waren auf dem richtigen Weg, haben ihn aber verfehlt.“

Er öffnete die Innentür des Laboratoriums und rief: „Hector! Komm, alter Knabe, komm schon!“

Hector war ein reichlich überalteter Neufundländer, der seit Jahren schon zu nichts mehr zu gebrauchen war, außer daß er Leuten im Wege lag, und darin brachte er es zu bewundernswerter Meisterschaft. Begreifen Sie mein Erstaunen, als dieses schwere, stämmige Tier wie ein Wirbelwind hereinsauste und alles völlig in Unordnung brachte, bis sein Herr es schließlich zur Räson rief. Ohne ein Wort zu verlieren, blickte mich Dover vielsagend an.

„Aber das - das ist doch nicht Hector!“ rief ich und zweifelte gleichzeitig an dieser Feststellung.

Er hob das Ohr des Tieres an, und ich sah innen zwei vernarbte Risse, die es zur Erinnerung an die wilden Kämpfe seiner Jugendtage zurückbehalten hatte, als auch sein Herr und ich noch junge Burschen waren. An die Wunden konnte ich mich genau erinnern.

„Sechzehn Jahre alt und springlebendig wie ein junger Hund.“ Dover strahlte triumphierend. „Seit zwei Monaten experimentiere ich mit ihm. Niemand weiß bisher davon, aber wie wird man die Augen aufreißen, wenn Hector draußen wieder herumspringt! Die Sache ist ganz einfach so, daß ich ihm mit der Injektion neue Lebenszeit geschenkt habe - übrigens, der gleiche Impfstoff wie er von früheren Forschern verwendet wurde, nur war es ihnen versagt, seine Bestandteile zu bestimmen, was mir gelungen ist. Was das ist? Ein tierisches Derivat, das die Auswirkungen des Alterungsprozesses eindämmt und abbaut, indem es auf die abgestorbenen Lebenszellen jedes tierischen Organismus einwirkt. Beachte die anatomischen Veränderungen an Hector, die durch die Infusionen herbeigeführt wurden; im wesentlichen kann man ihre Wirkungen als Abbau von mineralischen Knochenablagerungen und als Aufbau von Muskelgewebe charakterisieren. Natürlich gab es noch geringe Bedenken; doch es ist mir gelungen, diese auszuschalten; unglücklicherweise ging das jedoch nicht ohne das Ableben von mehreren meiner früheren Versuchstiere vonstatten. Ehe ein Mißerfolg des Versuchs nicht ausgeschlossen war, brachte ich es nicht fertig, mit Hector zu arbeiten. Und jetzt.“ Er erhob sich und lief aufgeregt hin und her. Es dauerte eine Weile, bevor er seinen unvollendeten Gedanken wieder aufnahm.

„Und jetzt bin ich soweit, diese Verjüngung an Menschen vorzunehmen. Und ich schlage vor, als allerersten jemanden auszuwählen, der mir sehr nahesteht.“

„Nicht doch - nicht etwa.?“ stammelte ich.

„Doch, Onkel Max. Deshalb habe ich um deine Mithilfe gebeten. Entdeckungen, eine immer größer als die andere, habe ich gemacht, und jetzt ist der Verjüngungsprozeß so weit fortgeschritten, daß ich vor mir selbst Angst bekomme. Hinzu kommt, Onkel Max ist so sehr alt, daß größte Diskretion erforderlich ist. Nur durch wirksamste Methoden lassen sich derartig entscheidende Veränderungen im Gesamtorganismus eines altersschwachen Körpers erzielen, und wir haben allen Grund, vorsichtig zu sein. Wie schon gesagt, ich habe Angst vor meiner eigenen Courage und brauche zu meiner Kontrolle das Mitdenken eines anderen. Verstehst du? Wirst du mir helfen?“

