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Und da kochte sie nun Fischsuppe in einem mit Ruß überzogenen Topf, ihre herrlichen Augen entzündet von dem Rauch des offenen Feuers. Ihre Geschichte war traurig. Sie war die einzige Überlebende unter einer Million - so wie auch ich, so wie auch Chauffeur. Auf einer Anhöhe der Alameda Hills hatte van Warden einen ungeheuer großen Sommerpalast, mit einem Ausblick über San Francisco Bay, gebaut. Er war von einem Park umgeben, der eintausend Morgen umfaßte. Als die Pest ausbrach, schickte van Warden seine Frau dorthin. Bewaffnete Posten patrouillierten an den Grenzen des Parks entlang, und weder Lebensmittel noch Post gelangten hinein, ohne vorher durchräuchert worden zu sein. Aber dennoch kam die Pest, tötete die Wachen auf ihrem Posten und die Diener bei ihrer Arbeit, fegte das ganze Heer der Gefolgsleute hinweg oder zumindest jene von ihnen, die nicht geflüchtet waren, um anderswo zu sterben. So kam es, daß Vesta sich als die einzige lebende Person in dem Palast wiederfand, der zu einem Totenhaus geworden war.

Nun war der Chauffeur einer der Diener, die davongelaufen waren. Als er zwei Monate später zurückkehrte, entdeckte er Yesta in einem kleinen Sommerpavillon, wo es keine Toten gegeben und in dem sie sich eingerichtet hatte. Er war ein Scheusal. Sie fürchtete sich vor ihm, rannte davon und verbarg sich zwischen den Bäumen. In der Nacht flüchtete sie zu Fuß in die Berge - sie, deren zarte Füße und zierlicher Körper nie zwischen Steinen gequetscht und von Dornensträuchern zerkratzt worden waren. Er folgte ihr, und noch in der Nacht erwischte er sie. Er schlug sie. Versteht ihr das? Er schlug sie mit seinen schrecklichen Fäusten und machte sie zu seiner Sklavin. Sie mußte das Feuerholz zusammentragen, die Scheite aufschichten, kochen, all die erniedrigenden Lagerarbeiten tun, sie, die in ihrem Leben nie Gesindeverrichtungen ausgeführt hatte. Zu all dem zwang er sie, während er selbst als echter Barbar es vorzog, am Feuer zu liegen und sie zu beaufsichtigen. Er tat nichts, absolut nichts, außer gelegentlich zu jagen-und zu fischen.“

„Gut für Chauffeur“, bemerkte Hare-Lip mit gedämpfter Stimme zu den anderen Jungen. „Ich erinnere mich an ihn. Er war ein famoser Kerl. Er sorgte dafür, daß die Dinge liefen. Ihr wißt ja, Dad hat seine Tochter geheiratet. Ihr hättet sehn soll’n, wie er Dad nach Strich und Faden runtergemacht hat. Der Chauffeur war ein Teufelskerl. Wir Kinder mußten dabeistehen. Selbst als er am Abkratzen war, da hat er noch nach mir gelangt und mir ‘s Gehirn aus ‘m Schädel gekloppt mit dem langen Stock, den er immer neben sich liegen hatte.“

Hare-Lip rieb sich bei dem Gedanken daran seinen runden Kopf, und die Jungen wandten sich wieder dem alten Mann zu, der hingerissen über Vesta redete, die Squaw des Begründers des Chauffeur-Stammes.

„Und ich sage euch, ihr könnt nicht begreifen, wie furchtbar diese Situation war. Der Chauffeur war ein Diener, versteht ihr, ein Diener. Und er kroch vor solchen Menschen, wie sie es war, wagte nicht, auch nur den Blick zu heben. Sie war eine Gebieterin über das Leben - durch ihre Geburt und ihre Heirat. Die Geschicke von Millionen seiner Art hielt sie in ihrer zarten weißen Hand. In der Zeit vor der Pest wäre der geringste Kontakt zu einem Menschen wie ihm einer Besudelung gleichgekommen. Oh, ich habe es erlebt! Einmal, erinnere ich mich, war da Mrs. Goldwin, die Frau von einem der großen Magnaten. Es geschah auf der Landungsbrücke, als ihr gerade in dem Moment, da sie ihr privates Luftschiff besteigen wollte, ihr Sonnenschirm herunterfiel. Ein Diener hob ihn auf und machte den Fehler, ihn ihr persönlich auszuhändigen, ihr, einer der bedeutendsten Damen des Landes! Sie zuckte zurück, als wäre er ein Aussätziger, und wies ihren Sekretär an, den Namen dieses Individuums zu ermitteln und ihn unverzüglich aus dem Dienst zu entlassen. Solch eine Frau war auch Vesta van Warden. Und sie wurde von diesem Chauffeur geschlagen und zur Sklavin gemacht.

Bill.. das war’s, Bill, der Chauffeur. Das war sein Name. Er war ein armseliger und primitiver Mensch, bar aller feineren Instinkte und ritterlichen Eingebungen eines kultivierten Wesens. Nein, es gibt keine vollkommene Gerechtigkeit, denn ihm fiel das Wunder der Weiblichkeit zu, Vesta. Ihr werdet die Bitternis all dessen nie begreifen, meine Enkel, denn ihr seid selbst primitive kleine Barbaren, nicht ahnend, daß es noch etwas anderes gibt als diese Wildheit. Weshalb hätte Vesta nicht mir gehören sollen? Ich war ein Mann mit Kultur und Bildung, ein Professor an einer bedeutenden Universität. Obwohl sie sich in ihrer gehobenen Position in der Zeit vor der Pest überhaupt nicht herabgelassen hätte, von meiner Existenz Kenntnis zu nehmen. Stellt euch dann die abgrundtiefe Erniedrigung vor, die sie in den Händen des Chauffeurs erfuhr. Nichts Geringeres als die Vernichtung der Menschheit hatte es ermöglicht, daß ich ihre Bekanntschaft machte, in ihre Augen sehen, mich mit ihr unterhalten und ihre Hand berühren konnte - ach, und sie lieben konnte, wissend, daß ihre Gefühle mir gegenüber sehr freundlich waren. Ich habe Grund zu glauben, daß sie, ja sie mich geliebt haben würde, wo es doch keinen anderen Menschen mehr auf der Welt gab als den Chauffeur. Wenn die Pest bereits acht Milliarden Lebewesen umgebracht hatte, warum dann nicht noch eins mehr, eben den Chauffeur?

Einmal, als der Chauffeur zum Fischen war, bat sie mich, ihn zu töten. Mit Tränen in den Augen flehte sie mich an, ihn zu töten. Aber er war ein kräftiger und zorniger Mann, und ich fürchtete mich. Später sprach ich mit ihm, ich bot ihm mein Pferd an, mein Pony, meine Hunde, alles, was ich besaß, wenn er mir nur Vesta überlassen würde. Er grinste mir ins Gesicht und schüttelte den Kopf. Er war sehr verletztend. Er sagte, daß er in den alten Zeiten ein Diener gewesen sei, Schmutz unter den Füßen von Männern wie ich es war und von Frauen wie Vesta; und nun sollte die wichtigste Dame des Landes seine Dienerin sein, sein Essen kochen und seine Bälger großziehen. ,Sie hatten ihre gute Zeit vor der Pest’, sagte er; ,aber jetzt ist meine Zeit gekommen, und es ist eine verdammt gute Zeit. Um nichts in der Welt würde ich die alten Zeiten zurückhaben wollen!’ Das war es, was er sagte, aber es waren nicht seine Worte. Er war ein vulgärer Mann mit einer niedrigen Gesinnung, und abscheuliche Flüche kamen über seine Lippen.

Außerdem sagte er, daß er mir, wenn er mich dabei erwischte, daß ich seiner Frau verliebte Blicke zuwürfe, den Hals umdrehen würde, und auch sie sollte Prügel bekommen. Was sollte ich tun? Ich hatte Angst. Er war ein Barbar. In jener ersten Nacht, als ich das Lager entdeckte, hatten Vesta und ich ein langes Gespräch über die Dinge unserer entschwundenen Welt. Wir sprachen über Kunst, Bücher und Poesie; und der Chauffeur hörte zu und grinste höhnisch. Er war gelangweilt und erzürnt durch unsere Art zu reden, die er nicht erfassen konnte, und schließlich rückte er mit der Sprache heraus und sagte: ,Und das ist Vesta van Warden, einstmals die Frau von van Warden, dem Magnaten - eine große und aufgeblasene Schönheit, die jetzt meine Squaw ist. Ja, Professor Smith, die Zeiten haben sich geändert. Hier, Frau, zieh mir meine Mokassins aus, und ‘n bißchen fix. Ich will, daß Professor Smith sieht, wie gut ich dich erzogen habe.’