Ich habe das obige Gespräch mit meinem Freund Dover Wal-lingford wiedergegeben, um deutlich werden zu lassen, auf welche Art und Weise ich zu einem der merkwürdigsten wissenschaftlichen Erlebnisse meines Lebens kam. Über all die folgenden, beispiellosen Begebenheiten spricht und staunt das Dorf heute noch. Und da dem Dorf die wahren Fakten des Falles bekannt sind, wurde es durch die nachfolgenden Ereignisse bis ins tiefste erschüttert. Die verursachte Aufregung war gewaltig: Gleichzeitig wurden drei Feldgottesdienste abgehalten - und das mit unglaublichem Erfolg; es gab viel Gerede über Zeichen und Vorbedeutungen, und nicht wenige der ansonsten normalen Gemeindemitglieder verkündeten die Wiederkehr der alten Wunder; und immer noch spitzen sie eifrig und geduldig die Ohren, um die Trompeten des Jüngsten Gerichts zu hören, erheben ihre Augen, um bezeugen zu können, daß der Himmel sich auftut wie eine Schriftenrolle. Was aber Major Rathbone -das war Dovers Onkel Max - betrifft, nun - er wird von einem gewissen Teil des Dorfes als ein zweiter Lazarus angesehen, als einer, der vom Tode auferstanden ist und fast schon vor Gott gestanden hat; währenddessen ist eine andere Gruppe im Dorf der festen Überzeugung, daß er mit dem Teufel im Bunde steht und eines Tages in wirbelnder Schwefelwolke im Höllenfeuer verschwinden wird.

Aber sei es, wie es sei, ich werde hier die Tatsachen festhalten, wie sie wirklich geschehen sind. Es ist jedoch nicht meine Absicht, mich allen Einzelheiten des Falles zu widmen außer denen, die Major Rathbone direkt betreffen. Es haben sich mehrere unvorhersehbare Zufälle eingestellt, die erst genauer untersucht werden müssen, bevor wir die alte Welt mit der Formel unserer wunderbaren Entdeckung wachrütteln.

Dann werden wir eine Synode aller Nationen einberufen, und das Mittel zur Verjüngung der Menschheit wird kompetenten Expertenausschüssen der verschiedenen Regierungen ausgehändigt. Und wir geben hier das Versprechen, daß es allen gehören soll wie die Luft, die wir atmen, oder das Wasser, das wir trinken. Weiterhin bitten wir darum, daß man im Hinblick auf unsere rein uneigennützigen Motive unsere gegenwärtige Verschwiegenheit respektiert und die Welt, der wir einen Dienst erweisen wollen, das nicht zum Gegenstand gehässiger Erörterungen macht.

Nun zur Arbeit. Ich ließ unverzüglich mein Gepäck kommen und schlug meinen Wohnsitz in einem der Räume neben Dovers Laboratorium auf. Major Rathbone, von den verlockenden Verheißungen der Jugend ganz verwirrt, ertrug bereitwillig unsere Belästigungen. Für die Außenwelt lag er sterbenskrank danieder; aber in Wirklichkeit wurde er mit jedem Tag, den wir ihm widmeten, zunehmend kräftiger und stärker. Drei Monate lang beschäftigten wir uns ausschließlich mit dieser Aufgabe - einer Aufgabe, die voller Gefahren, doch so fesselnd war, daß wir kaum bemerkten, wie schnell die Zeit verstrich. Die bläßliche Haut des Majors bekam wieder Farbe, die Muskeln strafften sich, und die Falten verschwanden zum Teil. In seinen Jugendtagen war er keinesfalls ein Athlet gewesen, und da er keine Organschwächen hatte, kehrte auf höchst wundersame Weise seine Kraft zurück. Es war überraschend, welche Spannkraft und Energie sich in ihm ansammelte, und ungestümer jugendlicher Übermut wallte in seinem Blut, so daß es uns zum Schluß oft schwerfiel, ihn zurückzuhalten. Wir, die wir mit der Wiederbelebung eines schwachen, alten Mannes angefangen hatten, standen jetzt vor einem ungebändigten jungen Riesen. Bemerkenswert war an unserem Experiment, daß sein schneeweißes Haar und der Bart unverändert blieben. Was auch immer wir probierten, hier blieben alle Anstrengungen erfolglos. Hinzu kam, daß die mit fortschreitendem Alter erworbene Reizbarkeit weiterbestand. Und das, verbunden mit einer natürlichen Veranlagung zu Starrsinn und Aufsässigkeit, wurde für uns zu einer drückenden Bürde.